„Nehmen wir den Frauen nicht ihre Stimme!“
Die monatliche Videobotschaft des Papstes steht im April unter dem Motto „Für die Rolle der Frauen“ und verweist auf die nach wie vor existierende, vielfach auch gewaltdurchsetzte Diskriminierung von Frauen. Indem Papst Franziskus fordert, dass sich „Regierungen […] verpflichten [müssen], überall auf der Welt diskriminierende Gesetze zu beseitigen und sich dafür einzusetzen, dass die Menschenrechte der Frauen garantiert werden“, zählt er zu den wenigen weltpolitischen Funktionären, die den Punkt 5 „Geschlechtergerechtigkeit“ der Agenda 2030 der Vereinten Nationen öffentlich ins Gespräch bringt.
Die Agenda mit ihren 17 nachhaltigen Entwicklungszielen, bekannt als Sustainable Development Goals, wurde 2015 von allen damals 191 Mitgliedstaaten der UN verabschiedet und setzt sich unter SDG 5 die weltweite Abschaffung aller Formen von Diskriminierung gegenüber Frauen und Mädchen zum Ziel. Wenn Papst Franziskus in seiner Videobotschaft für die finanzielle Unterstützung von Frauen plädiert und weibliche Genitalverstümmelung als drastisches Beispiel misogyner Gewalt anprangert, spricht er zwei bedeutende Punkte aus dem internationalen Maßnahmenkatalog an. Die Katholische Frauenbewegung sieht in dieser Fürsprache gegen Diskriminierung die notwendige öffentliche Thematisierung eines schwergewichtigen Gesellschaftsthemas und wertschätzt den Debattenanstoß des Papstes.
Gleichzeitig möchte die kfb diesen Anstoß nutzen, auf zwei Konflikte im Gespräch über Frauendiskriminierung im Allgemeinen und insbesondere innerkirchlich einzugehen. Die Videobotschaft des Papstes ist nicht nur eine verbale Mitteilung, sondern auch eine Aussage in Bildern. Letztere zeigt die entscheidende und so problematische Lücke zwischen gut gemeinten Worten und eingesetzten Symbolen: Ein Video, das mit dem Bild einer weinenden Frau einsetzt, stärkt das gesellschaftliche Klischee von vermeintlich schwacher, hilfloser Weiblichkeit. Geschlechtergleichheit beginnt in den Köpfen der Menschen und ihren eingeprägten Geschlechterbildern. Damit Worte gegen Diskriminierung fruchten können, braucht es Botschaften ohne Stereotype.
Die Notwendigkeit, die Darstellung von Rollenbildern allumfassend zu reflektieren, gibt die Katholische Frauenbewegung an dieser Stelle als synodale Rückmeldung an den Vatikan. Es ist unumgänglich mit eigenem Vorbild voranzugehen und Geschlechtergerechtigkeit zuvorderst in den eigenen Strukturen zu veranschaulichen. Die kfb nimmt Papst Franziskus daher in seiner Aprilbotschaft auch und vor allem im Hinblick auf die Kirche selbst beim Wort: „Nehmen wir den Frauen nicht ihre Stimme“, sagt Papst Franziskus im Video. Diese Aussage muss auch für die Frauen in der Katholischen Kirche gelten. „Wir haben diese Stimme nicht“, so kbfö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl, „weil Frauen von den geweihten Ämtern ausgeschlossen sind. Die Römisch-Katholische Kirche übersieht, dass sie durch die eigene Struktur und die unterschiedliche Aufgabenzuteilung zwischen den Geschlechtern zur Unterdrückung von Frauen beiträgt.“
Der Blick nach außen ist wichtig, der Blick nach innen ist entscheidend. Der weltweite Einsatz katholischer Organisationen und ihrer Mitwirkenden gegen Diskriminierung von Frauen ermöglicht ein Vorankommen in der Durchsetzung von Geschlechtergerechtigkeit, vor allem im globalen Süden. Die kfb kann hier kontinuierlich mit ihren von der Aktion Familienfasttag geförderten Frauenprojekten beitragen. Dass es dabei aber stets ein Hinterfragen des eigenen Denkens und Handelns braucht, lehrt nicht zuletzt der Brief an die Galater. Hier heißt es „Jeder prüfe sein eigenes Tun“ (Gal 6,4) als Ermahnung daran, den blinden Fleck des eigenen Selbst in Augenschein zu nehmen. „Wo hierarchisch-klerikale Strukturen herrschen, die ausschließlich männlich sind,“ so Angelika Ritter-Grepl, „finden fraueninklusive Vorhaben keinen Nährboden. Wenn wir in der Welt nachhaltig etwas verändern und ernsthaft auf die Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen hinarbeiten wollen, dann müssen wir jetzt auch in der Katholischen Kirche den Frauen die Türe zur gleichberechtigten Mitwirkung öffnen.“
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