Ich durfte in der Botschaft des vergangenen Monats berichten, dass es uns einigermaßen gut geht. Aber auch, dass mit vielen Absagen zu rechnen wäre, sollte die Corona-Plage weiterhin anhalten. Nun, es ist tatsächlich so gekommen, dass die Zahl der Infizierten massiv angestiegen ist und die Situation strengere Maßnahmen erforderlich machte.
Den Monat November durften wir am Allerheiligentag noch mit einer wunderschönen Messe feierlich beginnen und es wäre schön gewesen, wenn es so weitergehen hätte können. Leider musste die Regierung zur Eindämmung der Pandemie neuerliche Einschränkungen anordnen und einen Lockdown light verkünden. Für uns bedeutet das eine erneute Absage von geplanten Terminen und einen Umstieg auf andere Kommunikationswege (wie z.B. Online-Treffen oder Zoom Calls). Momentan kann nichts fix geplant werden, denn die Situation ändert sich weiterhin ständig.
Der Kirchenbesuch wurde zum Glück nicht angetastet. Wir können uns nach wie vor – sehr achtsam – zum Gottesdienst treffen. Eine Anmeldung ist nicht nötig, es muss aber ein Abstand von mindestens 1,5 Metern eingehalten und der Mund-Nasen-Schutz während der ganzen Messe aufbehalten werden. Da mit der neuen Verordnung eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 20:00 und 6:00 Uhr verhängt wurde, haben wir die Abendmessen in der Muttergotteskirche auf 18:00 Uhr vorverlegt. In der Pfarrkirche Maria Geburt bleibt es bei 19:00 Uhr, aber die Messen werden kurz gehalten, damit jeder wieder rechtzeitig nach Hause kommt.
Gleich zu Beginn des Monats wurden wir durch das fürchterliche Attentat in der Wiener Innenstadt in einen Schockzustand versetzt. Da beginnen wir zu begreifen, dass vieles, was uns selbstverständlich erscheint, nicht selbstverständlich ist. Es macht uns betroffen und nachdenklich. Ängste vor dem Terror, die bis jetzt im Fernen lagen, stehen plötzlich vor der Tür. Dennoch leben wir immer noch in einem friedlichen Land, das für viele erstrebenswert ist. Politik, Legislative, Exekutive versuchen ihr Bestes zu geben, damit Infrastruktur, Gesundheitswesen und Wirtschaft funktionieren und wir unser Leben friedlich gestalten können. Dafür seien sie herzlich bedankt.
Was mich an diesem schrecklichen Tag besonders berührt hat, war die Zivilcourage und Menschlichkeit, die die beiden türkischstämmigen jungen Männer Recep Tayyikp Gültekin und Mikail Özem sowie der junge Palästinenser Osama Joda Abu El Hosna zeigten, als sie einem angeschossenen Polizisten das Leben retteten. Wie leicht hätten sie in dieser Situation ebenfalls für Attentäter gehalten werden können. Da kann ein Wimpernschlag über Leben retten oder Leben verlieren entscheiden. Für mich sind sie das Licht im Dunkel, der Beweis, dass Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft siegen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was Solidarität bedeutet und kann es daher nicht genug schätzen.
Friede ist ein Begriff der Transzendenz, ein Synonym für Himmel. Es ist der Zustand, den es anzustreben gilt. Aber nicht irgendwo, sondern hier auf Erden, in unserem Land, in unserer Stadt, in unseren Familien, in uns selber. Zusammenhalt und Solidarität sind zwei solcher Sprossen auf dieser Himmelsleiter. Wer den Himmel hier auf Erden sucht, wird ihn auch finden.
Möge Gott uns dabei helfen, wünscht
Euer Pfarrer Cliff Pinto