Donnerstag 25. April 2024
Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht
Joh. 15, 5
Ansprachen, Reden und Vorträge von Kardinal Christoph Schönborn

Silvesteransprache ORF TV 2015

Wortlaut der Silvesteransprache von Kardinal Schönborn im ORF TV am Donnerstag, 31. Dezember 2015.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“ – das höre ich oft. Ich glaube, dieses Wort ist nicht ganz richtig. „Die Hoffnung stirbt überhaupt nicht“! Das ist das Eigene der Hoffnung: dass sie nicht umzubringen ist.

 

Deshalb möchte ich Ihnen im Blick auf das neue Jahr einiges sagen, was mich bewegt, hoffnungsvoll zu sein, auch wenn mir sehr bewusst ist, dass wir in schwierige Zeiten gehen. Ich nenne nur einige Punkte, die wirklich Sorge machen und uns ahnen lassen, dass die kommenden Jahre nicht unbedingt leichter werden: Da ist die Klimafrage, die Entwicklung der Umwelt. Die Schuldenfrage, der Schuldenberg, der nicht kleiner, sondern größer wird. Da ist die Gefahr des Terrors, die Radikalisierung, auch im religiösen Bereich. Die Sorge um die finanzielle Kaufkraft, die bei vielen Menschen spürbar nachlässt. Ich denke besonders an den Krieg in Syrien, der uns so viele Flüchtlinge in unser Land und nach Europa gebracht hat. All das lässt uns sorgenvoll in die Zukunft blicken.

 

Und dennoch bin ich überzeugt, dass wir Grund zur Hoffnung haben.

 

Mein erster und grundlegender Grund zur Hoffnung ist, zu sehen, wie viel Hilfsbereitschaft es in unserem Land gibt. So viele Menschen sind bereit, dem Nachbarn in Not zu helfen. Ich denke an die Freiwilligenorganisationen Feuerwehr, Rotes Kreuz, die vielen Hilfsorganisationen oder die einfache selbstverständliche Hilfe für den Nachbarn, der sie braucht. Sehr beeindruckt hat mich, mit welcher Hilfsbereitschaft in unserem Land der Flüchtlingsproblematik begegnet wurde. Wie viele Menschen bereit waren, wirklich zu helfen.

 

 

Ich denke besonders auch an die Sternsingeraktion, an die Kinder, die derzeit in ganz Österreich von Haus zu Haus gehen, singend und Segen wünschend, um für Kinder in Not in der ganzen Welt zu sammeln. Und so viele Menschen in Österreich sind bereit, zu helfen!

Was mich zur Hoffnung bewegt, ist die Erfahrung in unserem Land, dass die Menschen, wenn es enger wird, zusammenrücken. Gerade die Familie ist der Ort, an dem Menschen einander nahe sind. Deshalb meine Bitte an die Politik: Bitte unterstützen Sie die Familien, kürzen Sie nicht, auch wenn wir sparen müssen, auf Seiten der Familien – und gerade der kinderreichen Familien! Familie ist ein Ort mancher Konflikte, aber auch ein Ort der Geborgenheit und ich bin überzeugt, dass der Zusammenhalt der Familien für die Zukunft unseres Landes ein ganz wichtiges, wesentliches Element sein wird.

 

Hoffnung macht mir, dass wir 70 Jahre Frieden erleben durften und dass wir in unserem Land erlebt haben, dass ein kraftvolles erfolgreiches Zusammenarbeiten möglich ist. Deshalb bitte ich: Glauben wir an Österreich! Glauben wir auch – das muss ich hinzufügen – an Europa, trotz aller Krisen. Wir haben ein großes „Friedensprojekt Europa“.

 

Und schließlich: Ich glaube, dass wir Grund zur Hoffnung haben, weil dieses Leben nicht die letzte Gelegenheit ist. Es gibt ein Leben nach dem Tod, es gibt ein ewiges Leben. Und es ist Gott da, der mit uns in das neue Jahr geht.

 

In dieser Hoffnung gehen wir in das neue Jahr. Ich persönlich wünsche Ihnen, dass wir ohne Angst und hoffnungsvoll in ein gutes Jahr 2016 gehen.

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