Friday 6. December 2024

Aktuelle Buchtipps

Alle hier vorgestellten Bücher können in unserer Fachbücherei Seniorenarbeit entliehen werden.

  

 

  Buchtipp Dezember 2024

  Martin Frank
  Oma, ich fahr schon mal den Rollstuhl vor!
  Als ich vom Enkel zum Pfleger wurde
  Hamburg 2023

Seine Oma ist die wichtigste Bezugsperson für Martin. Sie ist hoch in den Achtzigern und lebt mit ihrer Schwester, die etwa gleich alt ist, auf ihrem Bauernhof im Bayerischen Wald. Weiters leben auf dem Hof noch Martins Vater, sein jüngerer Bruder und zeitweise andere Familienangehörige. Als Martin gerade 19 Jahre alt geworden ist und mitten in einer Ausbildung zum Standes-beamten steht, sowie in einer Phase, in der er sein schauspielerisches und kabarettistisches Talent entdeckt, erleidet Oma einen Schlaganfall und ist auf Pflege und Betreuung angewiesen. Ihre Schwester, Martins Großtante, wird dazu immer dementer. Beide Schwestern in ein Heim zu übersiedeln kommt aus menschlichen Erwägungen nicht in Frage, auf Grund der familieninternen Situation wird - erwartungsgemäß - Martin zur Bezugsperson für beide. Die Oma pflegt er - ein ambulanter Pflegedienst ist eingeschaltet - bis zu ihrem Tod. Vier Jahre nach dem Schlaganfall ist er aber auch für die Großtante da, die ein Jahr später verstirbt. Diese vier Jahre als erste Bezugs- und Pflegeperson schildert der Autor hier mit viel Einfühlungsvermögen in Situationen, die sich überraschend schnell ändern können, in Menschen, die alters- und krankheitsbedingt sowohl kindlich-naiv wie auch herausfordernd sein können und immer wieder für Überraschungen sorgen. Er streift dabei auch seine eigenen Bedürfnisse und Grenzen. Ein für Familienangehörige sehr ernstes und vielschichtiges Thema wird hier mit Tiefgang, aber auch mit Humor und Leichtigkeit erörtert. Learning by doing ist ständig gefragt, weil viele Situationen einfach nicht vorherzusehen sind. Bemerkenswert ist die Fähigkeit eines jungen Menschen sich einer Situation zu stellen, die er sich sicher nicht gewünscht hat, die er aber als seinen selbstverständlichen Beitrag zum Generationen- Familienzusammenhalt betrachtet.

 

  Buchtipp November 2024

  Pia Biehl
  Advents- und Weihnachtsgottesdienste für Senioren
  Mit Vorschlägen für demenzkranke Menschen
  Stuttgart (Verlag Katholisches Bibelwerk) 2020

Das Buch richtet sich mit seinen praxiserprobten Modellen, Predigtan-regungen und anderen Ideen zur Gestaltung der Wochen zwischen dem ersten Advent und Maria Lichtmess in erster Linie an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Seniorenpastoral sowie an Betreuungs- und Pflegekräfte in Senioreneinrichtungen. Es geht davon aus, dass gerade die Advents- und Weihnachtszeit eine Zeit ist, in der Erinnerungen aufleben und daher auch bei Menschen mit Beeinträchtigungen ein Stück Lebensfreude geweckt wird. In diesem Sinne sind hier etwa 10 recht abwechslungsreich gestaltete Modelle zusammengestellt, bei denen die Grenzen zwischen thematisch gestaltetem Nachmittag und Gottesdienst (Andacht) nicht immer so strikt gezogen sind, dazu einige Ansprachen und weitere Gestaltungsideen, die sich ohne großem Aufwand verwirklichen lassen. Bei einigen Vorschlägen ist es wegen ihrer Länge und auch inhaltlichen Dichte durchaus möglich und sinnvoll, sie auf mehrere Einheiten aufzuteilen.
Viel Wert legt die Autorin auf eine möglichst große Einbeziehung der Teilnehmer*innen und auch auf die Mitwirkung von Besuchern von außerhalb der Einrichtungen. Eine ausführliche Einleitung vermittelt einen Einblick in die Praxiserfahrungen der Autorin ganz allgemein sowie gerade in die Tage der Advents- und Weihnachtszeit. Mit ebenso ausführlichen Erläuterungen zur Demenz möchte sie gerade den weniger erfahrenen Mitarbeiter*innen Hilfen für ihren Dienst anbieten. Im Ganzen eine recht ansprechende und ausgewogene Handreichung, die auch bei Krankenbesuchen oder Hausgottesdiensten gut herangezogen werden kann.

 

  Buchtipp Oktober 2024

  Michaela Seul
  Älterwerden ist kein Grund zum Jaulen
  Hundeweisheit für mehr Gelassenheit
  Ostfildern (Patmos) 2024

Älterwerden ist nichts für Feiglinge - so ein gängiger Spruch. Mut zum Älterwerden macht oft ein unkonventioneller Blick auf eine Lebensphase, die man einerseits erreichen möchte, der man andererseits aber gerne aus dem Wege geht. Unkonventionelle Blicke auf das Älterwerden eröffnet die Autorin hier aus der Perspektive ihres Hundes, dem es gelingt, dem ganz Gewöhnlichen und Alltäglichen eine neue Seite abzugewinnen. Zahlreiche der „Hundeweisheiten“ vermitteln Lebensfreude, Gelassenheit oder Zuversicht - zumindest aber sorgen sie dafür gängige oder eingefahrene Meinungen und Einstellungen zu überdenken, wobei neuere Erkenntnisse der Gerontologie und Verhaltensforschung eingeflossen sind. Für Hundebesitzer und andere, die das Gefühl haben, mit dem Älterwerden „auf den Hund“ gekommen zu sein, eine anregende Lektüre. Passagenweise (zumindest die im Text fettgedruckten Absätze) auch gut geeignet als Einstiegslektüre oder Ausgangsthese zu einem Gespräch in Gruppen (Seniorenklub, LIMA-Training, Generationentreff, Literaturkaffee). Vom kompakten und daher mühsam zu lesenden Schriftbild darf man sich allerdings nicht davon abhalten lassen.
 

  Buchtipp September 2024

  Andrea Erkert
  Im vertrauten Kreis durch das Kirchenjahr
  Praxisentwürfe für die Seniorenarbeit
  Neukirchen-Vluyn (Neukirchner Verlagshaus) 2024

Die Entwürfe sind hauptsächlich für den Gebrauch in und für den Teilnehmerkreis von Senioreneinrichtungen gedacht und regen an, das Kirchenjahr von Advent bis Allerheiligen in einigen wichtigen bzw. populäreren Feiertagen zu entdecken. Eingerahmt werden die Entwürfe zu Advent, Weihnachten, Ostern, Erntedank, Allerheiligen und St. Martin von je einer Einheit zu „Willkommen“ und zu „Abschied“. Bei allen vorausgesetzt ist ein Sesselkreis, der auch Bewegungsfreiheit für Bewegungsübungen und das Dazustellen von Rollstühlen ermöglicht und dessen Mitte gestaltet werden kann. Anschauungsmaterial wird reichlich verwendet, abwechslungsreiche Abfolgen von Gespräch, Gesang, Spiel, Quiz und anderen Elementen sprechen ganzheitlich an, auch Enkel und Urenkel können gut einbezogen werden. Ausdrücklich berücksichtigt ist auch die Situation von Seniorinnen und Senioren, die zwar nicht ausdrücklich kirchlich orientiert sind (waren), aber doch das ein oder andere Fest schätzen und sich gerne an einer Feier beteiligen. Die Sprache ist manchmal etwas betulich-herablassend (z. B. wird „die Senioren dürfen“ sehr häufig verwendet), doch beeinträchtig das den reichen Inhalt der Kapitel - manche können durchaus auf mehrere Einheiten verteilt werden - nicht. Mit reichhaltigem Download-Material.

 

  Sommerbuchtipp 2024

  Sigrid Engelbrecht
  Lass los, was dich alt macht
  Impulse für Gesundheit, Resilienz und Lebensfreude
  Freiburg (Herder)2024

  Bewusst und überlegt Älter werden

In sieben Kapiteln bespricht die Autorin Themen, die sich mit dem Älterwerden stellen und denen sich nicht aus dem Weg gehen lässt. Man möchte in diese Lebensphase nicht einfach so hineinschlittern, sondern das für sich Beste daraus machen: Worum geht es beim Älterwerden? Was macht wirklich alt? Wie schaut es aus mit Denkvermögen und Kreativität, mit dem gesunden Geist in einem gesunden Körper? Wie mit Beziehungen, Lebensgemeinschaften,  Freundschaften  und  ihrem Ende? Neben Sachinformationen, für die immer Belege aus der Wissenschaft angeführt werden,  und Reflexionen, bei denen die Autorin, die als Coach, Mental- und Wellnesstrainerin auf eine reiche Erfahrung in der Beratung vor allem von Menschen, die gerade Veränderungsprozesse durchlaufen, zurückgreifen kann, liegt ein Schwerpunkt des Buches auf der eigenen Auseinandersetzung mit dem Altern. Diesem dienen vor allem 33 in den Text verteilte „Reflexionen“, unterschiedlich lange Listen mit Impulsfragen zum jeweils besprochenen Thema, die zu beantworten einerseits Zeit, andererseits  viel Ehrlichkeit zu sich selbst erfordern. Leider sind Themen wie Religiosität, Glaube, Weltanschauung so gut wie ausgeklammert, obwohl im Zusammenhang mit dem Thema Sterben und Abschied nehmen auf S. 209ff zumindest bemerkt wird, dass religiöse und spirituelle Menschen sich leichter tun, damit umzugehen. (Was sicher nicht nur darauf zutrifft.) Insgesamt gesehen, ein sehr gründlich gearbeitetes Buch, jenseits von oberflächlicher Ratgeber-Literatur, das man nicht einfach so herunterlesen kann, sondern mit dem man sich auseinandersetzen muss - und es im eigenen Interesse - auch sollte. Für alle, die beabsichtigen in Kürze in Pension zu gehen - oder es gerade getan haben - gewiss eine mögliche Sommerlektüre!
 

 

  Buchtipp Juni 2024

  Menschen mit Demenz in der Kirche -
  wie eigene Angebote gelingen
  Ein gemeinsamer Text der deutschen Bischofskonferenz und
  der evangelischen Kirche in Deutschland

 Herausgegeben vom Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz

Reihe:  Gemeinsame Texte Nr. 29

Den 93 Seiten starken Band erstellte eine Arbeitsgruppe der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit und des Bundesforums Katholische Seniorenarbeit. Die kurzen und leicht lesbaren Texte befassen sich mit Fragen wie: „Leben mit Demenz“, „Menschenwürde und Demenz“, „Trauma und Demenz“, „Wie verändert eine Demenz das Leben der Betroffenen und ihres Umfeldes“, „Welche Aspekte sind in der Begegnung mit dementiell veränderten Menschen wichtig?“, Spiritualität und Demenz - geht das?“. Weiters gehen sie auf die Situation der Angehörigen  ein, auf Fragestellungen, die sich für Pfarren ergeben und haben dazu zahlreiche praktische Hinweise gesammelt, die helfen, Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen/ Vertrauenspersonen mehr Teilhabe am Leben der Pfarrgemeinden und darüber hinaus zu ermöglichen.

Eigene Abschnitte gehen ein auf „Demenz und Musik“, wie auf Gottesdienst- und Kirchenraumgestaltung.

Das Heft ist eine gute Grundlage für Pfarren, die sich mit demenzgerechten Gottesdiensten befassen, eine ideale Begleitliteratur bei Fortbildungsveranstaltungen, eine wertvolle Handreichung für alle GottesdienstleiterInnen, MitarbeiterInnen der Pflegeheimseelsorge.

 

Die Broschüre kann auch heruntergeladen werden:

https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/gemeinsame-texte.html

 

 

  Buchtipp Mai 2024

  Magdalena Widmer
  Sag an, wer ist doch diese
  Marienandachten
  Regensburg (Pustet) 2024

 Die hier zusammengestellten Marienandachten falten Titel aus, die Maria im Laufe der Jahrhunderte gegeben wurden und/oder unter denen sie an Wallfahrtsorten verehrt wird (Maria vom Guten Rat, Unsre liebe Frau von der immerwährenden Hilfe, Trösterin der Betrübten, Maria im Elend, Maria Stein, Maria von Dreieichen u.a.m.)

Jedes Modell wird durch eine Farbabbildung mit einer beispielhaften Mariendarstellung ergänzt und enthält eine Erläuterung, Schriftmeditation, Gebet, Lieder, Litanei und auch Vorschläge, Rosenkranzgesätze mit einzubeziehen.

Insofern liegt hier eine ansprechende Kombination von  Bausteinen für marianische Andachten im Lauf des Kirchenjahres vor, die je nach Anlass auch untereinander kombiniert werden können.

Das macht sie vor allem für den Gebrauch in der Seniorenpastoral mit ihren unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten (Maiandacht, Andacht in der Pflegestation, Marienfeier im Seniorenklub, Wallfahrt) gut praktikabel. Marienfeiertage, die marianischen Monate Mai und Oktober und andere Anlässe können mit Hilfe dieses kleinen Buches gut gestaltet werden.
 


  Buchtipp April 2024

  Giovanni Maio
  Ethik der Verletzlichkeit
  Freiburg (Herder) 2024

Der Autor - Professor für Medizinethik an der Universität Freiburg  - geht von Menschenbildern aus, die bislang (nicht nur) in der Medizin das Denken bestimmt haben, wie z. B. der Mensch als selbstbestimmtes Wesen, als sich selbst genügendes Individuum, als souveräner Unternehmer seiner selbst, oder dass der menschliche Organismus eine reparable Maschine sei... Die Realität aber - und das zeigen die gegenwärtigen Krisen wie Pandemie oder Umweltproblematik und andere - zeigt, dass alles Lebendige, Mensch, Tier und Natur, zerbrechlich und verletzlich ist. Daher stellen sich diese Vorstellungen zwar als undifferenzierte, einseitige Annahmen heraus, doch sind ihre Folgen nicht zu übersehen: alles Leben, das auf andere angewiesen ist, wird als Negativum betrachtet und Verletzlichkeit als Bedrohung der menschlichen Autonomie.

Im Folgenden zeigt Maio auf, dass Verletzlichkeit per se zum Menschen gehört und begründet dies mit seiner Körperlichkeit, seinem Verwiesen sein auf Andere, seinem nicht wegzudiskutierenden Eingebettet-Sein in gegebene Situationen sowie seiner Endlichkeit. All diese Gegebenheiten sind da und können nicht wegdiskutiert werden, Krankheit oder Gebrechlichkeit machen sie besonders deutlich. Maio geht bei seinen Reflexionen darüber zwar von medizinischen Gesichtspunkten aus, doch reichen sie weit ins allgemein Gesell-schaftliche hinein.

Schlussendlich kommt er zu dem Ergebnis, Verletzlichkeit bedeutet, sich mit Veränderungen auseinander setzen zu müssen, was aber vor Erstarrung bewahrt und zu einem Leben in und mit Krisen befähigt. Dies bedeutet aber Weiterentwicklung und neue Erfahrungen, die Sorge vor allem durch die Sorge füreinander gefördert wird. Mit Sorge ist eine Begleitung gemeint, die den anderen fördert und mit ihm Wege erkundet die Situation, in der er jetzt lebt, mit Leben zu füllen. Dieses Bemühen führt zu einem autonomen Menschen, denn autonom kann nicht bedeuten von allem unabhängig zu sein, sondern als ein Mensch, der in vieles eingebettet oder von vielem abhängig ist, seinen eigenen Weg zu finden.

Auf weiten Strecken entsprechen die Reflexionen Maios den Überlegungen zu einer „menschenfördernden Seelsorge im Lebenszusammenhang“ die der ebenfalls in Freiburg lehrende Pastoraltheologe Josef Müller (1931-1998) entwickelte und die zum Proprium der Seniorenpastoral gehören: Verletzlichkeit, Fragilität, Verwundbarkeit nicht als Mangel zu verstehen, sondern als Voraussetzung für Sensibilität, Übernahme von Verantwortung, Miteinander, Entwicklung. Wenn auch über manche Strecken hinweg etwas mühsam zu lesen (Fachsprache, zahlreiche Bezugnahmen auf andere Fachleute, längere fremdsprachige Zitate) ist das Buch ein grundlegender Beitrag zu einer ganzheitlichen Sicht des Menschseins und zu einem anderen Werteverständnis von Altern, Gebrechlichkeit und Krankheit.
 

 

  Buchtipp März 2024

  Elke Schilling
  Die meisten wollen einfach mal reden
  Strategien gegen Einsamkeit im Alter
  Neu Ysenburg (Westen-Verlag) 2024

Nicht nur erst seit Corona, seitdem aber besonders, ist Alterseinsamkeit in einen breiteren Focus gerückt. Elke Schilling war bereits einige Jahre zuvor als Senioren-vertreterin eines Berliner Bezirkes damit konfrontiert und suchte nach Möglichkeiten, etwas dagegen zu setzen. Als ein betagter Nachbar tot in seiner Wohnung gefunden wurde, wurde sie initiativ. Sie griff auf die Idee, der in vergangenen Jahrzehnten - inzwischen fast verschwun-denen - zahlreichen Telefonketten zurück und begründete das „Silbertelefon“, das sich immer mehr zur Initiative „Silbernetz“ entwickelte und weit über Berlin hinaus aktiv ist. (https://silbernetz.org)

Dass „Einsamkeit“ zum beherrschenden Thema der Telefonate wurde liegt auf der Hand, die Erfahrungen aus diesen Telefonaten zu verschriftlichen und daraus Konsequenzen aufzuzeigen, ist eine verdienstvolle Sache, dem Klappentext zufolge erstmals in dieser Ausführlichkeit. Tatsächlich ist das Thema hier systematisch und in einer Breite ausgefaltet, die überrascht. Deutlich wird herausgearbeitet, dass Einsamkeit nicht nur dann gegeben ist, wenn jemand „einsam und allein lebt“, sondern dass sie sich auch zwischen den Zeilen von Vorurteilen, Ängsten, Entscheidungen, Informationsmangel und vielen anderen Gegebenheiten des Älterwerdens verbergen kann.

Die Strategien, die dagegen wirken können, zeigen sich im Text nicht in der Form von Listen, Tabellen, Merksätzen oder Handlungsvorgaben, wie man aus dem Untertitel schließen könnte. Sie stehen eher zwischen den Zeilen der Beispiele, der wiedergegebenen Gespräche, gemeinsam erarbeiteter Strategien und Lösungen und sind so wiederum Beispiel und Wegweisung, wie auf die Einsamkeitsproblematik angemessen zu reagieren ist.
Das Buch ist ein Appell, genau hinzuschauen und hinzuhören, bevor zur Gießkanne mit den „guten Ratschlägen“ gegriffen wird, sowie Bestärkung und Ermunterung für alle, die in alten Menschen keine „Fälle“ sehen sondern Menschen mit Fragen und Antworten, Grenzen und Kompetenzen, Bedürfnissen und Wünschen. Wie andere auch.

 

 
  Buchtipp Februar 2024

  Wunibald Müller
  Von der Kunst des Altwerdens
  Freiburg (Herder) 2023

 Der Autor, Theologe und Psychotherapeut hat über 25 Jahre das Recollectiohaus in Münsterschwarzach geleitet. Seit einigen Jahren ist er in Pension, und mittlerweile ist er 73 Jahre alt. Mit seinem Buch richtet er sich an alle, die über 65 Jahre alt sind und möchte dazu ermutigen, dem Alter „offen ins Gesicht zu schauen“, ganz nach der Erfahrung, wem ich ins Gesicht schauen kann, vor dem habe ich keine Angst. So schreibt sich - so der Eindruck, den das Buch macht -  Wunibald Müller von der Seele, was ihn beim Wort „Alter“ selbst beschäftigt oder neu aufgeht, mit dem er trotz seiner langjährigen seelsorgerlichen oder psychologischen Erfahrung offensichtlich nicht in Berührung gekommen ist. Zumindest nicht so, dass es ihn persönlich betroffen gemacht hat. Dass das Thema Alter für ihn eher Neuland ist, zeigt auch, dass er sich oft und gerne auf Zeitungsartikel bezieht bzw. daraus zitiert. (Auch die angegebene Literatur besteht zu einem überwiegenden Teil aus solchen.) So sind auch die Ratschläge und Erkenntnisse, die er weitergibt, nicht unbedingt überraschend: sich der Endlichkeit des Lebens stellen, nicht mehr funktionieren, mehr „leben“, zur Gelassenheit finden, ein Netz von Beziehungen aufbauen und pflegen, den Tod nicht tabuisieren, Zeit nehmen zum Innehalten und Danken. - Sich damit auseinander zu setzen bedeutet für ihn eine „zentnerschwere Last“ zu verlieren. Eine Erfahrung, die jetzt nicht sonderlich neu ist, aber doch immer neu und von jedem einzelnen für sich gemacht werden muss. Dass auch ein bekannter „Seelenarzt“ davon nicht ausgenommen ist, ist dabei direkt tröstlich und entlastend.
 

 

  Buchtipp Jänner 2024

  Hermann Glettler (Hg.)
  Hörgott - Gebete in den Klangfarben des Lebens
  Innsbruck (Tyrolia) 2023

Lebensnahe Gebete für jüngere und ältere Erwachsene

Der Innsbrucker Bischof hat hier eine beeindruckende Sammlung von etwa 250 Gebeten - in vierzehn Themenbereiche geordnet - zusammengestellt. Der größte Teil stammt von zeitgenössischen Autoren, ein kleinerer aus dem traditionellen kirchlichen Gebetsleben. Einem jeden der Themenschwerpunkte ist eine Hinführung vorangestellt, die darauf eingeht, was z. B. Lobpreis, Dank, Liebe, Bitte, Solidarität, Suchen, Zweifeln... bedeuten kann. Sie variieren - in einer durchaus auch für ein Gebetbuch neuen Sprache - was mit dem Titel „Hörgott“ gesagt werden soll: Gott ist kein Herr-Gott, einer, der in der Ferne thront, sondern einer der hört, anhört, zuhört und da ist.

Insofern kann es keine Befindlichkeit geben, die vom Beten abhält. Die Beispiele dieses Buches dazu sind zahlreich und laden zu eigenen Formulierungen ein. Der Wehmutstropfen des an sich empfehlenswerten Buches ist die kleine schwer lesbare Schrift, in der sowohl die Einleitung: „Die Liebe zählt“ als auch alle vierzehn Hinführungen gehalten sind sowie die graue Schrift, mit der sich zumindest Beterinnen und Beter schwer tun werden, die nicht mehr sooo gut sehen können. Schade. Dennoch an dieser Stelle eine breite allgemeine Empfehlung. Geeignet ist das Buch auch als Geschenk für Eltern von Täuflingen, Hochzeitspaaren, Firmpaten, pfarrlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Buchtipps 2023

 

  Buchtipp Dezember 2023

  Franziska Lipp:
  Lieber Winter!
  Betrachtungen zur kalten Jahreszeit
  Salzburg (Verlag Anton Pustet)
Die kalte Jahreszeit - gemeint sind hier die Wochen zwischen Mitte Oktober und Anfang Februar - stehen im Ruf eintönig und wenig attraktiv zu sein. Dass das nicht ganz so ist, ist schon an den zahlreichen Feiertagen, die in diese Jahreszeit fallen, zu erkennen. Bei noch eingehender Betrachtung zeigt sich, dass sie darüber hinaus Monate großer und spannender Vielfalt sind. Es braucht nur das richtige Gespür und eine behutsame Anleitung dies zu erkennen. Franziska Lipp ist hier eine sachkundige Begleiterin. Sie ist Naturverbunden, hat ein offenes Auge für viele kleine Dinge und versteht es, Erfahrungen, Wünschen, Befindlichkeiten, die jeder Mensch kennt, auf den Grund zu gehen, Zusammenhänge aufzuzeigen und Fragen nachzugehen, die sich gerade in dieser Jahreszeit stellen, im Alltag des „Restjahres“ aber schnell untergehen.

In ihren ansprechenden Texten zeigt sie die Verflochtenheit von Mensch und Natur, Alltag und Feiertag, von Glaubens- und Lebenswelt, Brauchtum und dem Ausschau-Halten nach Neuem. Vertrautes dieser Monate wie: Hagebutten, Wurzeln, Barbarazweige, Nikolaus, der erste Schnee, Engel, Weihnachtskrippe, Schnee-glöckchen u. v. a. m. stellt sich in einem neuen Licht dar und verbindet sich mit Gegebenheiten und Bedürfnissen wie: Reife, Glück, Vertrauen, Beharrlichkeit, Erkenntnis, Geborgenheit, Kindheit ...

Ihre Beobachtungen, Gedanken, Erlebnisse, die sie hier teilt, gehen den Dingen auf den Grund, sind jedoch so offen, dass viel Platz für eigene Reflexion bleibt. Dazwischen eingestreut sind Gedichte, Rezepte, Wünsche, Segensworte und andere Nettigkeiten, über die man sich einfach freut. Ein Buch, das man immer wieder gerne in die Hand nimmt um darin zu lesen, dessen Texte sich gut zum miteinander lesen und besprechen oder auch zum Vorlesen in Gruppen eignen oder einfach, um darin zu blättern und sich an der schönen Gestaltung zu erfreuen. Geeignet als ein etwas „ganz anderes“ Weihnachtsgeschenk wie auch als Grundlage zu spannenden und ertragreichen Zusammenkünften in Seniorenklubs, Lima-Treffen, Schreibwerkstätten, Familienrunden, Weihnachtsfeiern.

 

  Buchtipp November 2023

  Wolfgang Knüll:
  Nahtoderfahrungen - Blick in eine andere Welt
  Aktuelle Antworten der Wissenschaft
  Ostfildern (Patmos) 2023

Seitdem der Verfasser als Arzt auf einer Intensivstation mit einer Nahtoderfahrung in Berührung gekommen ist, beschäftigt er sich wissenschaftlich mit diesem Thema. Im vorliegenden Buch hält er seine Erkenntnisse fest. Es ist auch ein Nachschlagwerk für alle, die am Thema interessiert sind und die sich einen Überblick über den aktuellen Stand der Nahtod-Forschung verschaffen möchten. Eingearbeitet hat er auch die Arbeiten weiterer Kollegen zum Thema, vor allem jene des niederländischen Kardiologen Pim van Lommel. Zunächst wirft er einen Blick auf Nahtoderfahrungen - Berichte davon reichen offensichtlich bis in die Antike zurück - und  beschreibt anschließend die unterschiedlichen Formen von Nahtoderlebnissen nach den Berichten von Betroffenen und schildert, wie sich ihr Leben durch dieses Erlebnis verändert hat. Anschließend diskutiert er die bisherigen Erklärungsansätze für Nahtoderfahrungen, die aus dem Bereich der Neurobiologie kommen und legt dar, warum er diese für unzureichend hält. Er selbst präferiert eine Erklärung mit Hilfe der Quantenphysik, die allerdings auch - wie er zugibt - an Grenzen stößt. Demnach dürfte es so sein, dass das menschliche Bewusstsein unabhängig vom Körper eines Menschen existiert, es im Tod in eine Dimension eintritt, die aus reiner Liebesenergie besteht - ganz konform der Schilderungen Betroffener, die  von einer großen Erfahrung von Liebe berichten. Dies wiederum legt die Frage nach Religiosität und Gottesglaube nahe. In eher groben Zügen stellt Knüll hier einen plausiblen gemeinsamen Nenner der Religionen dar, was ihre Jenseitsvorstellungen betrifft, wobei für ihn die Botschaft Jesu vom Gott und dem Weg der Liebe am nachvollziehbarsten ist.

Insgesamt eine spannend zu lesende Darstellung, die sich - von einigen Ausnahmen abgesehen - um eine einfache Sprache bemüht. Für die Glaubensverkündigung gibt sie Anlass zum Nachdenken: z. B. über so manche Akzente der Eschatologie, die gesetzt wurden und noch werden, über das Verhältnis der Religionen zueinander, über Konsequenzen für das Leben und das Miteinander der Menschen im Kleinen und im Großen. Zudem werfen die Nahtoderfahrungen auf das Leben Jesu, seine Lebenseinstellung und sein Liebesgebot ein eigenes Licht.

Wenn es hier einen Reflexionsprozess einleitet oder fördert, hat es viel erreicht!

 

  Buchtipp Oktober 2023

  Ingrid Schreiner:
  Das leise Verschwinden
  Mein Leben mit demenzkranken Eltern
  Würzburg (Echter-Verlag) 2023

Die Eltern der Autorin sind so gut wie zeitgleich an Demenz erkrankt. Sie erzählt hier von den Wirren und Herausforderungen, die die Erkrankung sowohl bei ihr, als auch bei ihren Eltern, verursacht hat und schildert hier die Ereignisse und Erfahrungen aus beidseitiger Perspektive.  Damit einher geht eine Sammlung von Fragen, Antwortversuchen und Antworten, von Empfindungen, Unsicherheiten aber auch Vorwürfen, sowohl von der Seite der Tochter, die sich um „alles kümmern muss“, als auch von Seiten der erkrankten Eltern - ganz so, wie es eine Demenzerkrankung mit sich bringt.
Logik arbeitet gegen Gefühlswelten, der Verstand kämpft gegen Unberechenbarkeiten, Liebe gegen Verzweiflung, Verstehen gegen Trauer. Momente der Überforderung können ausgehalten, zumindest aber halbwegs verkraftet werden durch Abgrenzung - die oft genug schmerzlich ist - durch die Unterstützung von engagiertem Fachpersonal, dem Rückhalt im Familien- und Freundeskreis und auch im Glauben daran, dass alles, was da geschieht, irgendwo einen Sinn hat. Ingrid Schreiner schreibt darüber offen und ohne Beschönigungen, nicht nur im Fließtext, sondern durch zahlreiche in den Text eingestreute Gedichte aus eigener Feder. Ein in gleicher Weise informatives wie berührendes Buch!

 

  Buchtipp September 2023

  Auguste Reichel:
  Aber Großmutter, warum ...?
  Wien (Buchschmiede) 2022

Das typische Bild der Großmutter, wie es Ludwig Richter (1803-1884) und andere Maler und Zeichner seiner Zeit oftmals gezeichnet haben, ist da und dort immer noch präsent: Vor einem Kamin sitzt eine alte Frau mit Kopftuch in ihrem Lehnsessel und liest aus einem Buch/Märchenbuch einem oder mehreren Kindern vor. Mit dabei - entspannt auf der Lehne des Sessels liegend oder ebenfalls aufmerksam zuhörend - eine Katze. Friede und Harmonie pur, aber der Schein trügt. Auguste Reichel hat in ihrem Buch Erinnerungen von Enkeln und Enkelinnen an Großmütter der Geburtsjahre von 1870 bis 1943 gesammelt, eingeordnet und kommentiert. Dabei wird deutlich, dass das offensichtlich so einheitliche Großmutter-Bild, wie es die Maler und Zeichner von damals darstellen, bei weitem nicht so einheitlich, ja idyllisch gewesen ist, wie die Zeichnungen glauben machen. Die Wirklichkeit war auch damals oft weit von Harmonie entfernt und in den Erinnerungen sind viele Situationen und Lebensthemen ausgeblendet, weil sie einfach soo nicht sein durften. Gerade die später „alten Frauen“ mussten sich mit so manchem auseinandersetzen, was ihnen „einfach zugefallen“ ist und vor allem in Kriegszeiten und danach Rollen übernehmen, auf die sie kaum vorbereitet waren. Was sie dazu heute sagen möchten, ist in den Worten enthalten, die in den kurzen Porträts immer wieder auftauchen: „Nie wieder Krieg“. Einerseits zeigt das Buch auf, dass es die Großmütter nie gegeben hat, dann wieder ist es eine Anregung, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und daraus zu lernen, sowie eine Folie, auf deren Hintergrund heutige - seiende und werdende - Großmütter ihre Rolle verstehen können. In dieser Hinsicht sind die Frauen heute sicher geforderter als damals. Die zahlreichen Impulsfragen im Text, sowie weitere eingestreute Texte anderer Autorinnen geben dazu Anregungen. Sie lassen sich sowohl privat, als auch gut in Gruppen (Seniorenklub, LIMA, Literatur-Café, Schreibwerkstatt usw.) bearbeiten und diskutieren, im Sinne des Buches - einander zu verstehen und voneinander zu lernen - sollten diese Gruppen aber nicht (allzu) altershomogen sein.

 

  Sommerbuchtipp 2023
 
David Steindl-Rast/Johannes Pausch
  Erkenntnis
  Wien (edition a), 2023

 Zwei Benediktiner, beide weithin bekannt als spirituelle Lehrer, befassen sich in diesem Buch mit dem gegenwärtig überaus aktuellen Thema der Krisenbewältigung und greifen dabei auf Fragestellungen und Erfahrungen eines gemeinsamen Kurses zum Thema zurück. Ihr Rat ist - und damit beziehen sie sich auf das siebente Kapitel der Klosterregel des hl. Benedikt - sich dabei von der Demut begleiten zu lassen. Benedikt hat seine Regel zwar für Mönche geschrieben, doch lässt sie sich in weiten Teilen auf alle Menschen anwenden, so auch das Kapitel, in dem es über das Leben des Mönches geht. Als Symbol für das Leben verwendet Benedikt das Bild einer Leiter. Ihre zwölf Sprossen stehen für unterschiedliche Haltungen, auf die es - will man das Leben mit allen seinen Herausforderungen gut bestehen - ankommt. Die beiden Benediktiner erschließen den Sinn des für heutige Menschen nicht immer gleich zugänglichen Textes Benedikts plausibel und nachvollziehbar und verbinden ihre Erläuterungen mit dazu passenden Heilpflanzen. Sie gehen allerdings nicht darauf ein, wie diese in diesem Zusammenhang anzuwenden sind. Demut - so wird nach ihren Ausführungen deutlich - ist alles andere als ein Unterwürfigsein oder ein Buckeln, sondern ein Miteinander von Menschen mit Selbststand, die einander achten und sich solidarisch fühlen. Zu einer solchen Beziehung führt das Einhalten von Balance und Ordnung, damit sie gelingt, gilt es, die eigenen und anderweitig gegebenen Grenzen zu achten, aber auch auszufüllen, was mit diesen Grenzen möglich ist. Dies wiederum macht den Menschen lebendig, transparent und authentisch, befreit von Angst und fördert Beziehungen jeglicher Art. Ein authentischer Mensch lebt auch in einer so verstandenen Beziehung zu Schöpfung, Natur und Umwelt und erwirbt sich das, was ihn weiter führt und erfüllt: die Sehnsucht nach Verstehen, Mitgefühl (nicht Mitleid) und letztlich die Erkenntnis dessen, was jeder für sich zum Leben braucht und was dazu - innerhalb seiner eigenen Grenzen - der eine für den anderen tun kann. - Für Menschen, die mit der aktuellen Weltlage kämpfen, die sich in sozialen Berufen einsetzen, oder sich als „Ehrenamtliche“ oft aufopfern und dabei an ihre Grenzen stoßen, ja über sie hinausgehen, ein sehr hilfreiches Buch. Nicht nur in der Seniorenpastoral nutzen zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die eher ruhigeren Sommermonate zu reflektieren und aufzutanken. Eine gute Gelegenheit, sich mit den - hier auf etwa 150 gut gestalteten Seiten - gesammelten Erkenntnissen auseinanderzusetzen.

 

 

  Buchtipp Juni 2023

  Malte Cramer/Peter Wick (Hrsg.): Alter und Altern in der Bibel
  Exegetische Perspektiven auf Altersdiskurse
  im Alten und Neuen Testament
  Stuttgart (Kohlhammer-Verlag) 2021

Bedingt durch die demographische Entwicklung in Kirche und Gesellschaft wird Alter und Altern - langsam aber doch - ein Thema für die Theologie. Haben sich bisher eher die Praktische- sowie die Moraltheologie damit befasst, tat dies die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Bochum aus exegetischer Sicht. In diesem Tagungsband legt sie allerdings keine Gesamtschau zum Thema vor, sondern Erörterungen zu interessanten Teilaspekten wie z. B. Alter und Jugend, Alter und Weisheit, Sterblichkeit und Auferstehungshoffnung, Lebens- und Glaubenserfahrungen im Blick auf das Ende des Lebens u. a. Ein Einleitungskapitel befasst sich mit dem Thema Altern aus gesellschaftlicher Perspektive, ein die Tagung resümierendes Schlusskapitel formuliert exegetische Impulse für eine interdisziplinäre Theologie des Alters. Dies geschieht hier (beispielhaft) im Blick auf anthropologische, sozialethische, ekklesiologische und eschatologische Fragestellungen.

Insgesamt zeigt der Band, dass der Beitrag der Bibelwissenschaft zum Thema Alter noch längst nicht ausgereizt ist, sondern dass gerade sie - trotz geringem Quellenmaterial vor allem im Neuen Testament - wertvolle Aspekte einbringen kann. So bleibt zu hoffen, dass den hier begonnenen Schritten weitere folgen - sowohl auf wissenschaftlicher Eben als auch auf Seiten derer, die die Erträgnisse der Wissenschaft für die Praxis aufbereiten.

 


Buchtipp Mai 2023
Uto Brodd
In deiner Sonne blühe ich
Belebende Gottesdienste für die Seniorenarbeit
Neukirchen-Vluyn (Neukirchener Verlagsgesellschaft) 2023

Die Autorin gestaltet „belebende Gottesdienste“. Was aber versteht sie darunter? Ich möchte das so verstehen: Gottesdienste, die aufleben lassen. Gottesdienste, an denen nicht „teilgenommen“ wird, sondern Gottesdienste, die zum Mitbeten, Mitdenken, Mitsprechen anregen. Bei Gottesdiensten im Seniorenheim ist das nicht selbstverständlich, denn dort treffen GottesdienstleiterInnen auf Menschen mit unterschiedlichsten Vorstellungen von Gottesdienst. Erwarten die Einen, eine „erhebende Feier“, möchten die Anderen gerne einbezogen sein oder zumindest etwas dazu sagen können, wieder andere können wegen ihrer physischen oder psychischen Verfassung weder das eine noch das andere. Die hier zusammengestellten Modelle versuchen alle diese Gegebenheiten zu vereinen. Im Wesentlichen - so der Eindruck - ist das auch geglückt.

Einzelheiten müssen dem konkreten Gebrauch angeglichen werden. Jedoch sind die Themen und Ideen, die hinter jedem der ausgearbeiteten Modelle stehen, gut aufbereitet, die formulierten Gebete und Gedanken sind aus dem Leben gegriffen, die Anlässe entlang des Kirchenjahres; der katholische Benutzer wird mit evangelischen Eigenheiten umgehen können. Allzu groß sind diese Unterschiede - gerade im Bereich der Seniorenpastoral - ja sowieso nicht. Der - vielleicht etwas zu ausführlich geratene Einleitungsteil - vermittelt gute Informationen und praktische Hilfestellungen zur Gottesdienstgestaltung. Empfehlenswert für alle, die in der Seniorenpastoral arbeiten.

 

 

Buchtipp April 2023
Arno Geiger
Der alte König in seinem Exil
München (Dtv. Verlagsgesellschaft mbH und Co. KG) 2011

Ein großartiges Buch aus dem Jahr 2011, das an Aktualität nicht verloren hat! "Der alte König in seinem Exil" ist ein bewegender Roman des österreichischen Schriftstellers Arno Geiger. Der Roman handelt von Geigers Vater, der an Alzheimer erkrankt ist, und von den Auswirkungen, die die Krankheit auf ihn und seine Familie hat.

Der Leser/Die Leserin begleitet den Vater durch seinen Alltag, der zunehmend von Gedächtnisverlust und Orientierungslosigkeit geprägt ist. Dabei wechselt Geiger geschickt die Perspektiven und zeigt die Erkrankung aus verschiedenen Blickwinkeln, etwa aus der Sicht des Vaters selbst oder aus der Perspektive seiner Familie.

Das Buch zeichnet sich durch eine einfühlsame und poetische Sprache aus, die die emotionalen Herausforderungen, vor denen die Familie steht, eindringlich vermittelt. Dabei geht es nicht nur um die Krankheit selbst, sondern auch um die Bedeutung von Erinnerungen und die Vergänglichkeit des Lebens. Geiger schafft es, mit wenigen Worten große Gefühle zu vermitteln und dem Leser/der Leserin einen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt des Vaters zu geben.

Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie Geiger die Krankheit in den Kontext der europäischen Geschichte einbettet. Der Vater war im Zweiten Weltkrieg Soldat und später erfolgreicher Unternehmer. Seine Erlebnisse und Erfahrungen prägten ihn und seine Familie und haben Auswirkungen auf die Art und Weise, wie sie mit der Krankheit umgehen.

Trotz des schwierigen Themas ist "Der alte König in seinem Exil" kein düsteres Buch. Geiger versteht es, humorvolle und leichte Momente in die Erzählung einzubauen und damit dem Buch eine gewisse Leichtigkeit zu verleihen. So zeigt er, dass es trotz der schweren Umstände immer wieder Momente der Freude und des Glücks geben kann.

Insgesamt ist "Der alte König in seinem Exil" ein außergewöhnlicher Roman, der den Leser/die Leserin auf eine emotionale Reise mitnimmt und dabei auch zum Nachdenken anregt. Es ist ein Buch, das zeigt, wie wichtig Familie und Erinnerungen im Leben sind und wie sehr sie unser Leben prägen. Der Roman ist kein düsteres oder trostloses Werk, sondern vielmehr eine Hommage an das Leben und die Liebe.
 

 

Buchtipp März 2023
Andrea Erkert, Christian  Hüser
Mit Liedern Erinnerungen wecken
20 Lied- und Bild-impulse für die Seniorenarbeit
Neukirchen-Vluyn (Neukirchener Verlagsgesellschaft) 2022

Auf zwanzig Kartons im Format A3 sind auf der Vorderseite ein Bild, auf den weiteren Seiten ein Liedtext (es handelt sich um traditionelle Lieder, die ältere Menschen seit ihrer Kindheit kennen), Erläuterungen zum Lied und Ideen, mit diesem Lied eine unterhaltsame Stunde für SeniorInnen zu gestalten: Spiele, Gedächtnisübungen, Kommunikationsmöglichkeiten, Gebete, Gedichte.

Die Bilder können gut auf einen Tisch aufgestellt oder in den Gruppen gezeigt bzw. herumgegeben oder nicht mobilen Patienten in die Hand gegeben werden. Alle Texte sind in einem Beiheft enthalten, so dass der/die Gruppenleiter/in sie unabhängig vom Zeigen des Bildes als Anhaltspunkte für die Gestaltung der Einheit zur Verfügung hat.

Noten fehlen leider, jedoch ist der Liedtext mit Gitarregriffen versehen. Wie schon die im Jahr 2020 erschienene und gleich gestaltete Arbeitsmappe „Augenblicke im Kirchenjahr. 20 Bildandachten für die Seniorenarbeit“ ist auch diese Mappe eine Handreichung bzw. eine praktische Hilfe für die MitarbeiterInnen in Senioreneinrichtungen, LeiterInnen von LIMA-Gruppen und Singrunden. Empfehlenswert. 

 

Buchtipp Februar 2023
Hannelore Dirks
Wir junen Alten
Von der Dynamik unseres Lebens
Ostfildern (Patmos) 2022

Hannelore Dirks ist eher bekannt für spannende Geschichten für Kinder Im Kindergarten- und Volksschulalter. Inzwischen steht sie im 83. Lebensjahr und blickt mit diesem Buch auf ihr Älterwerden zurück. Sie erzählt von ihrem Übergang in den Ruhestand, überprüft ihre Vorstellungen von damals an dem, was wirklich geschehen ist, setzt sich mit den gesellschaftlichen Erwartungen an „die“ Senioren auseinander und zeigt das Leben im Alter in seinen vielen Facetten auf. Dabei lässt sie keines der Themen aus, die einen älterwerdenden Menschen beschäftigen: Fragen nach dem Sinn des bereits gelebten Lebens, über Wert oder Nicht-wert bestimmter Lebensweisen, die Daseinsberechtigung, ob es sich noch lohnt, etwas Neues - etwa ein Möbelstück - zu kaufen, Stimmungsschwankungen, alte und neue Freundschaften nicht nur mit gleichaltrigen, Wohnen im Heim, Hoffnungen... Sie tut dies hintergründig, humorvoll, ernsthaft in überschaubaren Abschnitten, ab und zu auch in der Form von Briefen an ihre bereits verstorbene Schwester.                          

Insgesamt ist es ein Buch voller Realismus, vielen Erfahrungen, überlegenswerter Gedanken, beherzigenswerter Ideen, wie es in diesem Metier nicht allzu oft antrifft. Anders gesagt: Wie sein Titel andeutet schildert es anschaulich und kurzweilig das Leben einer Lebensphase, wie es wirklich ist. Zu empfehlen daher nicht nur Menschen ab 58plus, sondern allen, älteren und jüngeren. Leider - und das kann nicht verschwiegen sein: der Lesegenuss wird eingetrübt durch eine viel zu kompakte Gestaltung und eine eher zu kleine Schrift, die noch passagenweise in roter Farbe - einem absoluten No-Go für älteres Sehvermögen - gehalten ist.

 

 

Buchtipp Jänner 2023
Peter Dyckhoff
Älterwerden mit Zuversicht
Freiburg (Herder-Verlag) 2022
Das jüngste Buch des bekannten Priesters, geistlichen Begleiters und Autors gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil „Älterwerden annehmen und gestalten“ vertritt Dyckhoff die Meinung, beim Älterwerden geht es darum, Gott immer ähnlicher zu werden. Auf die Frage: „Wie geht denn das?“, die sich automatisch stellt, antwortet er mit einer Reihe von Beispielen aus seiner seelsorgerlichen Erfahrung und zeigt an Hand dieser sowohl gelingende Wege, aber auch Hindernisse auf. Ausgehend davon formuliert er im Anschluss zahlreiche, der Wirklichkeit des Lebens entsprechende und für jeden nachvollziehbare Impulse, die anregen, diesen Lebensabschnitt zuversichtlicher und mit einem Blick nach vorne zu gestalten.

Der zweite Teil ist überschrieben mit „Alter und Unsterblichkeit“. Dyckhoff versteht das ganze Leben und mit ihm das Alter als einen Aufbruch mit dem Ziel, auf Gott als „den Älteren“ hin zu wachsen. Während sich der Körper verändert - altert - und einmal vergeht, ist die Seele des Menschen immer dieselbe. Sie bringt letztlich den Menschen zu Gott, bei dem er ein Leben erfährt, das den Alterungsprozess überschritten hat und nur aus Erfüllung besteht. Dieses Leben zu beschreiben, fehlen uns zwar die Worte, doch das Wissen darum - zusammen mit einem Gebet der Hingabe - nimmt die Angst vor dem Sterben.

Im dritten Teil „Darstellung des Herrn“ geht es um das Zeugnis des greisen Simeon
(Lk 2). Neben einigen Erläuterungen zu dessen Gebet „Nun entlässt du, Herr, deinen Diener“ betrachtet Dyckhoff das vielschichtige bekannte Gemälde von Rembrandt „Simeon mit dem Christuskind“, das auch das Umschlagmotiv des Buches ist.

Fazit: Ein schönes zudem in einer leserfreundliche Schrift gehaltenes Buch, das man nicht einfach so herunterliest, sondern immer wieder einmal zur Hand nimmt - als älterwerdender Mensch, der sich Gedanken um seine Zukunft macht, als hilfreiche Lektüre für den/die geistliche(n)® Begleiter(in) oder Seelsorger(in)  in der Seniorenpastoral oder als Ideengeber sowohl im Beratungsgespräch oder zur Gottesdienstgestaltung. Besonders die im zweiten Teil enthaltenen Gedanken zum - wie es gewöhnlich genannt wird - „ewigen Leben“ sind eine Bereicherung. Sich damit zu beschäftigen bedeutet sowohl eine Entlastung, als auch eine Motivation zu Glauben, Vertrauen und Zuversicht.

VERANSTALTUNGEN UND FORTBILDUNGEN
 

       

Begegnung Leben

Seniorenpastoral
Stephansplatz 6/6/622-623
1010 Wien

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