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27.01.2018 · Kardinal · Gedanken zum Evangelium

Befreie uns von dem Bösen

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 28. Jänner 2018 (Mk 1,21-28).

"Ich kann einfach nicht glauben, dass die Abgründe an Bösem in unserer Zeit nur aus dem menschlichen Herzen kommen. Die Massenmorde von Auschwitz, die Völkermorde des 20. Jahrhunderts, das sinnlose Wüten von Terroristen, all das ist nicht nur böses Menschenwerk, sondern wirklich Teufelswerk", so Kardinal Christoph Schönborn.
(Bild: Mahnmal beim KZ Mauthausen)

Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 28. Jänner 2018 (Mk 1,21-28).

Die Menschen waren von Jesus betroffen. Er hat sie berührt, erstaunt, bewegt. Was war es, das so fasziniert hat? Damals nur? Oder auch heute noch? Was im Evangelium berichtet wird, ist es ferne Vergangenheit? Oder spricht es auch von Erfahrungen, die Menschen heute mit Jesus machen?

 

Zwei Eindrücke werden im heutigen Evangelium genannt: „Die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre“, und „sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl“. Wenn Jesus zu den Menschen sprach, dann war es nicht Gerede und Geschwätz, sondern „hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet“. Seine Zuhörer empfanden einen großen Unterschied zwischen der Art, wie Jesus sprach, und den gelehrten, aber oft leeren und hohlen Reden der „Fachleute“, der Schriftgelehrten. Die Menschen konnten Jesus oft stundenlang zuhören. Seine Worte waren lebendig, anschaulich, lebensnahe. Sie berührten das Herz und bewegten viele, ihr Leben zu ändern.

 

Ist das noch heute so? Wir hören Jesus nicht auf YouTube und Videos. Aber sein Wort ist im Evangelium nach wie vor lebendig. Und es wirkt immer neu Betroffenheit und spricht Herzen an. Viele der Erwachsenen, die im vergangenen Jahr um die Taufe gebeten haben, bezeugen, dass sie sich vom Evangelium ganz persönlich angesprochen fühlen. Jesus hat sie auf diese Weise berührt und zum Glauben an ihn eingeladen. Die Worte Jesu wirken auch heute unvermindert lebendig.

 

Gilt dasselbe auch von der zweiten Erfahrung, von der heute das Evangelium spricht, für das Wirken von „unreinen Geistern“, von Dämonen und Teufeln, von Satan und seinen Genossen? Und die Vollmacht Jesu, sie zu vertreiben und Menschen von ihrem üblen Unwesen zu befreien? Sind das Vorstellungen der damaligen Zeit, die heute in unserem aufgeklärten, wissenschaftlichen Zeitalter überholt sind? Haben wir uns bereits vom Teufel verabschiedet?

 

Ich stelle fest, dass das Thema Teufel und Exorzismus nach wie vor viele Menschen, gerade auch junge Leute, beschäftigt. Deshalb dürfen wir die Berichte über die Dämonenaustreibungen Jesu nicht einfach beiseiteschieben und so tun, als wären das primitive Vorstellungen der damaligen Zeit, die uns heute nichts mehr zu sagen haben.

 

Zwei Lehren dürfen wir aus dem Evangelium in dieser Frage lernen. Erstens, dass es die Macht des Bösen gibt. Damit ist nicht nur das Böse gemeint, dass es leider in jedem Menschenherzen gibt, in der Form vom Gedanken und Worten und auch von Taten, die daraus folgen. Täglich haben wir mit dem Bösen zu tun, zu kämpfen, und nur allzu oft darunter zu leiden. Hinter all dem gibt es aber auch den Bösen, der dem Menschen nachstellt und ihn zum Bösen verführt. Mich beeindruckt es immer, wenn ich den jungen Menschen bei der Firmung die Frage stelle: „Widersagt ihr dem Satan und all seiner Verführung?“ Und wenn dann ein lautes „Ich widersage!“ als Antwort kommt.

 

Ich kann einfach nicht glauben, dass die Abgründe an Bösem in unserer Zeit nur aus dem menschlichen Herzen kommen. Die Massenmorde von Auschwitz, die Völkermorde des 20. Jahrhunderts, das sinnlose Wüten von Terroristen, all das ist nicht nur böses Menschenwerk, sondern wirklich Teufelswerk. Das Evangelium aber gibt uns eine Gewissheit: Jesus hat die Vollmacht auch über diese dunklen Mächte. Er, er allein, ist der wahre Befreier. Nicht nur damals.

erstellt von: Kardinal Christoph Schönborn
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Markusevangelium 1,21-28

In Kafarnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. In ihrer Synagoge saß ein Mann, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Da erschraken alle, und einer fragte den andern: Was hat das zu bedeuten? Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet. Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.


Kardinal Schönborn

Mehr über Kardinal Christoph Schönborn

 

Gedanken zum Evangelium

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