Montag 13. Mai 2024
Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.
Mk. 1,11
Katechesen von Kardinal Christoph Schönborn

"Er schuf jedes nach seiner Art"

Dritte Katechese von Kardinal Christoph Schönborn aus der Katechesenreihe 2005/2006 "Schöpfung und Evolution" - Sonntag, 4. Dezember 2005, Dom zu Stephan.

In der zweiten Katechese ging es um den Schöpfungsglauben im Allgemeinen: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde." Alles, was ist, so sagt der Schöpfungsglaube, verdankt sich dem ungeschuldeten souveränen Schöpferakt. Wir bekennen das im Credo, wenn wir den Glauben an den einen Gott, den Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde bekunden.

Aber schwierig wird die Frage, sobald wir versuchen, näher heranzukommen: Was heißt das konkret? Nach Genesis 1, dem ersten Kapitel der Bibel, hat Gott alles "nach seiner Art" geschaffen. War das jedes Mal ein eigener Schöpfungsakt? So war Jahrhunderte lang die Überzeugung, bis ins 18. und 19. Jahrhundert: die Arten sind unveränderlich und von Gott geschaffen, jeweils eigens gesondert. "Artenwandel" - diese Idee begann sich im 19. Jahrhundert ihren Weg zu bahnen: Die Arten haben sich allmählich entwickelt, von einfachsten Anfängen bis zu den hoch komplexen Säugetieren und dem Menschen. Sie sind eben nicht unveränderlich, und ihr Entstehen lässt sich ganz natürlich erklären!

Darwins Hauptwerk heißt: "The Origin of Species" - "Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl". Am Schluss der Einleitung zu diesem - ich sage es noch einmal - durchaus weltgeschichtlichen Werk (auch wenn man vieles kritisieren kann, bleibt es ein Klassiker!), fasst Darwin seine Anliegen und den Kern seiner Theorie so zusammen:

"Ich bin fest überzeugt, dass die Arten nicht unveränderlich, sondern, dass die zu einer Gattung gehörenden die Nachkommen anderer, meist schon erloschener Arten, und dass die anerkannten Varietäten einer bestimmten Art Nachkommen dieser sind. Und ebenso fest bin ich überzeugt, dass die natürliche Zuchtwahl das wichtigste, wenn auch nicht einzige Mitte der Abänderung war."

In einem ehrlichen, intensiven Ringen löste sich Darwin von seiner früheren, biblisch begründeten Ansicht, wie er selber sagt, "dass jede Art selbständig erschaffen sein" soll. (Reclam-Ausgabe, S. 29). In einem Brief an seinen Freund Joseph D. Hooker schrieb er 1844: "It is like confessing a murder" (es ist, als ob ich einen Mord bekenne), als er die Idee aufgab, die Arten seien fix und unveränderlich von Gott geschaffen. Stattdessen entwickelt er die Idee der Entstehung der Arten ohne "besondere Schöpfungsakte", ganz natürlich.

Das ist die dramatische Situation, mit der Darwin im 19. Jahrhundert in die Öffentlichkeit tritt und mit der er einen unglaublichen Erfolg hatte. Viele sagen heute, es sei einfach keine Theorie mehr, sondern eine Tatsache. Manche reagieren sehr empfindlich und gereizt, ja aggressiv, wenn daran gezweifelt wird, ja selbst, wenn nur Fragen gestellt werden. Die Debatte der letzten Monate hat das deutlich gezeigt, dass immer noch viel Raum für Fragen ist und dass es auch notwendig ist, Raum für Fragen zu lassen, dass nicht nur "lästige Querulanten" oder "engstirnige Fundamentalisten", sondern auch seriöse Forscher, Fragende, Suchende kritische Anfragen stellen. Sie tun damit der Sache einen guten Dienst, denn nichts ist schlechter für die Wissenschaft als Frage- und Suchverbote.

Ich möchte heute etwas Gewagtes versuchen: den Schöpfungsbericht, das erste Kapitel des Buches Genesis, darauf hin befragen, was nicht die wissenschaftliche Botschaft ist, denn sie ist sicherlich kein wissenschaftlicher Text im Sinne moderner Naturwissenschaft, wohl aber, dass es ein Text ist, der eine fundamentale Botschaft hat, die das Denken anspricht und damit auch für ein Gespräch mit der Wissenschaft wichtig ist.

Ein Blick auf die Botschaft des Schöpfungsberichtes:

In Genesis 1,11 heißt es am dritten Schöpfungstag:

"Dann sprach Gott: das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem Samen darin. So geschah es. Das Land brachte junges Grün hervor, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, alle Arten von Bäumen, die Früchte bringen mit ihrem Samen darin. Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend, und es wurde Morgen: dritter Tag."(Gen 1, 11-13)

Es folgt bekanntlich dann der vierte Schöpfungstag, an dem jetzt erst die Gestirne geschaffen werden, die "Lichter am Himmelsgewölbe". Aber am ersten Schöpfungstag ist ja nach der Genesis das Licht geschaffen worden. Wir erinnern uns an Haydns "Schöpfung" und dem wunderbaren Moment von der Erschaffung des Lichtes. Dann der fünfte und sechste Schöpfungstag: Er sieht das Entstehen der Tierwelt im Wasser und am Land und schließlich die Erschaffung des Menschen:

"Dann sprach Gott: Das Wasser wimmle von lebendigen Wesen, und Vögel sollen über dem Land am Himmelsgewölbe dahinfliegen. Gott schuf alle Arten von großen Seetieren und anderen Lebewesen, von denen das Wasser wimmelt, und alle Arten von gefiederten Vögeln. Gott sah, dass es gut war. Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, und bevölkert das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich auf dem Land vermehren. Es wurde Abend, und es wurde Morgen: fünfter Tag. Dann sprach Gott: Das Land bringe alle Arten von lebendigen Wesen hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Tieren des Feldes. So geschah es. Gott machte alle Arten von Tieren des Feldes, alle Arten von Vieh und alle Arten von Kriechtieren auf dem Erdboden. Gott sah, dass es gut war. Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie." (Gen 1,20-27)

Es ist klar, dass dieser Text nicht ein naturwissenschaftliches Dokument darstellt. Das ist auch nicht die Absicht der Heiligen Schrift. Ich zitiere Ihnen einen schönen Text des hl. Augustinus in seiner Schrift gegen Felix, den Manichäer, wo er sagt:

"Im Evangelium liest man nicht, der Herr habe gesagt: ich sende euch den Heiligen Geist, damit er euch den Lauf der Sonne und des Mondes lehre. Christen wollte er machen, und nicht Astronomen! Dazu genügt das Wissen, das die Menschen über diese Dinge zu ihrem Nutzen in der Schule lernen können! Zwar hat Christus gesagt, der Heilige Geist werde kommen, um uns in alle Wahrheiten einzuführen, doch spricht er da nicht vom Lauf der Sonne oder des Mondes! Wenn du aber meinst, die Lehre (über diese Dinge) gehöre zu der Wahrheit, die Christus durch den Heiligen Geist verhieß, dann frage ich dich: wie viele Sterne gibt es denn? Ich behaupte, derlei Dinge gehören nicht zur christlichen Lehre ... während du behauptest, zu ihr gehöre auch, wie die Welt gemacht wurde und was in der Welt geschieht." (Augustinus, Contra Felicem Manichaeum I, 10 (PL 42,525)

Schon Augustinus zeigt uns also: Wir können getrost und zuversichtlich die Forschung über das 'wie' der Wissenschaft überlassen, das ist nicht die Absicht Christi, uns das zu lehren. Freilich, wenn dem so ist, sollten wir dann nicht fein säuberlich trennen: Hier der Glaube samt seinen Dokumenten, die Bibel, das Lehramt der Kirche und seine Reflexion darüber, die Theologie und dort die Naturwissenschaften mit ihren Methoden, Hypothesen, Theorien und Ergebnissen? Aber so fein säuberlich lässt sich das nicht trennen. Der Glaube hat ja auch mit dem Leben zu tun, und die Wissenschaft ebenfalls. Der große Theologe Karl Rahner hat schon 1959 dem Theologen ins Stammbuch geschrieben, er könne "nicht von vornherein so tun, als ob naturwissenschaftliche und theologische Fragen und Erkenntnisse keine Berührungspunkte haben können" (Karl Rahner, Vorwort zu Paul Overhage: Um das Erscheinungsbild des ersten Menschen, 9D7, Freiburg 1959). Dasselbe gilt natürlich auch für den Naturwissenschaftler. Ich akzeptiere deshalb ganz und gar nicht die Zurufe von naturwissenschaftlicher Seite, ich solle mich aus diesen Fragen heraushalten. Ich gestehe, ich bin nicht naturwissenschaftlich kompetent, aber ich glaube, ein bisschen mit Theologie zu tun zu haben, und ich denke, es tut uns gut, wenn wir einander Fragen stellen, wenn wir einander im Austausch auch Gedankenhilfen geben.

Die Fragen, um die es hier geht, betreffen ja alle. Deshalb darf es kein Frage-, keine Denk-, und auch kein Kritik- und Mitredeverbot geben! Darum freue ich mich auch, dass die Debatte über diese Frage weitergeht.

Noch einmal: Die Bibel ist kein naturwissenschaftlicher Bericht und sie bietet auch keine Theorie über die Entstehung der Welt und die Entwicklung der Arten. Aber die naturwissenschaftliche Betrachtungsweise der Entstehung der Arten ist nicht der einzige Zugang zur Wirklichkeit. Ich glaube, das müssen wir immer wieder betonen: Es gibt verschiedenste Zugänge zur Wirklichkeit, philosophische, künstlerische, religiöse und naturwissenschaftliche. Das eine ist nicht weniger wirklich als das andere, es sind nur andere Zugänge zur selben Wirklichkeit. Die Bibel ist kein naturwissenschaftliches Lehrbuch, aber sie eröffnet dennoch Zugänge zur Wirklichkeit. So will ich versuchen, einige Wirklichkeitsaussagen aus diesem ersten Kapitel der Genesis sozusagen herauszuheben. Nachdem es sieben Schöpfungstage gibt, sechs, an denen Gott gearbeitet hat und einen siebenten, an dem er geruht hat, will ich sieben Punkte, sieben Schöpfungstage herausgreifen und sie ein wenig mit Ihnen betrachten.

  1. Alles was ist, ist geschaffen. Das ist die erste fundamentale Wirklichkeits­aussage der Bibel. Es ist dies der alles andere tragende Grund. Nichts von dem, was ist, ist "aus sich selber". Nichts von dem, was ist, hat sich selber gemacht, nichts hat sich selber erschaffen. Die Frage, inwieweit es so etwas wie "Selbstorganisation" gibt, ist eine heute vieldiskutierte Frage in den Naturwissenschaften. Es mag tatsächlich so etwas wie das Phänomen der Selbstorganisation geben. Ich weise auf ein Buch von Erich Jantsch hin, dem Österreicher, der in Berkeley gelehrt hat: "Die Selbstorganisation des Universums. Vom Urknall zum menschlichen Geist." (München, 1979). Aber aus sich selbst heraus hat nichts ein Sein und ein Wirken. Der Apostel Paulus sagt einmal an den Menschen gerichtet, aber es gilt sicher auch für die ganze Schöpfung: "Was hast du, was du nicht empfangen hättest?" (1 Kor 4,7) Das ist die erste Wahrheit, die die Bibel uns sagt. Und es ist eine Wahrheit, die durchaus der Vernunft bis zu einem gewissen Grad zugänglich ist. Ich bin nicht aus mir selbst und die Wirklichkeit, die mich umgibt, ist nicht aus sich selbst. Ich werde in den nächsten Katechesen immer wieder darauf zurückkommen.

  2. Die Welt zeigt eine ungeheure Vielfalt, an Menschen, an Geschöpfen, die Vielfalt der Gestirne, die Vielfalt auf unserem Planeten, die uferlose Vielfalt des Lebendigen, der Pflanzen- und Tierwelt. Die Grundbotschaft der ersten Seite der Bibel lautet: Diese Vielfalt ist gut, sie ist von Gott gewollt, sie hat mit dem Willen des Schöpfers zu tun. Das ist vielleicht für biblisch geschulte Ohren vertraut, es ist das aber in der Denkgeschichte ganz und gar nicht. Wenn man ein wenig in die Geschichte des menschlichen Denkens hineinschaut, dann gibt es zwei große Richtungen, die zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Die Geistesgeschichte hat sich immer mit der unbestreitbaren Tatsache der Vielfalt beschäftigen müssen. Aber warum gibt es das Vielfältige? Wenn man sich nicht einfach mit der vordergründigen Feststellung, dass es eben 'da' ist, zufrieden gibt, muss man tiefer gehen und fragen: Woher kommt das Viele, die Vielfalt, die Vielgestaltigkeit? Da gibt es eine Denktradition, die sagt: das Viele ist ein Zeichen eines "Unfalls", sozusagen eines "Ur-Unfalls". Ursprünglich gibt es nur die Einheit, das Eine. Durch einen "Ur-Unfall" ist die Einheit zerbrochen und die Vielheit entstanden. Und wie in einer Kaskade, hat sich das Eine in das Vielfältige aufgelöst. Diese Denktradition ist vor allem im Neuplatonismus zu finden, auch in der so genannten Gnosis, sie ist weit verbreitet bis heute. Vielfalt ist für diese Denktradition ein Zeichen des Abfalls, der Dekadenz, und je weiter man von der Einheit wegkommt, desto schwächer, desto vielfältiger wird die Welt, bis zum äußersten Rand - so sagt der Neuplatonismus -, zur Materie, die damit auch ganz negativ bewertet wird. Die Vielfalt ist Ausdruck eines dekadenten negativen Zustands, eigentlich sollte es nicht so sein. Deshalb geht es in dieser Denktradition immer darum, die Vielfalt wieder zurückzunehmen, zurückzukehren zur Einheit, die Vielfalt muss wieder gesammelt werden, um in die Einheit aufgehoben zu werden.

    Ich glaube - ich sage das in aller Vorsicht -, eine "Spielart" dieser Denktradition ist die buddhistische Weltsicht. Ich sage das mit Vorsicht, da ich sie sicher zu wenig kenne. So weit ich Einblick habe, ist für diese große religiöse Tradition Asiens die Vielfalt der Welt 'Maya', Täuschung, Illusion.

    Es gibt eine andere Sichtweise, die ist durch den Evolutionismus sehr populär geworden, so populär, dass sie in unserem heutigen Lebensgefühl fast als Selbstverständlichkeit gilt, zu einer Art nicht mehr hinterfragbarer Selbstverständlichkeit. Es ist die Behauptung und bei vielen die Überzeugung, dass die gesamte Vielfalt des Lebendigen nicht Ausdruck einer ordnenden Vernunft, eines Willens, eines "Schöpfungsplanes" ist, sondern Produkt des Zufalls. Das Spiel von Zufall und Notwendigkeit produziert in zufälligen Veränderungen und ihren Überlebenschancen im Kampf ums Dasein eine große Vielfalt, die sich in alle Nischen und Ecken der Welt hineinentwickelt, wo Leben sich nur irgendwie entwickeln kann. Die Vielfalt des Lebens wäre also das Ergebnis eines endlosen Spieles zufälliger Veränderungen und ihrer ebenfalls zufälligen Überlebenschancen. Es fügt sich, dass eine Zufallsänderung eine gute Chance findet, sozusagen eine Nische, um zu überleben und sich durchzusetzen. In dieser Sicht ist die unglaubliche Fülle der Lebensformen auf diese Weise entstanden, dass sie alle nur denkbaren Nischen der Erde bevölkert hat und so die unvorstellbare und die unendliche Vielfalt der Lebensformen entstanden sind.

    Darwin kämpft in seinem berühmten Werk ständig gegen die Idee, dass man auf einen "Schöpfungsplan" zurückgreifen muss, um die Vielfalt der Arten zu erklären. Er will eine möglichst klare, "natürliche Erklärung". Er möchte eine Erklärung finden, die genügt, und die keinen Rückgriff auf Schöpfungsakte erfordert. Halten wir einmal fest: Das ist völlig legitim. Auch wenn Darwin den Eindruck hatte, hier einen "Mord" zu begehen, weil er seine angestammten religiösen Überzeugungen irgendwie überwinden musste oder glaubte überwinden zu müssen, ist es völlig legitim. Die naturwissenschaftliche Methode sucht natürliche Ursachen, und sie sucht möglichst vollständig die Zusammenhänge aus natürlichen Ursachen zu erklären und zu begründen. Diese methodische Einschränkung, nur natürliche Ursachen zu suchen, ist auch der Grund der Erfolgsgeschichte gerade dieser Methode, die ja Enormes geleistet hat. Die Gefahr besteht nur darin, dass man die Grenzen dieser Methode vergisst und glaubt, jetzt haben wir alles gesehen. In Wirklichkeit hat man ein enges Segment sehr genau angeschaut, man darf es nur nicht für die ganze Wirklichkeit halten.

    Die biblische Sicht zeigt eine Vielfalt, die weder ein Unfall noch ein Zufall ist, sondern die Ausdruck von Wesen und Willen Gottes ist. Der heilige Thomas von Aquin, der große Lehrer der Schöpfung, stellt sich die Frage, ob die Vielheit und Verschiedenheit der Dinge in dieser Welt von Gott stamme. Er diskutiert die schon im Altertum bekannte Zufallsthese der Atomisten, der Materialisten und hält dagegen fest, dass die Vielfalt eigenste Absicht des Schöpfers ist, Gott wollte eine bunte Welt. Ergebnis des Zufallsspiels der Materie sei (Demokrit). Dagegen hält er, dass die Vielfalt aus Gottes eigenster Schöpferabsicht kommt:

    "Denn er hat die Dinge ins Dasein hervorgebracht, um seine Güte den Geschöpfen mitzuteilen und sie durch die Geschöpfe darzustellen. Und weil sie durch ein Geschöpf nicht hinreichend dargestellt werden kann, hat er viele und verschiedene Geschöpfe hervorgebracht, so dass das, was dem einen Geschöpf in der Darstellung der göttlichen Güte fehlt, aus einem anderen ergänzt wird. Denn die Güte, die in Gott einfach und einförmig ist, ist in den Geschöpfen vielfältig und geteilt."
    (Thomas v. Aquin, Summa Theologica I, 47, a.1)

    Anders gesagt, kein Geschöpf genügt, um Gott wiederzuspiegeln. Es braucht die ganze Fülle, um Gottes Fülle darzustellen. Die Vielfalt der Geschöpfe ist der vielgestaltige Ausdruck der Güte Gottes. Das hat nun eine ganz fundamentale Konsequenz: Die Geschöpfe sind in der Sicht des Schöpfungsglaubens allesamt positiv. Im Buch der Weisheit heißt es einmal: "Du hassest keines Deiner Geschöpfe". Es gibt keine negative Kreatur. Alle Geschöpfe haben ihren eigenen Wert, ihre eigene Gutheit. Jedes Geschöpf, ob Stern oderr Stein, ob Pflanze oder Baum, ob Tier oder Mensch, jedes Geschöpf spiegelt in je eigener Weise die Vollkommenheit und Güte Gottes wieder. Alle haben ihren Eigenwert wie auch ihr Eigenwirken, darauf werden wir noch zurückkommen. Der Schöpfungsglaube begründet daher grundlegend eine positive Sicht der Schöpfung und aller ihrer Manifestationen und aller ihrer Stufen. Wir werden uns noch eigens fragen müssen: Wenn das so ist, warum gibt es soviel Grausamkeit und so viel Negatives in dieser guten Schöpfung?

    Der Evolutionismus als Weltanschauung (nicht als wissenschaftliche Theorie) tut sich da viel schwerer. Für ihn ist alles im Fluss. Eigentlich gibt es nicht wirklich Arten, keine Spezies, kein Eigensein der Dinge. Was wir als Arten und Individuen in den Arten betrachten, sind eigentlich nur "Momentaufnahmen" in dem großen Fluss der Evolution. Nichts hat sozusagen in sich selbst und für sich selbst Bestand, nichts ist um seiner selbst Willen da, alles ist nur Übergang und Durchgang im großen Strom der Evolution, alles ist Zufallstreffer, der das Glück hatte zu überleben, weil er "fitter" war als die anderen. Ich denke, das ist eine sehr verkürzte Sicht der Vielfalt der Schöpfung. Das menschliche Staunen vor der Vielfalt der Natur, das Bewundern der Vielgestaltigkeit der Schöpfung lässt uns doch etwas anderes ahnen. Vor allem scheint es mir, kann der Evolutionismus als Weltanschauung nicht eigentlich begründen, warum etwas in sich selber Wert hat, wenn alles sozusagen vorübergehend im Durchgang, im Fluss der Evolution ist.

  3. Ein drittes zeigt der biblische Schöpfungsbericht: Die Vielfalt ist geordnet. Die Frage, was genau eine "Art" ist unter den Lebewesen, das ist immer schon eine sehr schwierige Frage gewesen, "jedes nach seiner Art". Was heißt das? So schwierig das in den Randbereichen ist, wo die Grenzen der Arten nicht so ganz scharf gezogen werden können, so klar ist es doch, wenn wir die großen Reiche anschauen, die beiden Reiche des Lebendigen, die Pflanzen und die Tierwelt, sie unterscheiden sich doch deutlich, auch wenn es an den Rändern nicht immer ganz klar ist. In der Bibel wird ganz klar unterschieden zwischen den Pflanzen und Bäumen einerseits, und dem Gewimmel der Lebewesen im Wasser, der Vögel am Himmel, der Tiere aller Art auf der anderen Seite. Jedes nach seiner Art, bis hin zum Menschen.

    Dass es Arten gibt, dürfte wohl einfach eine Erfahrungsgewissheit sein: Eine Katze ist kein Elefant, und ein Hund ist nicht eine Maus. Erst recht ist ein Baum nicht ein Vogel und der Mensch kein Affe (und umgekehrt!). Was macht aber die verschiedenen Arten aus? Hat Gott sie einzeln geschaffen, das Gänseblümchen und den Ginkobaum, das Nilpferd und das Eichhörnchen? Wir stoßen hier auf die uralte Frage des menschlichen Denkens, der sich auch der Evolutionismus nicht entziehen kann: Wir können immer nur konkrete einzelne Wesen betrachten, diesen Hund und diese Fichte, diese Heuschrecke und diesen Menschen. Die "Menschheit" können wir nicht sehen, auch nicht das "Katzenhafte" oder das "Fichtenhafte". Das ist ein uralter Streit, der hier im Stpehansdom sein Echo hat, der Streit um die Universalien: Gibt es die Wirklichkeit "Menschheit" oder sind das nur "nomina nuda", wie Umberto Eco im letzten Satz seines berühmten Buches "Der Name der Rose" sagt, also einfach Bezeichnungen? Gibt es "die Menschheit"? Der Nominalismus, der in Wien sehr stark vertreten war, - die Pilgramkanzel ist ein sprechendes Zeugnis dieser Lehre im 15. Jahrhundert mit ihrem Grundskeptizismus - sagt, dass man eigentlich nichts wirklich erkennen kann, das wir im dunkeln tappen mit dem Bezeichnen der Dinge.

    Gibt es so etwas wie "den Menschen" als Art, als Spezies? Ich habe ich den Eindruck, dass die Naturwissenschaftler diese Frage nicht wirklich gerne haben, sie meiden sie, weil sie zu philosophisch ist. Sie führt unweigerlich in die Metaphysik, und das ist etwas mühsam. Es ist auch mühsam für die Diskussion um die Evolution, den Ursprung der Arten. Gibt es überhaupt "die Art"? Es ist die Frage, ob es überhaupt "Wesenheiten" gibt? Die Frage ist nicht rein akademisch. Wir werden ihr immer wieder begegnen, etwa wenn es um die Frage geht, ob der Mensch wirklich "die Krone der Schöpfung" ist? Da stoßen wir auf die Frage, ob der Mensch sich wesenhaft vom Tier unterscheidet, und damit auf die Frage, ob der Mensch einfach eine zufällige Tiervariante ist. Ähnlich stellt sich die Frage für den Übergang vom Leblosen zum Belebten, und noch einmal vom Pflanzenreich zum Tierreich. Dass es sich hier jeweils um Wesensunterschiede handelt, setzen wir im Alltag voraus, unser "Hausverstand" sagt uns, eine Pflanze ist nicht ein Tier. Das Fleisch, das ich heute Mittag gegessen habe, stammt von einem Tier. Man mag es für unschön oder für ungesund oder für verwerflich halten, Fleisch zu essen. Der Fleischhauer darf dennoch Fleisch verkaufen und dazu Tiere töten. Menschen darf er nicht töten.

    Ein Vegetarier verzichtet auf das Essen und das Töten von Tieren, aber nicht auf den Konsum von Pflanzlichem. Ein abgeschnittener Salatkopf lebt auch nicht weiter. Aber es wird zu Recht als ein geringerer Eingriff in die Natur betrachtet als das Schlachten eines Tieres. Pflanze, Tier, Mensch, diese drei Reiche sind wesenhaft unterschieden, auch wenn im Grenzbereich die Unterscheidung nicht immer ganz leicht ist. Wir brauchen diesen Blick auf Wesensunterschiede, um Dinge überhaupt erkennen zu können. Ich sehe Sie hier in Dom sitzen, und Sie sehen mich hier vorne stehen. Obwohl ich viele von Ihnen persönlich nicht kenne, habe ich die absolute Gewissheit, dass Sie Menschen sind. Das ist nicht eine mühsame Konstruktion meines Geistes, sondern die Gewissheit, Sie sind Mensch. Weil ich erfasse, dass Sie menschliche Wesen sind und umgekehrt. Ganz gewiss keine Tiere und keine Pflanzen.

    Wenn wir mit der Bibel sagen, Gott habe den Menschen geschaffen nach seinem Bild und Gleichnis, dann sagen wir auch, dass er etwas Neues gemacht hat, etwas wesenhaft Neues, anderes als die Tier und Pflanzenwelt, auch wenn alle drei zutiefst miteinander verwandt sind. Aber wie können wir davon Rechenschaft geben von dem Glauben, dass das das Werk des Schöpfers ist, dass sein schöpferischer Wille in dieser Ordnung zum Ausdruck kommt? Ist der Sonnengesang des hl. Franziskus nur eine fromme Anmutung oder spricht er eine Wirklichkeit an? Ist das nur ein Sprachspiel für fromme Seelen oder steht hinter der Schöpfung in ihren Reichen, Ordnungen und Arten ein "progetto intelligente del Cosmos", so hat es Papst Benedikt XVI. vor kurzem bei einer Generalaudienz (13.11.05) gesagt, das "vernünftige Projekt Gottes mit der Welt".

    Darwin wollte zeigen, dass hinter der 'Entstehung der Arten' nicht ein Schöpfungsplan steht, sondern einfach der genealogische Stammbaum der Abstammung von kleinsten Anfängen bis hin zum Menschen. Alles hat sich aus einem ersten Keim entwickelt. Diese Sicht ist unglaublich faszinierend und populär geworden, sie bleibt aber voller großer Fragen. (Charles Darwin, Origin, Chap. XIV, S. 585)

    Sir Charles Popper, der berühmte Philosoph und Wissenschaftstheoretiker, hat selber gesagt:
    "Weder Darwin noch irgendein Darwinist haben bisher eine effektive kausale Erklärung, d.h. eine naturwissenschaftliche Erklärung der adaptiven Evolution eines einzigen Organismus oder Organs geliefert. Es wurde lediglich gezeigt, dass es theoretisch möglich ist (Karl Popper, Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf. Hamburg 19844, S. 280)

    Darwin selber sagt einmal in seinem großen Werk: "Warum wimmelt also nicht jede geologische Formation und jede Schicht von Zwischengliedern? Die Geologie zeigt uns keineswegs eine ununterbrochene Kette organischer Wesen, und das ist vielleicht der ernsthafteste Einwand, der gegen meine Theorie erhoben werden kann... (Charles Darwin, Die Entstehung der Arten, Reclam, Stuttgart 1967, S. 429f., 462f.)
    Es sind die berühmten "Missing Links", die fehlenden Zwischenglieder. Wenn es so ist, dass sich alles aus einem ersten Keim entwickelt hat, dann müsste es doch zahllose Zwischenstufen geben, man hat sie aber bisher nicht gefunden.

  4. Im Schöpfungsbericht ist nicht nur von der Erschaffung der Arten die Rede ("jedes nach seiner Art"), sondern auch von einer "Aufwärtsbewegung": Zuerst die Pflanzenwelt, dann die Tierwelt und dann der Mensch. Der "Aufstieg" von Pflanzen zu Bäumen, vom "Gewimmel im Wasser" zu den Vögeln und den Landtieren, und schließlich der Mensch. Die Evolutionstheorie kennt ebenfalls eine "Aufwärtsbewegung": Von den ersten Einzellern, über die Fische, die Reptilien, die Landtiere, den Affen bis zu den Menschen. Warum nimmt die biologische Vielfalt mit der Zeit immer mehr zu? Ein befreundeter Biologe pflegte mir zu sagen: Viel wahrscheinlicher wäre nach der Theorie Darwins, dass am Ende nur die Viren und Bakterien überleben, sie sind viel besser geeignet als höhere Kreaturen im "Kampf ums Dasein". Warum steht der Mensch am Ende dieser "Aufstiegsleiter"? Nur er kann zurückblicken. Wir können zurückschauen auf dieser Leiter, auf der wir ganz oben stehen und sehen, dass dieser Weg, der zu uns geführt hat, sinnvoll ist. Nur wir haben die Gabe zu unterscheiden, mit der Vernunft einzudringen in diesen Weg, der bis zu uns geführt hat. Zielgerichtet ist dieser Weg, und doch tut sich die Evolutionstheorie so schwer mit dieser Frage, dieser Zielgerichtetheit der Evolution. Darüber möchte ich in einer der nächsten Katechese sprechen.

  5. Wenn wir mit der Kirche die Bibel meditieren, stoßen wir immer wieder auf die Frage, ob es nur die Wahl gibt, entweder den Schöpfer anzunehmen und ihm allein alles Werden zuzusprechen, oder aber auf rein natürliche, materielle Ursachen alles zurückzuführen. Darwin schien vor dieser Alternative zu stehen: Entweder der Schöpfer oder der Zufall. So sagt er selber am Ende seines Werkes:

    "Sehr bedeutende Autoren scheinen von der Ansicht einer unabhängigen Erschaffung der einzelnen Arten durchaus befriedigt zu sein. Meines Erachtens stimmt es nach allem, was wir wissen, besser mit den vom Schöpfer der Materie geprägten Gesetzen überein, dass das Entstehen und Vergehen... eine Folge sekundärer Ursachen ist." (Darwin, S. 677)

    Also kein Schöpfer einzelner Spezien oder Arten, sondern natürliche Ursachen. Muss es bei diesem Entweder-oder bleiben? Eine kleine Beobachtung: Im biblischen Schöpfungsbericht heißt es, Gott heißt der Erde, "sie soll Grünes hervorbringen" (Gen 1,11), und so "brachte die Erde grünes Grün hervor". Auch dem Wasser gebietet Gott, "es solle wimmeln von lebendigen Wesen", und schließlich heißt Gott die Erde "lebendige Wesen hervorzubringen" (Gen 1,24). Heißt das nicht, dass Gott auch durch die Erde wirken kann? Die klassische christliche Lehre sagt, Gott schafft nicht nur das Sein, sondern auch das Wirken. Er gibt uns nicht nur das Dasein, sondern auch das Wirken. Wir können sein Mitschöpfer sein. Wir haben nicht nur das Sein bekommen, sondern auch die Gabe zu wirken, auf seiner Ebene. All das deutet auf etwas hin, was wesentlich zum christlichen Schöpfungsverständnis ist: Der Schöpfer schenkt den Geschöpfen nicht nur das Sein, sondern auch das Wirken. Er schenkt das Sein sozusagen "voraussetzungslos", indem er aus dem Nichts schafft. Aber seine Geschöpfe werden Mitschöpfer, indem Er ihnen die Gesetze, die Kräfte, die Fähigkeit zum einen Wirken gibt. Das ist zweifellos die Größe des biblisch-christlichen Schöpfungsgedankens.

    So ist es durchaus mit dem Schöpfungsglauben vereinbar, dass das, was Darwin die "sekundären Ursachen" nennt, also die natürlichen Ursachen, Ausdruck des Schöpfungshandelns sind. Es gibt einen ganz "prominenten Fall" dafür, wir alle verdanken uns diesem Fall. Das Zusammenwirken der Eltern bei der Zeugung mit dem Schöpfer, der uns geschaffen hat. Jeder Mensch ist unmittelbar Gottes Geschöpf. Und doch ist die unabdingbare Voraussetzung für unser ins Dasein treten, dass unsere Eltern uns gezeugt haben. Hier sehen wir, dass die "sekundären Ursachen" (Darwin) mit dem Wirken des Schöpfers zusammenhängt. Ist es nicht sinnvoll anzunehmen, dass das auf allen Stufen der Schöpfung geschieht, auch schon beim geringsten, in der elementarsten Materie ein Zusammenwirken von Gott und dem Geschaffenen? Wir glauben und bekennen ja, das jeder Mensch unmittelbar Gottes Geschöpf ist, sein "Ich" und "Selbst", sein Personsein dem Schöpfer verdankt, der ihn um seiner selbst willen ins Dasein ruft. Dies geschieht jedoch unbedingt durch "sekundäre Ursachen", die Zeugung eines neuen Menschen durch die Eltern. Ich bin mir bewußt, dass wir hier in tiefe und geheimnisvolle Zusammenhänge blicken, die auch denkerisch manches abfordern.

  6. Noch eines sagt uns der Schöpfungsbericht: durch den einen Schöpfer, aus dessen Hand alle Geschöpfe hervorgegangen sind, sind alle Geschöpfe untereinander verbunden. Das Band der Geschöpflichkeit verbindet alle Geschöpfe. Alles hat ER geschaffen, die Gestirne und die Berge, die Meere und Flüsse, das Leben in all seinen Formen. Weil alles geschaffen ist, ist alles auch verbunden. Es herrscht daher eine unlösbare Solidarität der Geschöpfe. Auch der Mensch ist "nur" Geschöpf, das hat er mit der Fliege und dem Wasser gemeinsam. Das Pathos des Darwin'schen Modells lebt auch sehr stark von diesem Grundgefühl, dass wir alle mit der ganzen Schöpfung verbunden sind. Wir sind Teil der Schöpfung. Darwin spricht von der "Gemeinsamkeit der Abstammung, die das unsichtbare Band bildet, das alle Naturforscher unbewusst suchten" (Kap. XIV, S. 585). Er glaubte, dass er dieses Band ohne den Schöpfer finden kann, diese Verbundenheit ohne Schöpferhandeln besser zeigen kann. Er sah in der genealogischen Gemeinsamkeit aller Lebewesen eine begeisternde Idee, und darin können wir ihm nur zustimmen. Es ist etwas Wunderbares und Erhebendes, sich dieser Gemeinsamkeit bewußt zu werden.

    Ich hege einen gewissen Verdacht: die neuzeitliche Philosophie seit Descartes hat den Menschen radikal vom Rest der Natur getrennt und ihn ihr als geistiges Wesen entgegengesetzt. Mit Darwin wird der Mensch wieder in die Natur zurückgeholt. Er ist ein Kind derselben Natur, die alles andere hervorgebracht hat. Dass diese Rücknahme dann zu weit ging und das Besondere des Menschen nivelliert wurde, war ein Schritt in die falsche Richtung.

  7. Die richtige Richtung zeigt der Schöpfungsbericht in den Worten vom 7. Tag, dem Sabbat. Die Schöpfung hat ein Ziel. Mit dem Menschen kann die Schöpfung zur Erkenntnis ihres Schöpfers gelangen. Sie kann ihn anerkennen, ihn loben. Mit dem Sabbat wird das Ziel der Schöpfung thematisiert. Der Katechismus der Katholischen Kirche sagt deshalb schlicht und klar: "Die Welt ist zur Ehre Gottes geschaffen." (KKK 293-294).

Es wäre viel zu diesem großen Thema zu sagen. Nur eines sei abschließend und als Ausblick auf die nächsten Katechesen gesagt: Einer der für mich anregendsten Gegner des ideologischen Darwinismus, der große Schweizer Zoologe Adolf Portmann, hat Darwin zwar in vielem zugestimmt was seine Beobachtungen betraf, aber er hat deutlich seine Defizite benannt. Vor allem das, was Joachim Illies in seiner Biographie über Adolf Portmann (Herder-TB 873, S. 159) den "Zweckmäßigkeitswahn des Darwinismus" nannte. Die Welt des Lebendigen ist voller "zweckfreier Schönheit, Muster ohne Wert, sich selbst darbietendes Sosein ohne jeden Selektionswert - unerklärlich, also sinnlos und damit ärgerlich für die wohlgeordnete Welt mechanistischer Interpretation der Wirklichkeit" (ebd. S. 160). Diese zwecklose Schönheit, diese herrlichen Muster, die niemals sichtbar sind, keinen Nutzen haben, einfach Manifestation von Schönheit sind, "selbstlos" sich verschenkend: Deren Sinn verstehen wir erst, wenn wir die Schöpfung von ihrem Ziel her sehen, den Schöpfer zu loben.

Vielleicht hilft es, in der Debatte um "intelligent design" daran zu erinnern, dass es auch so etwas wie "artistic design" in der Schöpfung gibt. Vielleicht macht diese "zweckfreie" Profusion an Schönheit besser deutlich, um was es in der Kritik des Evolutionismus als materialistischer Weltanschauung geht. Vielleicht hilft hier die Musik, die wie die Naturwissenschaft, streng mathematisch ist, über die zu engen Horizonte des Materialismus hinauszugehen und so für die Melodie des Schöpfers offen zu werden.

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