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(Palästina)

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„Stell dich in die Zeit, bereit für ihre Fragen!“

Hildegard Burjan (1883 – 1933) war eine Pionierin beim Mitmischen. Sie verstand es, Gegensätze zu verbinden und mit Spannungen zu leben. Etwas, das auch wir heute gut gebrauchen könnten.

Hildegard Burjan war eine Pionierin beim Mitmischen. Unser Jahresthema: einmischen.mitmischen.aufmischen hätte ihr gefallen! Sie hätte vermutlich nur noch ‚und ausruhen‘ hinzugefügt. Aus der Spannung von Aktion und Kontemplation – von ‚hinausgehen und die Welt verändern‘ und dem Rückzug zu sich selbst und zu Gott – hat sie ihre Kraft und ihr Gleichgewicht gefunden. Ihr kurzes, von Krankheit geprägtes Leben, sprühte vor Dynamik und der Lust, Unrecht v.a. gegenüber Frauen, nicht tatenlos hinzunehmen. Sie erkannte politische und wirtschaftlichen Zusammenhängen von sozialen Missständen und leistete nicht nur Hilfe im Einzelfall. Vielmehr wollte sie – nicht zuletzt durch ihr politisches Engagement – Strukturen nachhaltig verändern, um so die Ursachen der Not zu beseitigen. Eine Frau, mit vielen interessanten Facetten!

 

Hildegard Burjan wurde 1883 in Görlitz (DL) geboren und entstammte einer jüdischen Familie. Als kleines Mädchen schaute sie oft aus dem Fenster und sah in den gegenüber liegenden Klostergarten der Borromäerinnen. Sie fragte ihre Mutter: „Was machen die Frauen?“ Die Mutter antwortet: „Sie beten zu ihrem Gott.“ Und Hildegard erinnerte sich später, dass sie ab diesem Zeitpunkt große Sehnsucht hatte, auch beten zu können. Nach ihrer Schulzeit in Berlin und Zürich begann sie Germanistik, Anglistik, Philosophie und Nationalökonomie (Wirtschaft) zu studieren, was damals für Frauen noch sehr ungewöhnlich war. Ihr junges Leben war geprägt vom Suchen, Fragen, Philosophieren und sozialen Engagement. Wichtig war ihr stets „an der Fortbildung der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten“.

 

Mit 26 Jahren wurde sie lebensbedrohlich krank. Dank liebevoller Pflege von Ordensfrauen, konnte sie am Ostersonntag 1909 geheilt entlassen werden. Das markierte eine Wende in Hildegards Leben und sie beschloss: „Dieses neu geschenkte Leben muss ganz Gott und den Menschen gehören.“ Sie lässt sich taufen.

 

Aus beruflichen Gründen ihres Mannes übersiedelte sie kurz darauf nach Wien. Burjan schloss sich katholischen, sozial engagierten Kreisen an, die die Gedanken der ersten Sozialenzyklika ‚Rerum Novarum‘ (heuer begehen wir ihr 130jähriges Jubiläum) umsetzten. Sie wollten die Lebensumstände der Heimarbeiterinnen Wiens kennenlernen und verbessern. Heimarbeiterinnen waren Frauen, die zu Hause Handarbeiten verrichteten, was oft verbunden war mit Kinderarbeit und Ausbeutung durch Fabrikanten, die keine gerechten Löhne zahlten. Hildegard Burjan gründete den „Verein der Heimarbeiterinnen Wiens“, damit die Frauen gemeinsam ihre Arbeitsbedingungen verbessern, gerechte Löhne verhandeln konnten und im Verein Bildung und Absicherung im Krankheitsfall bekamen. Es ging ihr nicht um Almosen, sondern um Gerechtigkeit.

 

Gleichzeitig zeigte sie wohlhabenden Frauen deren Verantwortung beim Einkauf auf: „Kaufen wir nur bei gewissenhaften Kaufleuten, drücken wir nicht so sehr die Preise, verlangen wir von Zeit zu Zeit von den Fabrikanten Rechenschaft über den Ursprung der Waren! Nur zu oft ist es die wohlhabende Frau, die die Kaufleute zwingt, zu unmöglichen Bedingungen zu liefern und dies geschieht immer auf Kosten der armen Heimarbeiterinnen.“ Heute nennen wir das Fairtrade – ein Anliegen, das auch die kfb stark vertritt.

 

„Volles Interesse für die Politik gehört zum praktischen Christentum.“  

Am 16. Februar 1919 fanden die ersten Wahlen zur deutsch-österreichischen Nationalversammlung statt, bei denen Frauen zum 1. Mal wählen durften. Hildegard Burjan setze sich dafür ein, dass sich auch Frauen politisch betätigten und ermutigte sie, ihr politisches Gewicht verantwortungsvoll zu nutzen. Sie selbst zog als erste christlich-soziale Abgeordnete neben 7 Sozialdemokratinnen ins Parlament ein. Sie war überzeugt: „Die Not der Zeit braucht alle Staatsbürger(innen würden wir heute ergänzen). Auf die Mitarbeit der Frauen auch im öffentlichen Leben kann nicht länger verzichtet werden.“

 

Beispielgebend und mehr als aktuell ist Hildegard Burjans politischer Einsatz über die Parteigrenzen hinweg. Gemeinsam mit ihren sozialdemokratischen Kolleginnen setzte sie das Hausgehilfinnengesetz durch - das erste Gesetz von Frauen für Frauen. Es zeichnete sie aus, um der Sache willen das Verbindende suchen: „Je fester ein Mensch von seiner Weltanschauung überzeugt und durchdrungen ist, je mehr ihm seine Gesinnung heiligste Herzenssache ist, desto ruhiger erträgt er andere Meinungen, desto mehr sucht er überall das Versöhnende, Verbindende heraus und ignoriert bei gemeinsamer Arbeit das Trennende.“

 

Ihre Anliegen waren damals schon gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Arbeitnehmerinnenschutz und Bildung. Sie wurde als erste Sozialministerin vorgeschlagen, schied aber schon 1920 wieder aus dem Parlament aus. Grund dafür war der Antisemitismus in der eigenen Partei.

 

Erster Grundsatz: „Ruhet ein wenig aus“

Hildegard Burjans soziale Tätigkeit führte sie mit vielen engagierten Frauen zusammen, die sie zu Exerzitien einlud. Daraus entstand 1919 schließlich die Schwesterngemeinschaft ‚Caritas Socialis‘, mit dem ungewöhnlichen 1. ‚Gebot‘: Ruhet ein wenig aus. Vorbild dabei waren die beiden biblischen Frauen Martha und Maria – die Verbindung von Aktion und Kontemplation als großes Ideal. Es ging ihr darum, dass sozial Tätige „immer wieder zurückfinden zur Ruhe mit Gott und in Gott“.

Eine verheiratete Frau als Vorsteherin einer Schwesterngemeinschaft war etwas komplett Neues und damals kirchenrechtlich nicht vorgesehen. Burjan glaubte jedoch auch gegen spöttische Bemerkungen an diese neue Form: „... etwas Neues, der Zeitnot angepasst, keine Klausur oder Einengung durch klösterliche Formen, beweglich und immer einsatzbereit für jede Not.“

 

Es gab eine Vielzahl von Spannungen im Leben Hildegard Burjans: als Frau in männerdominierten Bereichen (Studium, Politik, Kirche), als berufstätige, sozial engagierte Mutter, als verheiratete Frau, die einer Schwesterngemeinschaft vorstand und als wohlhabende Frau, die sich für die Rechte und guten Lebensbedingungen der ärmsten Bevölkerung engagierte. Nicht umsonst war das Motto ihrer Seligsprechung am 29.1.2012 „Mit Spannungen leben“. Sie wurde als erste und einzige demokratisch gewählte Politikerin seliggesprochen und es war die 1. Seligsprechung, die im Wiener Stephansdom stattgefunden hat.

 

Hildegard Burjan suchte Gott in der Wirklichkeit des eigenen Lebens und der Gesellschaft. Sie brachte neue – vor allem soziale – Impulse in den österreichischen Katholizismus ein und war überzeugt: Kirche muss zu den Menschen gehen und nicht warten, bis die Menschen zur Kirche kommen.

 

Gedanken zum Schluss: Hildegard Burjan heute

Gerade jetzt erfahren wir ein Leben in Spannungsfeldern, die nicht einfach aufzulösen sind – Stichwort Umgang mit Corona, Flüchtlingspolitik, Perspektiven für die Zukunft…

Die Suche nach unserer Position und unserem Beitrag angesichts der Zeichen der Zeit ist auch heute eine Herausforderung für jede einzelne von uns. Was würde Hildegard Burjan uns raten?

 

 

„Stell dich in die Zeit, bereit für ihre Fragen.

Spann den Bogen weit, Neues kannst du wagen.

Du bist von Gott gehalten und findest SEINE Spur.“

(Hildegard Burjan Lied)

 

 

Zusammenfassung von Silvia Schreyer-Richtarz des Vortrags
von Sr. Karin Weiler CS am 11.1.2021,

nachzusehen im Livestream: https://www.youtube.com/watch?v=eENZHr-zu-k

 

 

 

 

 

Hörtipp:
Hildegard Burjan Lied (Text Sr. Karin Weiler, CS, Musik: Martin A. Seidl 2011); die CD ist um € 16,- bei Martin A. Seidl zu erwerben.

Notenblatt

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