
„Wer die Hl. Schrift nicht kennt, der kennt Christus nicht“, das ist ein Zitat, das dem hl. Kirchenvater Hieronymus zugeschrieben wird. Er war ja ein berühmter Bibelwissenschaftler (so würde man heute sagen) berühmt durch seine Bibelübersetzung (Vulgata, Übersetzung in die lateinische Sprache). Nun, der Hl. Paulus hat viel zur Hl. Schrift beigetragen, die ältesten Schriften des Neuen Testamentes stammen sozusagen aus seiner Feder. Das sind die Briefe des Apostels Paulus die er an die von ihm gegründeten Gemeinde geschrieben hat, um ihren Glauben zu festigen u zu stärken. 13 Briefe des Neuen Testamentes nennen ihn als Verfasser und auch wenn nicht alle von ihm persönlich geschrieben worden sein dürften, so hat er doch durch seine Schüler bzw. Menschen gesprochen, die sich auf ihn berufen haben. Der 1 Korintherbrief z.B., geschrieben um das Jahr 55 n. Chr., ist somit älter als die Evangelien und gibt das Urgestein unseres christlichen Glaubens wieder.
Aber bis es soweit kommen konnte, musste etwas Entscheidendes geschehen und von dem berichtete uns vorhin die Lesung aus der Apostelgeschichte (=Apg). Aus dem Saulus, dem gesetztestreuen Juden und Christenverfolger, musste erst ein Paulus werden und dieses Ereignis war so wichtig, dass es gleich mehrmals in der Apg. erzählt wird. Saulus verabscheute die Christen und konnte sich keinen gekreuzigten Messias vorstellen und so bedeutete für ihn der Erlebnis vor den Toren von Damaskus eine fundamentale Wende des Lebens.
Interessant finde ich, dass die Stimme vom Himmel, die zu Saulus spricht, sagt: “Saulus, Saulus, warum verfolgst du MICH?“ Saulus antwortete: „Wer bist du Herr?“ und die Stimme antwortete: „Ich bin Jesus, der Nazoräer, den du verfolgst“. Nun war ja offensichtlich, dass Saulus die Christen verfolgte und nicht Jesus selber, der ja schon gestorben und - wie wir glauben - auferstanden war. Christus, der auferstandene Herr, solidarisiert sich also mit den verfolgten Christen – damals wie heute – so sehr, dass er sagen kann: „Warum verfolgst du mich?“ und damit die Verfolgung auf sich selber bezieht. Später wird in einem Paulusbrief davon gesprochen, dass die Kirche ein Leib ist und wenn ein Glied leidet, dann leiden alle anderen mit ihm. Christus aber ist das Haupt dieses Leibes, gehört also dazu und hält den Leib zusammen. Deshalb ist es auch in unserer Zeit wichtig, die verfolgten Christen, die bedrängte Kirche nicht zu vergessen, sondern an sie zu denken, für sie zu beten und so die Einheit und Zusammengehörigkeit im gemeinsamen Leib zum Ausdruck zu bringen.
Saulus wird schließlich in Damaskus von Hananias geheilt, der ein Jünger Jesu war und von ihm dazu beauftragt, den Willen Gottes zu erkennen und vor allen Menschen ein Zeuge des Herrn zu werden. Ein Zeuge dafür, was er gesehen und gehört hat. „Steh auf, lass dich taufen und deine Sünden abwaschen und rufe seinen Namen an“. So endet die Lesung aus der Apostelgeschichte, die wir vorhin gehört haben. Ein Zeuge des Herrn zu sein oder immer mehr zu werden, dazu sind auch wir mit unserer Taufe und Firmung berufen. „Ein Christenleben besteht nicht in Worten, sondern in Erfahrung. Nicht von der Lebenserfahrung ist hier die Rede, sondern von der Erfahrung Gottes“, diese Worte, die vom evangelischen Theologen und Widerstandskämpfer Dittrich Bonhoeffer stammen, sind mir in diesem Zusammenhang in den Sinn gekommen. Oder mit dem katholischen Theologen Karl Rahner gesprochen: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein“. Habe ich etwas mit Gott erfahren? Und wenn ja: wie kann ich davon Zeugnis geben? Das müssen keine Worte sein, ich kann auch durch mein Leben Zeugnis von Gott ablegen, durch die Art und Weise wie ich es lebe und meinen Alltag gestalte. Aber irgendetwas soll durch mich, durch uns, wenn wir Christen sind, schon für andere transparent werden.
Zum Schluss der Lesung aus der Apostelgeschichte hat es -an Saulus gerichtet - geheißen: “Lass deine Sünden abwaschen und rufe seinen Namen an“. Für das Abwaschen der Sünden gibt es heute in der katholischen Kirche das Bußsakrament, die hl. Beichte. „Und wer den Namen des Herrn anruft, der betet. Dazu hat uns Papst Franziskus jüngst aufgerufen, nämlich zu einem Jahr des Gebetes, das der Vorbereitung zum Hl. Jahr 2025 dienen soll. Das ist ein großes Jubiläumsjahr für unsere Kirche weltweit und dafür sollen die Gläubigen, so der Papst ihr Herz bereit machen. Damit das, was durch den Apostel Paulus begonnen hat, auch heute in unserer Zeit weiter wirken und seine reiche Frucht bringen kann.
Lesung: Apg. 22, 1a.3-16