Termine statt.
Termine statt.
In weiten Teilen der westlichen Welt befinden sich Diözesen und Pfarren in einem Prozess der Umstrukturierung. Das Dokument zeigt in diesem Zusammenhang einige grundlegende Herausforderungen auf und versucht dazu die aktuellen lehramtlichen Texte und kirchenrechtlichen Bestimmungen darzustellen. Sie bringt also inhaltlich nichts Neues sondern ist eine Zusammenschau des Vorhandenen aus der Perspektive der Kleruskongregation. Ich greife hier einige zentrale Themen des Textes auf, die ich als Impuls herauslese:
Das klassische Verständnis der Pfarre ist von einem bestimmten Gebiet geprägt. Das Leben sehr vieler Menschen ist aber längst nicht mehr auf das Territorium einer Pfarre begrenzt: Wohnort, Berufsausübung, Freizeitaktivitäten und ehrenamtliches Engagement spielen sich oft an verschiedenen Orten ab und zusätzlich – auch unterstützt durch die Coronakrise – haben die digitalen Medien große Bedeutung für die Kommunikation bekommen. Das Dokument macht ganz deutlich: die Ausgangssituation in der Pfarren sich befinden hat sich fast überall grundlegend verändert.
Die Instruktion zitiert gleich am Beginn in Nr. 3 Papst Franziskus in Evangelii gaudium Nr. 49, ich zitiere den gesamten Abschnitt:
„Brechen wir auf, gehen wir hinaus, um allen das Leben Jesu Christi anzubieten! Ich wiederhole hier für die ganze Kirche, was ich viele Male den Priestern und Laien von Buenos Aires gesagt habe: Mir ist eine „verbeulte“ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist. Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist, der Mittelpunkt zu sein, und schließlich in einer Anhäufung von fixen Ideen und Streitigkeiten verstrickt ist. Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben, ohne eine Glaubensgemeinschaft, die sie aufnimmt, ohne einen Horizont von Sinn und Leben. Ich hoffe, dass mehr als die Furcht, einen Fehler zu machen, unser Beweggrund die Furcht sei, uns einzuschließen in die Strukturen, die uns einen falschen Schutz geben, in die Normen, die uns in unnachsichtige Richter verwandeln, in die Gewohnheiten, in denen wir uns ruhig fühlen, während draußen eine hungrige Menschenmenge wartet und Jesus uns pausenlos wiederholt: » Gebt ihr ihnen zu essen! « (Mk 6,37).“
Dieser Text ist für mich eine Einladung mutig zu sein. Ich sehe dankbar, dass in den letzten Jahren in der Diözese viele Pfarren den Blick nach außen verstärkt haben: in der Flüchtlingskrise, in der Coronakrise, in vielfältigen Einladungen, den eigenen Glauben zu entdecken und zu vertiefen. Da ist viel gewachsen und wir haben gleichzeitig noch viel Luft nach oben.
Inmitten aller Veränderungen wird christlicher Glaube immer in gelebter Gemeinschaft konkret, gerade auch im Bereich der Pfarre. In all ihrer Vielfalt sind Pfarren Orte, wo Menschen miteinander und mit Jesus in Berührung kommen, um aus seinem Geist heraus die Freude an seiner Botschaft mit anderen zu teilen und einen Beitrag zu einer menschenwürdigen Welt zu leisten.
Strukturelle Veränderungen leisten einen Beitrag, dass Kirche besser dazu in der Lage ist aus der Leidenschaft Jesu die Welt zu gestalten. Deshalb braucht eine Neugestaltung kirchlicher Strukturen einen achtsamen Blick auf die Gegebenheiten vor Ort. „Unterscheidung“ ist dabei der zentrale Begriff. Was ist aus Gewohnheit lieb geworden und was dient dazu, dass Kirche mehr und leidenschaftlicher ihren Auftrag erfüllen kann?
Die Instruktion betont beides: die Würde des Volkes Gottes und die Bedeutung des Amtes. Besonders deutlich wird diese Spannung am Verwendung des Begriffes „Leitung“. Im katholischen Sprachgebrauch ist dieses Wort heute untrennbar mit dem Amt und damit auch der Leitung der Eucharistiefeier verbunden. „Amt“ ist damit so etwas wie die institutionalisierte Form, um Kirche in der Spur Jesu zu halten. Das ist eine gewagte Aussage, deshalb einige Aspekte dazu:
Ich lese den Text als Ermutigung für unseren diözesanen Weg, der – bewusst in dieser Reihenfolge – durch die Stichworte Mission – Jüngerschaft und Struktur umrissen ist. Ich wünsche mir für unsere Diözese, für die Weltkirche und für die römischen Dikasterien ganz im Sinn von Papst Franziskus den Mut zu einer „verbeulten Kirche“, die verletzt und verschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist. Und ich wünsche uns, dass wir einander von der Freude, die wir dabei erfahren erzählen können, sodass wir geduldig und beharrlich daran arbeiten, dass Kirche und ihre notwendigen Strukturen den Menschen und dem Leben dienen. Ich bin sehr dankbar für die vielen Frauen und Männer in unserer Diözese, die sich hier mit großer Leidenschaft einbringen. Es tut mir leid, wenn sich Menschen durch Dokumentes wie dieses irritiert sind: als Dokument der Kleruskongregation hat es stark die Amtsträger im Blick und macht damit die große Herausforderung deutlich, dass es noch viel stärker Strukturen braucht, wie alle aufgrund ihrer Taufe an Entscheidungen beteiligt werden können.