"Da die Volkskirche schrittweise zerfällt, geht es nunmehr darum, dass die Menschen verstehen, worum es im Christentum geht um sich dann selbständig und aktiv dafür zu entscheiden", so Beck.
"Da die Volkskirche schrittweise zerfällt, geht es nunmehr darum, dass die Menschen verstehen, worum es im Christentum geht um sich dann selbständig und aktiv dafür zu entscheiden", so Beck.
Wiener Moraltheologe und Mediziner, Matthias Beck: "Sich auf Heiligen Geist einzulassen, führt nicht zu einer weiteren Fremdbestimmung, sondern ermöglicht Selbstbestimmung und Selbstwerdung".
Jesus hat die Menschheit, im speziellen seine Jünger, nach dem Heimgang zum Vater in den Himmel nicht einfach verwaist zurückgelassen. Einem inneren Kompass gleich und als zentrales Bindeglied zwischen Gott und Mensch gedacht, sandte er viel mehr den Heiligen Geist in die Welt, der seither im Inneren der Menschen wirkt. So erläuterte der an der Universität Wien lehrende Moraltheologe Matthias Beck den theologischen Kern von Pfingsten. Gerade in einer aufgeregten und desorientierten Welt liefere der Heilige Geist Orientierung, Klarheit, Anleitung zum richtigen Leben und führe so zum Guten, zur inneren Freiheit und zur Fülle des Lebens.
Beck lieferte im Gespräch mit "Kathpress" prompt auch eine "Anleitung" für einen Nährboden, auf dem der Geist wachsen könne: Es gelte, diesen durchzulassen, ihn nicht zu blockieren, immer wieder still in sich hineinzuhorchen, auf ihn zu hören und in sein Wirken einzuschwingen - "gemeinhin bekannt als beten", so Beck. Als Teil des Gewissens und Stimme der Wahrheit treibe der Heilige Geist den Menschen an, dieses zu tun und jenes zu lassen. Pointiert nannte er den Heiligen Geist als das Göttliche im Menschen. Dieser Stimme zu folgen, führe zu mehr innerem Frieden, zur tiefen Freude und zu einem erfüllten Leben. "Sich auf diesen Geist einzulassen, führt nicht zu einer weiteren Fremdbestimmung, sondern ermöglicht Selbstbestimmung und Selbstwerdung; das macht die eigentliche Größe des Menschen Aus: dass er von Gott her zu sich selbst heranwachsen darf".
Mit Bedauern stellte er allerdings fest, dass der Heilige Geist in der Kirchengeschichte "etwas zu kurz gekommen ist", vermutlich aus deshalb, "weil sich Pfingsten - ganz pragmatisch - auch nicht so gut vermarkten lässt wie Weihnachten und Ostern." Das könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kirche vielen Gläubigen gegenüber nach wie vor säumig bleibe; denn ihr Kernanliegen müsse es sein, "Menschen dabei zu helfen, die 'Stimme' dieses Heiligen Geistes, die in der Weise des Schweigens im Menschen spricht, hören zu lernen und sie von den anderen Stimmen der Gesellschaft, der Mutter, des Vaters, des Ichs unterscheiden zu lernen."
Eine zentrale Rolle spiele der Heilige Geist aber auch im schrittweisen Übergang von einer Volks- zu einer Bekenntniskirche. "Da die Volkskirche schrittweise zerfällt, geht es nunmehr darum, dass die Menschen verstehen, worum es im Christentum geht um sich dann selbständig und aktiv dafür zu entscheiden." So könnten diese erkennen, dass das Christentum unter Führung des Heiligen Geistes etwas für die Alltagsbewältigung bringt und dass es vernünftig sei, sich auf ihn einzulassen.
Seinen sakramentalen Ausdruck findet die Begabung mit dem Heiligen Geist in der Firmung. "Es ist oft eine Zeit der Krise und des Übergangs ins Erwachsenenalter. Die Firmung soll hier zum einen ein stärkendes Sakrament sein. Zum anderen soll der junge Mensch tiefer in sein eigenes Leben eingeführt werde." Die Gaben des Heiligen Geistes dienten dem Eigenstand und der Freiheit: Erkenntnis, Einsicht, Unterscheidung der Geister, Weisheit, Rat, Stärke, Frömmigkeit oder Gottesfurcht, die nicht nur auswendig gelernt, sondern ins alltägliche Leben integriert werden müssten.