Dienstag 19. März 2024

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Brauchen wir überhaupt noch offene Kirchenräume?

Braucht es offene Kirchen?

 

 

„Wir würden gerne Menschen für Gott öffnen. Vielleicht müssen wir für viele moderne Menschen dazu einen Schritt zurückgehen, etwas behutsamer und unaufdringlicher werden und zuerst das Haus Gottes für die Menschen öffnen, es ihnen zugänglich machen. Gott wirkt auch selbst in seinem Hause,“ so Markus Hofer, Kirchenführungsspezialist aus Feldkirch.

 


 

Herr Hofer, braucht es für eine zeitgemäße Pastoral die vielen alten, zu erhaltenden Kirchen überhaupt noch?
Verfolgt man verschiedene aktuelle pastorale Mainstreams im innerkirchlichen Bereich, könnte man leicht zu dem Schluss kommen: Es ist keine gute Zeit für Kirchenräume!

 


Keine gute Zeit für Kirchenräume?


 

Die „Geh-hin-Kirche“ ist angesagt. In sehr wörtlicher Lesart sollten wir wie Jesus in den Evangelien hinausgehen zu den Menschen; dort hingehen, wo die Menschen sind. Die Jahrhunderte alten Kirchenräume werden damit schlagartig zum Inbegriff einer vermeintlich ebenso veralteten „Komm-her-Kirche“. Sind etwa Kirchenraumpädagogen damit die letzten Museumswärter einer überholten Pastoral?


Der flapsige Yuppie-Theologe Erik Flügge bekannte in einem Interview sogar, dass jeder abgerissene Kirchenbau für ihn ein Hoffnungsschimmer für die Zukunft der Kirche darstelle. Sind also alte Kirchengebäude irrelevant im Leben der Menschen und pastoral daher sinnlos? Über 1500 Jahre war das Christentum DIE kulturstiftende Kraft im Westen wie im Osten. Diese Rolle haben wir schon Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Widerstand gegen die moderne Welt von französischer Revolution, Aufklärung und Industrialisierung verloren.

 
Aber auch der Kunstbischof Hermann Glettler beklagte unlängst in einem Interview mit der Kirchenzeitung: „Leider gibt es in der religiösen Praxis, oft auch bei religiös sehr Engagierten, kein Gefühl für ästhetische Fragestellungen.“


Haben die Kirchen nun wirklich ausgedient? Sind sie endgültig reif für den Abbruch?

 


Kirchenräume haben eine starke Lobby!


 

Versuchen sie das einmal! Schlagartig wird aus dem verschlafendsten Nest ein gallisches Dorf, das sich mit allen Mitteln schon gegen eine Renovierung wehrt. Menschen von nah und fern, die über das Jahr liturgisch kaum etwas beanspruchen, stehen plötzlich in aller Vehemenz da, wenn man ihrer Kirche scheinbar an den Kragen will. 

 

Sind also Kirchen zwar wenig besucht, aber Identifikationsorte der Menschen der Umgebung?
Wenn es etwas gibt, das an unserer katholischen Kirche gesellschaftlich noch unhinterfragt ist, dann sind es die Kirchenräume. Sie sind vermutlich das einzige, das noch nicht kritisiert wird, sei es berechtigt oder unberechtigt, das einzige, das noch nicht medial veräppelt wird. 

 


Kirchen: Das letzte Unhinterfragte


 

Unsere Kirchen sind, zumindest noch, so etwas wie der steinerne Respekt für das, was die Institution kulturell geschaffen hat, für das, was trotz aller kommerzieller Heilsversprechungen unserer Zeit an Spirituellem fehlt, für das, wofür die Institution eigentlich steht, nämlich Gott. 


Kirchenräume werden kaum als Repräsentation der wenig geliebten Institution Kirche gesehen. Sie stehen vielmehr symbolisch für die transzendente Dimension des Lebens. Wenn wir uns das bewusstmachen, dann sind unsere Kirchenräume eine große pastorale Ressource.

 

Die Menschen schätzen die Kirchengebäude grundsätzlich, sagen Sie, aber erfüllen sie auch einen Zweck für die vielen, die nicht zur regelmäßigen Gottesdienstgemeinde gehören?
Die Kirchen sind gebauter Glaube und im katholischen wie orthodoxen Verständnis auch Haus Gottes. Ich möchte provokant fragen: Trauen wir Gott in seinem Haus noch etwas zu? Oder trauen wir nur unserer eigenen Predigt, unseren eigenen Ideen, Projekten und Aktivitäten? 


Wir würden gerne Menschen für Gott öffnen. Vielleicht müssen wir für viele moderne Menschen dazu einen Schritt zurückgehen, etwas behutsamer und unaufdringlicher werden und zuerst das Haus Gottes für die Menschen öffnen, es ihnen zugänglich machen. Gott wirkt auch selbst in seinem Hause.

 


Kirchen: Gebauter Glaube


 

Kirchenräume sind unaufdringlicher als Katechismus-Unterricht. Genau das ist vielen modernen Menschen wichtig. Deshalb soll das ehrliche Bemühen, Kirchenräume zu vermitteln und erlebbar zu machen, kein versteckter Versuch frommer Belehrung sein, nicht nur in den Kirchenraum verlegter Religionsunterricht. 


Als Haus Gottes, als ‚Mehrzeitenraum des Glaubens‘ wirken diese Räume von sich aus. Es reicht vielleicht schon, wenn wir das zum Sprechen, zur Wirkung bringen können, was sie an Schätzen bergen und uns erzählen wollen. Manchen würde vielleicht schon das Bewusstsein reichen, dass diese Räume jederzeit auch für sie offen stehen.


Für den Theologen Rainer Bucher sind die Kirchen „konkrete Orte unaufdringlicher Antreffbarkeit für die reale Gegenwart des Christlichen heute“.

 

Verstehe ich Sie recht, dass offene Kirchenräume vor allem für die so genannten „Fernstehenden“ wichtig sind? Aber haben wir nicht mittlerweile zu viele Kirchen für immer kleinere Gemeinden?
Wie lange wir unsere vielen Kirchen in Zukunft erhalten können, ist eine offene Frage. In den Niederlanden hat man schon vor langem begonnen, nicht mehr gebrauchte Kirchen zu entweihen, zu verkaufen oder umzuwidmen. Potentielle Interessenten gäbe es genügend, handelt es sich doch um äußerst coole Räume; jetzt auf einmal. Die langfristigen Erfahrungen in den Niederlanden sind allerdings eindeutig: Die institutionell gebundene Religiosität sank noch schneller und stärker, nachdem die symbolischen Räume nicht mehr da waren.

 


Kirchen: Identifikationsorte des Christentums


 

Kirchen in ihrer ausgeprägten Gestalt sind Identifikationsorte des Christentums, vielleicht für die sogenannten treuen Kirchenfernen noch mehr als für die pfarrlich Engagierten. Sie stehen für etwas, das in aller vagen Diffusität für viele Menschen doch noch wichtig ist. Für manche ist es ein sehr numinoser Bezug zum Glauben, der sich aber in den Kirchenräumen verortet, sich mit ihnen identifiziert. Man merkt es manchmal wirklich erst, wenn man eine Kirche abreißen oder umbauen will.

 

Oft hört man aber, dass Gebäude nicht so wichtig wären, Jesus ist es ja auch um die Menschen gegangen.
Natürlich gibt es kein Gebot Jesu, Kirchen zu bauen, aber sie sind unsere Geschichte. Und damit auch ein Teil unserer Identität. Menschen haben zu einer bestimmten Zeit sehr viel aufgewendet, um diese Kirchen zu errichten. Sie haben damit Anliegen verbunden, Ideen in den Bau eingebracht, eine Form für ihre Bedürfnisse gefunden. 


Oft war die noch so unscheinbare Kirche ein Ort, an den Jahrhunderte lang unzählige Menschen gekommen sind mit ihren Freuden und Hoffnungen, ihrer Trauer und ihren Ängsten und haben diese vor Gott gebracht. Entscheidende Wendepunkte des Lebens von Geburt bis Tod haben mit diesem Kirchenraum zu tun. Unzählige Gebete wurden hier gesprochen, Menschen gesegnet, miteinander verbunden, Dinge geweiht. Es sind Orte des Heiligen, die damit auch den Menschen heilig wurden. 


In einer schnelllebigen Zeit, in der alles ständigem Wandel unterworfen zu sein scheint, sind die Kirchenräume wohltuend unveränderliche, steinerne Zeugen unserer Geschichte und Kultur. Je mehr Kultur droht, zum Teil der austauschbaren Unterhaltungsindustrie zu werden, sind solche Denkmäler für eine Gesellschaft unverzichtbar. Manchmal merken das wenig religiöse Menschen noch stärker als die kirchlich Hauptamtlichen, die ihre steinernen Zeugen gelegentlich eher als Klotz am Bein empfinden mögen. 

 


Kirchen: Kulturelles Zeugnis


 

Aus dem Religionsunterricht hört man, wie Jugendliche für Kirchen zu begeistern sind, eben, weil sie für sie völlig unbekannte - während sie sonst doch alles kennen – und doch imponierende Orte sind - „echt cool!“

 

Aber sind Kirchen nicht einfach nur verstaubte Räume, die nur immer kleiner werdenden Gemeinden wichtig sind?
Die Lobby unserer Kirchenräume geht weit über die aktiven Christen hinaus. Manchmal, so scheint es, muss man erst bei Atheisten wieder nachlesen, was für Schätze wir besitzen. 

 


Kirchen: Religion für Atheisten


 

Der poetische Rebell und erklärte Atheist Wolf Wondratschek sagt über Kirchen: „Ich bete nicht, auch in Kirchen nicht, zu Gott. Ich habe nicht das, was die Kirche einen Glauben nennt. Mein Glaube ist mein Schweigen - und ein guter Ort dafür ist eine Kirche, am besten eine leere, menschenleere Kirche. Nicht reden müssen, nicht glauben müssen, nichts sein müssen. Man könnte, wenn man könnte, singen. … 


Mir gefällt das Unbewohnbare von Kirchen. Wohnungen sind Orte, die warten. Sie sind da, wie Menschen da sind. In einer Kirche bin ich allein. Nicht mit Gott allein, sondern mit mir, im besten Fall mit dem wenigen, was ich bin. Ich spüre Erleichterung. Ich höre auf, ein modernes Individuum zu sein. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass alles schon da war, vor mir. Ich bin weiter nichts als Oberfläche, darauf der Schatten eines Zwergs. Nichts gleicht hier seiner Kleinheit. Nichts hier hat, obwohl überdacht, eine Grenze. Das Unsichtbare, eingefasst in hohe Bögen, in Überwölbungen, Kuppeln, in Architektur, Architektur als Kunstwerk, als Ereignis.“

 

 

Braucht es offene Kirchen?

 


Dr. Markus Hofer ist Leiter der Fachstelle Glaubensästhetik der katholischen Kirche Vorarlberg und betreibt dort die Website erlebnis.kirchenraum.at
 

 

Projektbüro offene Kirche

Pastoralamt der Erzdiözese Wien | Stephansplatz 4/VI/2.DG | 1010 Wien

 

Niki Haselsteiner

 

01/515 52-3593

0664/515 52 67

n.haselsteiner@edw.or.at

 

 

 

Pastoralamt der ED. Wien Offene Kirche
Pastoralamt der ED. Wien Offene Kirche
Stephansplatz 6/5/503
1010 Wien

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