Alle hier vorgestellten Bücher können in unserer Fachbücherei Seniorenarbeit entliehen werden.
Buchtipp Dezember 2024
Martin Frank
Oma, ich fahr schon mal den Rollstuhl vor!
Als ich vom Enkel zum Pfleger wurde
Hamburg 2023
Seine Oma ist die wichtigste Bezugsperson für Martin. Sie ist hoch in den Achtzigern und lebt mit ihrer Schwester, die etwa gleich alt ist, auf ihrem Bauernhof im Bayerischen Wald. Weiters leben auf dem Hof noch Martins Vater, sein jüngerer Bruder und zeitweise andere Familienangehörige. Als Martin gerade 19 Jahre alt geworden ist und mitten in einer Ausbildung zum Standes-beamten steht, sowie in einer Phase, in der er sein schauspielerisches und kabarettistisches Talent entdeckt, erleidet Oma einen Schlaganfall und ist auf Pflege und Betreuung angewiesen. Ihre Schwester, Martins Großtante, wird dazu immer dementer. Beide Schwestern in ein Heim zu übersiedeln kommt aus menschlichen Erwägungen nicht in Frage, auf Grund der familieninternen Situation wird - erwartungsgemäß - Martin zur Bezugsperson für beide. Die Oma pflegt er - ein ambulanter Pflegedienst ist eingeschaltet - bis zu ihrem Tod. Vier Jahre nach dem Schlaganfall ist er aber auch für die Großtante da, die ein Jahr später verstirbt. Diese vier Jahre als erste Bezugs- und Pflegeperson schildert der Autor hier mit viel Einfühlungsvermögen in Situationen, die sich überraschend schnell ändern können, in Menschen, die alters- und krankheitsbedingt sowohl kindlich-naiv wie auch herausfordernd sein können und immer wieder für Überraschungen sorgen. Er streift dabei auch seine eigenen Bedürfnisse und Grenzen. Ein für Familienangehörige sehr ernstes und vielschichtiges Thema wird hier mit Tiefgang, aber auch mit Humor und Leichtigkeit erörtert. Learning by doing ist ständig gefragt, weil viele Situationen einfach nicht vorherzusehen sind. Bemerkenswert ist die Fähigkeit eines jungen Menschen sich einer Situation zu stellen, die er sich sicher nicht gewünscht hat, die er aber als seinen selbstverständlichen Beitrag zum Generationen- Familienzusammenhalt betrachtet.
Buchtipp November 2024
Pia Biehl
Advents- und Weihnachtsgottesdienste für Senioren
Mit Vorschlägen für demenzkranke Menschen
Stuttgart (Verlag Katholisches Bibelwerk) 2020
Das Buch richtet sich mit seinen praxiserprobten Modellen, Predigtan-regungen und anderen Ideen zur Gestaltung der Wochen zwischen dem ersten Advent und Maria Lichtmess in erster Linie an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Seniorenpastoral sowie an Betreuungs- und Pflegekräfte in Senioreneinrichtungen. Es geht davon aus, dass gerade die Advents- und Weihnachtszeit eine Zeit ist, in der Erinnerungen aufleben und daher auch bei Menschen mit Beeinträchtigungen ein Stück Lebensfreude geweckt wird. In diesem Sinne sind hier etwa 10 recht abwechslungsreich gestaltete Modelle zusammengestellt, bei denen die Grenzen zwischen thematisch gestaltetem Nachmittag und Gottesdienst (Andacht) nicht immer so strikt gezogen sind, dazu einige Ansprachen und weitere Gestaltungsideen, die sich ohne großem Aufwand verwirklichen lassen. Bei einigen Vorschlägen ist es wegen ihrer Länge und auch inhaltlichen Dichte durchaus möglich und sinnvoll, sie auf mehrere Einheiten aufzuteilen.
Viel Wert legt die Autorin auf eine möglichst große Einbeziehung der Teilnehmer*innen und auch auf die Mitwirkung von Besuchern von außerhalb der Einrichtungen. Eine ausführliche Einleitung vermittelt einen Einblick in die Praxiserfahrungen der Autorin ganz allgemein sowie gerade in die Tage der Advents- und Weihnachtszeit. Mit ebenso ausführlichen Erläuterungen zur Demenz möchte sie gerade den weniger erfahrenen Mitarbeiter*innen Hilfen für ihren Dienst anbieten. Im Ganzen eine recht ansprechende und ausgewogene Handreichung, die auch bei Krankenbesuchen oder Hausgottesdiensten gut herangezogen werden kann.
Buchtipp Oktober 2024
Michaela Seul
Älterwerden ist kein Grund zum Jaulen
Hundeweisheit für mehr Gelassenheit
Ostfildern (Patmos) 2024
Älterwerden ist nichts für Feiglinge - so ein gängiger Spruch. Mut zum Älterwerden macht oft ein unkonventioneller Blick auf eine Lebensphase, die man einerseits erreichen möchte, der man andererseits aber gerne aus dem Wege geht. Unkonventionelle Blicke auf das Älterwerden eröffnet die Autorin hier aus der Perspektive ihres Hundes, dem es gelingt, dem ganz Gewöhnlichen und Alltäglichen eine neue Seite abzugewinnen. Zahlreiche der „Hundeweisheiten“ vermitteln Lebensfreude, Gelassenheit oder Zuversicht - zumindest aber sorgen sie dafür gängige oder eingefahrene Meinungen und Einstellungen zu überdenken, wobei neuere Erkenntnisse der Gerontologie und Verhaltensforschung eingeflossen sind. Für Hundebesitzer und andere, die das Gefühl haben, mit dem Älterwerden „auf den Hund“ gekommen zu sein, eine anregende Lektüre. Passagenweise (zumindest die im Text fettgedruckten Absätze) auch gut geeignet als Einstiegslektüre oder Ausgangsthese zu einem Gespräch in Gruppen (Seniorenklub, LIMA-Training, Generationentreff, Literaturkaffee). Vom kompakten und daher mühsam zu lesenden Schriftbild darf man sich allerdings nicht davon abhalten lassen.
Buchtipp September 2024
Andrea Erkert
Im vertrauten Kreis durch das Kirchenjahr
Praxisentwürfe für die Seniorenarbeit
Neukirchen-Vluyn (Neukirchner Verlagshaus) 2024
Die Entwürfe sind hauptsächlich für den Gebrauch in und für den Teilnehmerkreis von Senioreneinrichtungen gedacht und regen an, das Kirchenjahr von Advent bis Allerheiligen in einigen wichtigen bzw. populäreren Feiertagen zu entdecken. Eingerahmt werden die Entwürfe zu Advent, Weihnachten, Ostern, Erntedank, Allerheiligen und St. Martin von je einer Einheit zu „Willkommen“ und zu „Abschied“. Bei allen vorausgesetzt ist ein Sesselkreis, der auch Bewegungsfreiheit für Bewegungsübungen und das Dazustellen von Rollstühlen ermöglicht und dessen Mitte gestaltet werden kann. Anschauungsmaterial wird reichlich verwendet, abwechslungsreiche Abfolgen von Gespräch, Gesang, Spiel, Quiz und anderen Elementen sprechen ganzheitlich an, auch Enkel und Urenkel können gut einbezogen werden. Ausdrücklich berücksichtigt ist auch die Situation von Seniorinnen und Senioren, die zwar nicht ausdrücklich kirchlich orientiert sind (waren), aber doch das ein oder andere Fest schätzen und sich gerne an einer Feier beteiligen. Die Sprache ist manchmal etwas betulich-herablassend (z. B. wird „die Senioren dürfen“ sehr häufig verwendet), doch beeinträchtig das den reichen Inhalt der Kapitel - manche können durchaus auf mehrere Einheiten verteilt werden - nicht. Mit reichhaltigem Download-Material.
Sommerbuchtipp 2024
Sigrid Engelbrecht
Lass los, was dich alt macht
Impulse für Gesundheit, Resilienz und Lebensfreude
Freiburg (Herder)2024
Bewusst und überlegt Älter werden
In sieben Kapiteln bespricht die Autorin Themen, die sich mit dem Älterwerden stellen und denen sich nicht aus dem Weg gehen lässt. Man möchte in diese Lebensphase nicht einfach so hineinschlittern, sondern das für sich Beste daraus machen: Worum geht es beim Älterwerden? Was macht wirklich alt? Wie schaut es aus mit Denkvermögen und Kreativität, mit dem gesunden Geist in einem gesunden Körper? Wie mit Beziehungen, Lebensgemeinschaften, Freundschaften und ihrem Ende? Neben Sachinformationen, für die immer Belege aus der Wissenschaft angeführt werden, und Reflexionen, bei denen die Autorin, die als Coach, Mental- und Wellnesstrainerin auf eine reiche Erfahrung in der Beratung vor allem von Menschen, die gerade Veränderungsprozesse durchlaufen, zurückgreifen kann, liegt ein Schwerpunkt des Buches auf der eigenen Auseinandersetzung mit dem Altern. Diesem dienen vor allem 33 in den Text verteilte „Reflexionen“, unterschiedlich lange Listen mit Impulsfragen zum jeweils besprochenen Thema, die zu beantworten einerseits Zeit, andererseits viel Ehrlichkeit zu sich selbst erfordern. Leider sind Themen wie Religiosität, Glaube, Weltanschauung so gut wie ausgeklammert, obwohl im Zusammenhang mit dem Thema Sterben und Abschied nehmen auf S. 209ff zumindest bemerkt wird, dass religiöse und spirituelle Menschen sich leichter tun, damit umzugehen. (Was sicher nicht nur darauf zutrifft.) Insgesamt gesehen, ein sehr gründlich gearbeitetes Buch, jenseits von oberflächlicher Ratgeber-Literatur, das man nicht einfach so herunterlesen kann, sondern mit dem man sich auseinandersetzen muss - und es im eigenen Interesse - auch sollte. Für alle, die beabsichtigen in Kürze in Pension zu gehen - oder es gerade getan haben - gewiss eine mögliche Sommerlektüre!
Buchtipp Juni 2024
Menschen mit Demenz in der Kirche -
wie eigene Angebote gelingen
Ein gemeinsamer Text der deutschen Bischofskonferenz und
der evangelischen Kirche in Deutschland
Herausgegeben vom Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz
Reihe: Gemeinsame Texte Nr. 29
Den 93 Seiten starken Band erstellte eine Arbeitsgruppe der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit und des Bundesforums Katholische Seniorenarbeit. Die kurzen und leicht lesbaren Texte befassen sich mit Fragen wie: „Leben mit Demenz“, „Menschenwürde und Demenz“, „Trauma und Demenz“, „Wie verändert eine Demenz das Leben der Betroffenen und ihres Umfeldes“, „Welche Aspekte sind in der Begegnung mit dementiell veränderten Menschen wichtig?“, Spiritualität und Demenz - geht das?“. Weiters gehen sie auf die Situation der Angehörigen ein, auf Fragestellungen, die sich für Pfarren ergeben und haben dazu zahlreiche praktische Hinweise gesammelt, die helfen, Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen/ Vertrauenspersonen mehr Teilhabe am Leben der Pfarrgemeinden und darüber hinaus zu ermöglichen.
Eigene Abschnitte gehen ein auf „Demenz und Musik“, wie auf Gottesdienst- und Kirchenraumgestaltung.
Das Heft ist eine gute Grundlage für Pfarren, die sich mit demenzgerechten Gottesdiensten befassen, eine ideale Begleitliteratur bei Fortbildungsveranstaltungen, eine wertvolle Handreichung für alle GottesdienstleiterInnen, MitarbeiterInnen der Pflegeheimseelsorge.
Die Broschüre kann auch heruntergeladen werden:
https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/gemeinsame-texte.html
Buchtipp Mai 2024
Magdalena Widmer
Sag an, wer ist doch diese
Marienandachten
Regensburg (Pustet) 2024
Die hier zusammengestellten Marienandachten falten Titel aus, die Maria im Laufe der Jahrhunderte gegeben wurden und/oder unter denen sie an Wallfahrtsorten verehrt wird (Maria vom Guten Rat, Unsre liebe Frau von der immerwährenden Hilfe, Trösterin der Betrübten, Maria im Elend, Maria Stein, Maria von Dreieichen u.a.m.)
Jedes Modell wird durch eine Farbabbildung mit einer beispielhaften Mariendarstellung ergänzt und enthält eine Erläuterung, Schriftmeditation, Gebet, Lieder, Litanei und auch Vorschläge, Rosenkranzgesätze mit einzubeziehen.
Insofern liegt hier eine ansprechende Kombination von Bausteinen für marianische Andachten im Lauf des Kirchenjahres vor, die je nach Anlass auch untereinander kombiniert werden können.
Das macht sie vor allem für den Gebrauch in der Seniorenpastoral mit ihren unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten (Maiandacht, Andacht in der Pflegestation, Marienfeier im Seniorenklub, Wallfahrt) gut praktikabel. Marienfeiertage, die marianischen Monate Mai und Oktober und andere Anlässe können mit Hilfe dieses kleinen Buches gut gestaltet werden.
Buchtipp April 2024
Giovanni Maio
Ethik der Verletzlichkeit
Freiburg (Herder) 2024
Der Autor - Professor für Medizinethik an der Universität Freiburg - geht von Menschenbildern aus, die bislang (nicht nur) in der Medizin das Denken bestimmt haben, wie z. B. der Mensch als selbstbestimmtes Wesen, als sich selbst genügendes Individuum, als souveräner Unternehmer seiner selbst, oder dass der menschliche Organismus eine reparable Maschine sei... Die Realität aber - und das zeigen die gegenwärtigen Krisen wie Pandemie oder Umweltproblematik und andere - zeigt, dass alles Lebendige, Mensch, Tier und Natur, zerbrechlich und verletzlich ist. Daher stellen sich diese Vorstellungen zwar als undifferenzierte, einseitige Annahmen heraus, doch sind ihre Folgen nicht zu übersehen: alles Leben, das auf andere angewiesen ist, wird als Negativum betrachtet und Verletzlichkeit als Bedrohung der menschlichen Autonomie.
Im Folgenden zeigt Maio auf, dass Verletzlichkeit per se zum Menschen gehört und begründet dies mit seiner Körperlichkeit, seinem Verwiesen sein auf Andere, seinem nicht wegzudiskutierenden Eingebettet-Sein in gegebene Situationen sowie seiner Endlichkeit. All diese Gegebenheiten sind da und können nicht wegdiskutiert werden, Krankheit oder Gebrechlichkeit machen sie besonders deutlich. Maio geht bei seinen Reflexionen darüber zwar von medizinischen Gesichtspunkten aus, doch reichen sie weit ins allgemein Gesell-schaftliche hinein.
Schlussendlich kommt er zu dem Ergebnis, Verletzlichkeit bedeutet, sich mit Veränderungen auseinander setzen zu müssen, was aber vor Erstarrung bewahrt und zu einem Leben in und mit Krisen befähigt. Dies bedeutet aber Weiterentwicklung und neue Erfahrungen, die Sorge vor allem durch die Sorge füreinander gefördert wird. Mit Sorge ist eine Begleitung gemeint, die den anderen fördert und mit ihm Wege erkundet die Situation, in der er jetzt lebt, mit Leben zu füllen. Dieses Bemühen führt zu einem autonomen Menschen, denn autonom kann nicht bedeuten von allem unabhängig zu sein, sondern als ein Mensch, der in vieles eingebettet oder von vielem abhängig ist, seinen eigenen Weg zu finden.
Auf weiten Strecken entsprechen die Reflexionen Maios den Überlegungen zu einer „menschenfördernden Seelsorge im Lebenszusammenhang“ die der ebenfalls in Freiburg lehrende Pastoraltheologe Josef Müller (1931-1998) entwickelte und die zum Proprium der Seniorenpastoral gehören: Verletzlichkeit, Fragilität, Verwundbarkeit nicht als Mangel zu verstehen, sondern als Voraussetzung für Sensibilität, Übernahme von Verantwortung, Miteinander, Entwicklung. Wenn auch über manche Strecken hinweg etwas mühsam zu lesen (Fachsprache, zahlreiche Bezugnahmen auf andere Fachleute, längere fremdsprachige Zitate) ist das Buch ein grundlegender Beitrag zu einer ganzheitlichen Sicht des Menschseins und zu einem anderen Werteverständnis von Altern, Gebrechlichkeit und Krankheit.
Buchtipp März 2024
Elke Schilling
Die meisten wollen einfach mal reden
Strategien gegen Einsamkeit im Alter
Neu Ysenburg (Westen-Verlag) 2024
Nicht nur erst seit Corona, seitdem aber besonders, ist Alterseinsamkeit in einen breiteren Focus gerückt. Elke Schilling war bereits einige Jahre zuvor als Senioren-vertreterin eines Berliner Bezirkes damit konfrontiert und suchte nach Möglichkeiten, etwas dagegen zu setzen. Als ein betagter Nachbar tot in seiner Wohnung gefunden wurde, wurde sie initiativ. Sie griff auf die Idee, der in vergangenen Jahrzehnten - inzwischen fast verschwun-denen - zahlreichen Telefonketten zurück und begründete das „Silbertelefon“, das sich immer mehr zur Initiative „Silbernetz“ entwickelte und weit über Berlin hinaus aktiv ist. (https://silbernetz.org)
Dass „Einsamkeit“ zum beherrschenden Thema der Telefonate wurde liegt auf der Hand, die Erfahrungen aus diesen Telefonaten zu verschriftlichen und daraus Konsequenzen aufzuzeigen, ist eine verdienstvolle Sache, dem Klappentext zufolge erstmals in dieser Ausführlichkeit. Tatsächlich ist das Thema hier systematisch und in einer Breite ausgefaltet, die überrascht. Deutlich wird herausgearbeitet, dass Einsamkeit nicht nur dann gegeben ist, wenn jemand „einsam und allein lebt“, sondern dass sie sich auch zwischen den Zeilen von Vorurteilen, Ängsten, Entscheidungen, Informationsmangel und vielen anderen Gegebenheiten des Älterwerdens verbergen kann.
Die Strategien, die dagegen wirken können, zeigen sich im Text nicht in der Form von Listen, Tabellen, Merksätzen oder Handlungsvorgaben, wie man aus dem Untertitel schließen könnte. Sie stehen eher zwischen den Zeilen der Beispiele, der wiedergegebenen Gespräche, gemeinsam erarbeiteter Strategien und Lösungen und sind so wiederum Beispiel und Wegweisung, wie auf die Einsamkeitsproblematik angemessen zu reagieren ist.
Das Buch ist ein Appell, genau hinzuschauen und hinzuhören, bevor zur Gießkanne mit den „guten Ratschlägen“ gegriffen wird, sowie Bestärkung und Ermunterung für alle, die in alten Menschen keine „Fälle“ sehen sondern Menschen mit Fragen und Antworten, Grenzen und Kompetenzen, Bedürfnissen und Wünschen. Wie andere auch.
Buchtipp Februar 2024
Wunibald Müller
Von der Kunst des Altwerdens
Freiburg (Herder) 2023
Der Autor, Theologe und Psychotherapeut hat über 25 Jahre das Recollectiohaus in Münsterschwarzach geleitet. Seit einigen Jahren ist er in Pension, und mittlerweile ist er 73 Jahre alt. Mit seinem Buch richtet er sich an alle, die über 65 Jahre alt sind und möchte dazu ermutigen, dem Alter „offen ins Gesicht zu schauen“, ganz nach der Erfahrung, wem ich ins Gesicht schauen kann, vor dem habe ich keine Angst. So schreibt sich - so der Eindruck, den das Buch macht - Wunibald Müller von der Seele, was ihn beim Wort „Alter“ selbst beschäftigt oder neu aufgeht, mit dem er trotz seiner langjährigen seelsorgerlichen oder psychologischen Erfahrung offensichtlich nicht in Berührung gekommen ist. Zumindest nicht so, dass es ihn persönlich betroffen gemacht hat. Dass das Thema Alter für ihn eher Neuland ist, zeigt auch, dass er sich oft und gerne auf Zeitungsartikel bezieht bzw. daraus zitiert. (Auch die angegebene Literatur besteht zu einem überwiegenden Teil aus solchen.) So sind auch die Ratschläge und Erkenntnisse, die er weitergibt, nicht unbedingt überraschend: sich der Endlichkeit des Lebens stellen, nicht mehr funktionieren, mehr „leben“, zur Gelassenheit finden, ein Netz von Beziehungen aufbauen und pflegen, den Tod nicht tabuisieren, Zeit nehmen zum Innehalten und Danken. - Sich damit auseinander zu setzen bedeutet für ihn eine „zentnerschwere Last“ zu verlieren. Eine Erfahrung, die jetzt nicht sonderlich neu ist, aber doch immer neu und von jedem einzelnen für sich gemacht werden muss. Dass auch ein bekannter „Seelenarzt“ davon nicht ausgenommen ist, ist dabei direkt tröstlich und entlastend.
Buchtipp Jänner 2024
Hermann Glettler (Hg.)
Hörgott - Gebete in den Klangfarben des Lebens
Innsbruck (Tyrolia) 2023
Lebensnahe Gebete für jüngere und ältere Erwachsene
Der Innsbrucker Bischof hat hier eine beeindruckende Sammlung von etwa 250 Gebeten - in vierzehn Themenbereiche geordnet - zusammengestellt. Der größte Teil stammt von zeitgenössischen Autoren, ein kleinerer aus dem traditionellen kirchlichen Gebetsleben. Einem jeden der Themenschwerpunkte ist eine Hinführung vorangestellt, die darauf eingeht, was z. B. Lobpreis, Dank, Liebe, Bitte, Solidarität, Suchen, Zweifeln... bedeuten kann. Sie variieren - in einer durchaus auch für ein Gebetbuch neuen Sprache - was mit dem Titel „Hörgott“ gesagt werden soll: Gott ist kein Herr-Gott, einer, der in der Ferne thront, sondern einer der hört, anhört, zuhört und da ist.
Insofern kann es keine Befindlichkeit geben, die vom Beten abhält. Die Beispiele dieses Buches dazu sind zahlreich und laden zu eigenen Formulierungen ein. Der Wehmutstropfen des an sich empfehlenswerten Buches ist die kleine schwer lesbare Schrift, in der sowohl die Einleitung: „Die Liebe zählt“ als auch alle vierzehn Hinführungen gehalten sind sowie die graue Schrift, mit der sich zumindest Beterinnen und Beter schwer tun werden, die nicht mehr sooo gut sehen können. Schade. Dennoch an dieser Stelle eine breite allgemeine Empfehlung. Geeignet ist das Buch auch als Geschenk für Eltern von Täuflingen, Hochzeitspaaren, Firmpaten, pfarrlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.