Antworten von Kardinal Christoph Schönborn in der Tageszeitung HEUTE am 7.11. 2025
Eine Muslimin wurde im Fernsehen gefragt: „Stört es Sie nicht, dass es in Österreich so viele Kreuze gibt?“ Ihre Antwort: „Nein! Es tut mir gut zu wissen, dass in Österreich viele Menschen an Gott glauben“. Stört es uns, wenn Menschen, alte und junge, ihren Glauben öffentlich zeigen? Durch ihre Kleidung, durch bestimmte Zeichen? Ich bin an meiner Kleidung als Priester kenntlich. Im Bus im 20. und im 2. Bezirk sehe ich jüdische Kinder mit der Kippa, gelegentlich auch Sikhs mit dem Turban und viele muslimische Frauen mit dem Hijab, dem Kopftuch.
Der österreichische Staat ist weltanschaulich neutral. Er achtet die Religionsfreiheit, auch für die religiöse Erziehung durch die Eltern. Deshalb soll der Staat nur dort eingreifen, wo die Eltern das Kindeswohl gefährden. Die österreichischen Bischöfe haben sich deshalb zum geplanten Gesetz des Kopftuchverbots ausführlich kritisch geäußert. Es sieht nach einem Eingriff in die Religions- und Erziehungsfreiheit aus. Österreich hat einen beneidenswerten Religionsfrieden. Für ihn sind wir alle miteinander verantwortlich. Wollen wir eine Gruppe davon ausgrenzen?