Sonntag 16. Juni 2024
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab.
Joh. 3,16
Predigten von Kardinal Christoph Schönborn

Pfingsten 2015

Predigt von Kardinal Christoph Schönborn zu Pfingsten, im Dom zu St. Stephan, am Sonntag, 24. Mai 2015, im Wortlaut:

Liebe Brüder und Schwestern!

 

Mozart durfte in Salzburg immer nur kurze Messen komponieren. Der Erzbischof war immer sehr ungeduldig. Als dann Mozart freier war, hat er sich wirklich die Zeit genommen und uns die Zeit und die Freude geschenkt, ausführlich die Worte der Liturgie zur Sprache und zur Musik kommen zu lassen. Dementsprechend wir meine Predigt eher „salzburgisch“ sein, also kurz, d.h. mit Stichworten eher, als mit ausgeführter Musik wie bei Mozart.

 

Ich möchte mit Ihnen stichwortartig kurz das Wirken des Heiligen Geistes betrachten. Woran erkennt man ihn? Wie wissen wir, dass der Heilige Geist am Werk ist? Der heilige Ignatius hat gesagt: Das Wichtigste ist das Unterscheiden der Geister. Nicht jeder Geist ist vom Herrn. Es gibt den Ungeist, auch der Zeitgeist ist nicht immer der Heilige Geist, auch wenn es im Zeitgeist manches gibt, was Zeichen des Heiligen Geistes sein kann. Es gilt zu unterscheiden.

 

Das erste und sicherste Unterscheidungsmerkmal gibt uns heute der heilige Paulus. „Keiner kann sagen, Jesus ist der Herr, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet“(1 Kor 12,3). Das heißt, Jesus als den Christus, den Messias, den Sohn Gottes erkennen, das können wir nur mit der Hilfe des Heiligen Geistes. Sonst bleibt Jesus eine interessante Gestalt der Vergangenheit, vielleicht ein Prophet, aber nicht „der Sohn des lebendigen Gottes“(Mt 16,16), wie Petrus ihn bekannt hat. Wie merken wir, dass wir den Herrn, Jesus, als Messias, als Sohn Gottes erkennen? Wir merken es an der Liebe, wenn wir ihn lieben.

 

Brüder und Schwestern, es gibt kein sichereres Kennzeichen des Wirkens des Heiligen Geistes, als wenn in einem Menschen und in einer Gemeinschaft die Liebe zu Jesus lebt. Wenn es eine lebendige Beziehung, eine Freundschaft ist, ein Du, das mich anspricht und das ich anspreche. So können wir darüber betrachten und selber nachdenken: Ist mir Jesus lebendig? Habe ich Freundschaft zu ihm? Oder kann ich mit Petrus sagen „Herr, du weißt alles, du weißt dass ich dich liebe“(Joh 21,17)?

 

Ein zweites Kriterium nennt uns der heilige Paulus, es ist das Kriterium der Einheit. Der Geist Jesu, der Geist Gottes eint. Der Geist der Welt, oder der Ungeist, der Widergeist spaltet. „Durch den einen Geist wurden wir in der einen Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie“(1Kor12,12), anderswo ergänzt Paulus durch „Männer und Frauen“. Alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt. Der Geist Gottes, der Geist Jesu wirkt in der Einheit und manifestiert sich als Einheit. Ein Zeichen für diese Einheit ist das Sprachenwunder von Pfingsten, das in Jerusalem die Sprache der Apostel verstanden, obwohl sie Galiläer waren. Eine Ahnung davon gibt uns die Musik, sie ist eine Sprache, die alle Menschen verstehen. Ich glaube und hoffe es zumindest. Sie spricht alle Menschen an. Jetzt will ich nicht den Song Contest mit Mozart vergleichen, aber es ist bei aller Zwiespältigkeit des Ereignisses eben doch etwas Eindrucksvolles, dass die Musik, die Leidenschaft für den Gesang so viele Menschen rund um die Welt begeistert und fasziniert. Aber der Geist Gottes führt über die Begeisterung hinaus zur wirklichen Gemeinschaft. Das dürfen wir in der Kirche erleben. Die weltweite Gemeinschaft ist heute durch Bischof Peter aus Indien, die Seminaristen sind hier, da sind Österreicher, Deutsche, Polen, Russen, und andere. Auch das zeigt uns, dass die Kirche Weltkirche ist, das ist Weltkirche in Wien.

 

Ein drittes und letztes Kriterium, - es gäbe noch viele andere zu nennen -, nennt uns der Herr selber im Evangelium: die Versöhnung. Wo der Geist Jesu wirkt, dort wirkt Versöhnung. Denn ohne Versöhnung können wir nicht Gemeinschaft haben und können wir nicht Jesus lieben. „Denen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben“(Joh20,23). „Empfangt den Heiligen Geist“. Der Geist Jesu ist der Geist der Versöhnung. Freilich fügt Jesus hinzu: „Wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“. Das heißt, dort wo der Geist der Versöhnung abgelehnt wird, dort kann auch der Geist Jesu nicht ankommen. Versöhnung, Vergebung, und das Ergebnis davon ist Frieden.

 

Diese drei kurzen Betrachtungspunkte gebe ich Ihnen mit. Wenn wir jetzt das Credo hören, dann werden Sie feststellen, es endet mit dem „et incarnatus est“. Es ist ein unvollkommenes, unvollendetes Credo. Auch Mozart hat uns eine Unvollendete hinterlassen. Mit dem „…und er ist Mensch geworden“ endet dieses Credo. Wir werden in einem Moment der Stille nachher innerlich die Fortsetzung des Glaubensbekenntnisses mitbeten können. Vielleicht liegt auch eine wichtige Botschaft darin. In unserem Leben bleibt so vieles unvollendet. Kein menschliches Leben kann sagen: Es ist alles voll verwirklicht! Der Heilige Geist allein vollendet, was bei uns Stückwerk bleibt. Vielleicht hören wir das Credo auch in diesem Sinne. Amen.

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