Festakt in Salzburg u.a. mit Weihbischof Leichtfried. Theologin Polak: "Der Christ der Zukunft wird ein gebildeter sein - oder er wird nicht mehr sein".
Den Wert theologischer Bildung haben Expertinnen und Experten bei einer Veranstaltung zum 75-Jahr-Jubiläum des Theologischen Fernkurses unterstrichen. In Zeiten einer Kirchen- und Glaubenskrise und angesichts der anhaltenden Marginalisierung christlicher Inhalte und Überzeugungen brauche es nicht etwa weniger, sondern mehr theologische Bildung bei den Gläubigen, zeigten sich die Referierenden eines Festaktes im Salzburger Bildungshaus St. Virgil überzeugt. Über den Festakt, der am Freitag, 25. April, stattfand, berichteten die Wiener "Theologischen Kurse" in einer Presseaussendung am Montag. "Der Christ der Zukunft wird ein gebildeter sein - oder er/sie wird nicht mehr sein", brachte dies die Wiener Theologin Prof. Regina Polak in Anlehnung an ein Zitat von Karl Rahner auf den Punkt.
Polak, die u.a. für die aktuellen Erhebungen im Rahmen der Studie "Was glaubt Österreich?" zuständig ist, zeigte bei der Festveranstaltung auf, dass das Wissen um die elementaren Aussagen des christlichen Glaubens weiter schwinde; und dies trotz aller Bemühungen im Bereich der schulischen wie der universitären Bildung. Kirche könne auf diese Bildung aber nicht verzichten, betonte Polak. Theologische Bildung werde keinen Glauben "erzeugen" - schließlich glaube man an Gott und nicht an wissenschaftliche Sätze und Einsichten -, "aber ohne theologische Bildung besteht die Gefahr, dass wir nicht an den biblisch und geschichtlich sich offenbarenden Gott glauben, sondern an einen, den wir uns selbst 'gebastelt' haben".
Auch die Salzburger Pastoralamtsleiterin Lucia Greiner unterstrich den Wert theologischer Bildung, wie sie durch den Fernkurs für alle Interessierten profund und zugleich verständlich zugänglich gemacht werde. Der Fernkurs mache seine Absolventinnen und Absolventen theologisch sprachfähig und vermittle eine "Lust am Lernen und die Offenheit, Fragen auf den Grund zu gehen". Dadurch werde "die Welt größer und neue Wege tun sich auf", zeigte sich Greiner überzeugt. "Solche Erfahrungen der Weite und Tiefe in geschützter Atmosphäre brauchen wir in der Pastoral."
Der zuständige Referatsbischof Anton Leichtfried dankte den Theologischen Kursen für die Durchführung des Fernkurses und zeigte sich zugleich beeindruckt von der Buntheit der Teilnehmenden und Absolventen. "Nachdenkender Glaube, der das Verstehen sucht, ist wichtig nach außen: um besser in den Dialog mit anderen zu kommen und auch, um Missverständnisse klären zu können", so Leichtfried. "Und er ist wichtig nach innen - in der eigenen Glaubensgemeinschaft und im eigenen Leben: um besser in die Tiefe und damit auch in die Weite zu wachsen."
An die Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) und jene von Kardinal Franz König (1905-2004) für die Einsicht in die Notwendigkeit einer breiten theologischen Bildung aller Gläubigen erinnerte bei dem Festakt der aus Luzern zugeschaltete Theologieprofessor Walter Kirchschläger. König, der den "Theologischen Kursen" und damit auch dem Fernkurs über Jahrzehnte wohlwollend gegenüberstand, hielt eine solche theologische Bildung für eine "unverzichtbare Grundlage für ein Christsein heute", so Kirchschläger. Diese Überzeugung habe König persönlich schon früh in seiner Biografie gewonnen - und sie sei durch das Konzil und die Kehrtwende, die das Konzil mit der Öffnung der Kirche zur Welt gebracht habe, noch verstärkt worden.
Ausgehend von den großen Sinnfragen des Lebens - Woher komme ich? Wohin gehe ich? Welchen Sinn hat mein Leben? - habe König stets dafür plädiert, "mit wachem Auge die heutige Lebenswirklichkeit als Zeichen der Zeit wahrzunehmen" und dabei offen zu sein für Gott wie für den Mitmenschen, so Kirchschläger. Zu einem solchen umfassenden Bildungsverständnis zähle jedoch ebenso, verantwortungsvoll und "in Liebe" zu handeln, den "respektvollen und fundierten Dialog" mit den anderen zu suchen und "Gräben aufzufüllen und keine Mauern zu bauen". Nur so könne man der Gefahr entkommen, "mit einem Glauben in Kinderschuhen auf die überfülle des Lebens zuzugehen".
Gratulationen zum Jubiläum kamen u.a. von den österreichischen Bischöfen. So würdigte Kardinal Christoph Schönborn in einem Grußwort den Theologischen Fernkurs als wichtigen Ort theologischer Bildung: Das Kursangebot befähige dazu, "wachsam und aus dem Glauben heraus das Zeitgeschehen zu reflektieren und auch heute politischen Ideologien zu widerstehen". Theologische Bildung erweise sich schließlich "im Dienst am Nächsten: Sie ermutigt, die Stimme zu erheben und zu helfen, wo Menschen Not leiden oder unterdrückt werden. Vor allem kann sie hinführen zu einer immer tieferen Freundschaft mit Christus", so Schönborn.
Als Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz würdigte außerdem Erzbischof Franz Lackner das Angebot der Theologischen Kurse und speziell des Fernkurses angesichts der Tiefe und Breite der Befassung mit Fragen des Glaubens: "Jahrhunderte, sogar Jahrtausende der Gotteserfahrung begegnen uns im Glauben, wie er heute ist - sich auch wissenschaftlich mit ihm zu beschäftigen, erweist sich immer wieder als lohnende Aufgabe. In diesem Bewusstsein, so bin ich sicher, dürfen die 'Theologischen Kurse' auch auf die kommenden Jahre bis zu ihrem hundertjährigen Bestehen blicken."
Gegründet wurde der Theologische Fernkurs 1950 von der damaligen Leiterin der Theologischen Kurse, der Theologin Margarete Schmid. Sein erklärtes Ziel war es, über das Einzugsgebiet Wiens hinaus Katholikinnen und Katholiken im ganzen Land zu erreichen und ihnen eine breite und zugleich in die Tiefe führende theologische Grundbildung zu vermitteln. Von Beginn an wechselten sich dabei Zeiten des Selbststudiums auf Basis von Skripten und Zeiten gemeinsamen Lernens bei Studienwochen ab. 1962 wurde der "Fernkurs für theologische Bildung" als überdiözesanes Werk der Bischofskonferenz unterstellt.
Heute stellt der Fernkurs eine von drei möglichen Kurssäulen im Gesamtkonzept des "Lehrgangs Theologie" dar. Neben dem Präsenzkurs in Wien und einem reinen Online-Kurs erfreue sich der Theologische Fernkurs weiterhin großer Beliebtheit, heißt es in der Aussendung. Er umfasst fünf Semester (zweieinhalb Jahre) und baut auf den Fächern des universitären Theologiestudiums auf. Die begleitenden Studienwochen oder Studienwochenenden (je nach gewähltem Kurstyp) finden in Bildungshäusern in ganz Österreich statt.
Der nächste Fernkurs startet im Herbst dieses Jahres mit Studienwochenenden wahlweise in Salzburg, St. Johann bei Herberstein oder Eisenstadt.
Eine Anmeldung ist ab Mitte Mai unter www.theologischekurse.at/lehrgang-theologie/theologischer-fernkurs möglich.