Warum ist das Kreuz für viele ein Anstoß? Warum werden Kreuze radikal abgelehnt? Manche wollen sie aus der Öffentlichkeit weghaben...
Warum ist das Kreuz für viele ein Anstoß? Warum werden Kreuze radikal abgelehnt? Manche wollen sie aus der Öffentlichkeit weghaben...
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium, 13. September 2015 (Mk 8,27-35)
Warum ist das Kreuz für viele ein Anstoß? Warum werden Kreuze radikal abgelehnt? Manche wollen sie aus der Öffentlichkeit weghaben. Dem Kreuz wird widersprochen. Es wird abgelehnt. In nicht wenigen Ländern der Welt ist es gefährlich, ein Kreuz sichtbar am Hals zu tragen.
Woher kommt diese Haltung? Und wie damit umgehen? Die negative Einstellung zum Kreuz kann verschiedene Ursachen haben. Manchmal ist es echte Feindschaft gegen das Christentum als Religion.
Das Kreuz ist das Symbol des Christentums, wie der Davidstern das Judentum, der Halbmond den Islam bezeichnen. In den mehrheitlich islamischen Ländern heißt die bekannte Hilfsorganisation deshalb nicht „Rotes Kreuz“, sondern „Roter Halbmond“.
Das Kreuz löst nicht immer nur gute Erinnerungen aus. Die „Kreuzzüge“ haben in den betroffenen Ländern schlimme Spuren hinterlassen. Manche politische, religiöse, kulturelle Verfolgung geschah im Namen oder unter dem Zeichen des Kreuzes. Daher kommt dann immer wieder die Forderung, im öffentlichen Raum auf dieses Zeichen zu verzichten, es ganz zu entfernen.
Das heutige Evangelium macht einen tieferen Grund deutlich, warum das Kreuz so oft und so heftig Widerspruch auslöst. Jesus hat sich mit seinen engsten Anhängern in die abgelegene Gegend der Jordanquellen zurückgezogen. Dort, abseits von den vielen Menschen, stellt er ihnen eine ganz persönliche Frage: Wer bin ich für euch? Wie seht ihr mich? Wofür haltet ihr mich? Kurz und bündig antwortet Petrus: „Du bist der Messias!“
Dieses eine, kleine Wort hat große, weitreichende Bedeutung. „Du bist der Messias!“ – das heißt: du bist der Befreier, der ersehnte Erlöser, der allem Elend ein Ende macht. Was Petrus da ausspricht, hat gewaltige Folgen. Endlich werden Krieg und Leid, Krankheit und Tod ein Ende haben. Eine glückliche Zeit bricht an. Alle Tränen werden getrocknet, alles Unrecht beseitigt. Die Begeisterung, die im Wort „Messias“ mitschwingt, ist umso größer, als die damalige Zeit voller Not war.
Jesus stoppt diese Erwartungen energisch. Er gibt ein Sprechverbot: Sagt niemandem, dass ich der Messias bin! Und erklärt dann, was ihm und seinen Freunden bevorsteht: alles andere als ein Paradies auf Erden. Was da auf mich und auf euch zukommt, so sagt ihnen Jesus, hat in einem kleinen Wort Platz: das Kreuz!
Jetzt aber sagt Petrus ein energisches Stopp! Niemals! Alles, nur nicht das! Wir erhoffen Befreiung, nicht neues Leid! Schluss mit dem Kreuz! Doch da wird Jesus noch energischer: „Satan“, nennt er Petrus. Und zu allen: Sagt Ja zum Kreuz in eurem Leben. Nur so seid ihr meine Jünger!
Warum ist das Kreuz so wichtig? Für mich macht das „Rote Kreuz“ den Sinn des Kreuzes so deutlich. Wo finden wir das „Rote Kreuz“? Überall dort, wo Not ist! Das Kreuz heißt: Nicht wegschauen vom Leid des anderen. Noch haben wir kein Paradies auf Erden. Noch gibt es so viel Elend und Not. Das Kreuz ist das große Zeichen der Zuwendung zu allem Leid. Dafür steht Jesus. Gott hat nicht weggeschaut. Darum ist das Kreuz ein gutes Zeichen.
In jener Zeit ging Jesus mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Unterwegs fragte er die Jünger: Für wen halten mich die Menschen? Sie sagten zu ihm: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten. Da fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Messias! Doch er verbot ihnen, mit jemand über ihn zu sprechen. Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen. Und er redete ganz offen darüber. Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe. Jesus wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen. Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.
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