Erziehungsberatung
„Ich weiß, ich habe vieles falsch gemacht.“ – Dieser Satz fällt immer wieder in der Erziehungsberatung und drückt die Hilflosigkeit vieler Eltern im Umgang mit ihren Kindern aus.
Die Idee, es gäbe „richtige“ und „falsche“ Erziehung, ist weit verbreitet. Dabei wird die unmittelbare Wirkung erzieherischer Maßnahmen oft überschätzt. Stellt sich der gewünschte Erfolg nicht ein, reagieren Eltern enttäuscht und erleben sich als unzulänglich. Das kann wiederum dazu führen, dass die Schuld beim Kind gesucht wird. Dieses wird als stur, schwierig, unzugänglich, gestört, bösartig wahrgenommen. Kinder und Jugendliche sind aber darauf angewiesen, dass wir nicht verzweifeln. Sie müssen merken können, dass sie auch dann noch geschätzt werden, wenn sie nicht alles tun, was wir wollen.
Menschen, die miteinander leben, sind füreinander Umwelt. Erziehung (Veränderung) wird möglich durch Änderung dieser Umwelt. Der am ehesten beeinflussbare Teil in der Umwelt des Kindes sind die Erziehenden. In der Beratung wird daher mit den Eltern überlegt, wie sie die Beziehung zwischen ihnen und ihren Kindern gestalten können, sodass gute Momente im Zusammenleben wieder wahrscheinlicher werden. Eltern können lernen, ihre Kinder mit neuen Augen zu sehen, ihnen Struktur vorzugeben, eine positive Atmosphäre zu gestalten, ihren Kindern Raum zu geben und sie zu leiten.
Wird Erziehung so verstanden, geht es nicht um „richtig“ oder „falsch“. Vielmehr kann sich ein Zusammenspiel zwischen Erwachsenem und Kind entwickeln, bei dem der Erwachsene aufmerksam und feinfühlig auf die Reaktion des Kindes achtet und daraus sein weiteres Handeln (oder Lassen) ableitet.
Erziehung kann dann eher wieder spontan erfolgen, - durchaus mit dem Risiko, dass einzelne Entscheidungen in der eigenen Bewertung rückblickend als „falsch“ oder „ungeeignet“ gesehen werden. Sagt man das dem Kind und entschuldigt sich gegebenenfalls, kann das Kind lernen, dass auch Erwachsene nicht perfekt sind. Kinder und Jugendliche erleben dadurch eine gleichwürdige Beziehung zwischen sich und dem Erwachsenen, ohne dass dieser seine Elternrolle aufgibt.
„Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen. Das Trinken ist seine Sache. Aber selbst, wenn das Pferd durstig ist, kann es nicht trinken, solange Sie es nicht zum Wasser führen. Das Hinführen ist Ihre Sache.“
(Gregory Bateson)
Literaturtipp:
Jesper Juul: Das kompetente Kind, Hamburg 1997
Tsirigotis/von Schlippe/Schweitzer-Rothers (Hrsg.): Coaching für Eltern – Mütter, Väter und ihr „Job“, Heidelberg 2006