Marmelade, Schokocreme oder Vanille - Faschingskrapfen als Kraftspender vor der Fastenzeit. Der Fasching gilt bis heute als Sinnbild katholischer Mentalität, da in protestantischen Gegenden Europas das Brauchtum verloren ging.
Marmelade, Schokocreme oder Vanille - Faschingskrapfen als Kraftspender vor der Fastenzeit. Der Fasching gilt bis heute als Sinnbild katholischer Mentalität, da in protestantischen Gegenden Europas das Brauchtum verloren ging.
Die Faschingszeit wird immer verbunden mit dem Essen der traditionellen Faschingskrapfen. Der SONNTAG hat Passanten auf der Straße die Frage der Woche gestellt: Essen Sie gerne Krapfen?
Die letzten Tage des Faschings sind angebrochen. Meine Kollegin von radio klassik Stephansdom, Gerlinde Wallner, und ich wollen es wissen. Wie beliebt sind Faschingskrapfen wirklich?
Schnell noch ein paar Krapfen besorgen und dann geht es auf die Straßen und Plätze rund um den Stephansdom.
Vor dem Südtor des Domes treffen wir auf einen Ordensmann. „Mir sind einfach die klassischen Krapfen am liebsten, die mit viel Marmelade“, sagt Bruder Josef Failer. „Die Krapfen mit Schokoladencreme habe ich nicht so gern.“ Er isst die Faschingskrapfen hauptsächlich in der Faschingszeit, ab und zu – so gesteht er – auch einen unterm Jahr. „In der Fastenzeit versuche ich keinen zu essen“, versichert er uns. „Ich werde auf Süßigkeiten und an mehreren Tagen in der Woche auf Fleisch verzichten. Das Fasten lässt mich auch an Menschen denken, die nichts zum Essen haben.“
„Wir essen keine Faschingskrapfen“, sagt uns hingegen ein junges Paar aus Niedersachsen zu Beginn des Gesprächs in der Kärntner Straße. Als ich aber die Schachtel mit den süßen Schätzen öffne, gibt es ein Aha-Erlebnis bei Barbara und Sebastian, die gerade Urlaub in Wien machen: „Diese Krapfen sehen doch genauso wie unsere ‚Berliner‘ aus. In denen ist auch Marmelade drinnen, es gibt sie jedoch das ganze Jahr über und nicht nur zum Fasching.“ Nun greifen sie gerne zu, um einen unserer Faschingskrapfen zu nehmen.
Auf dem Stephansplatz begegnen wir auch einer jungen Mutter mit ihren zwei kleinen Kindern. Diese greifen gerne zu: „Wir essen gerne Krapfen. Nicht nur zu Fasching, sondern auch zu Weihnachten“. Die Mutter selbst mag diesmal keinen Krapfen, aber vor allem ihre fünfjährige Tochter Elena steht auf die Süßspeise und bedankt sich herzlich, während sie vor unseren Augen genüsslich hineinbeißt.
Am Stock-im-Eisen-Platz treffen wir auf zwei Damen, die noch überlegen, in welches Kaffeehaus sie gehen möchten. „Während der Faschingszeit muss man schon ein oder zwei Krapfen kosten“, sagt eine von ihnen. „Bei mir macht die Tochter die Krapfen selbst und diese sind ein Traum“, erzählt ihre Freundin. „In Gumpoldskirchen, wo ich wohne, backen sie auch traumhafte Krapfen.“ Beide lieben nur die Marillenkrapfen. In der Fastenzeit wollen sie auf süße Speisen wieder ein bisschen mehr verzichten.
Es stellt sich für uns die Frage nach der Geschichte des Krapfens.
Wir finden in der Literatur immer wieder den Hinweis: Die Fastenzeit wurde früher weit strenger gehalten als heute, wobei man außer auf Fleisch auch auf andere tierische Produkte verzichtete. Eier- und Schmalzvorräte mussten somit vor Aschermittwoch aufgebraucht werden und die Krapfen spendeten viel Energie, die für Tanzveranstaltungen und Hochzeiten dieser Zeit notwendig war.
In der Geschichte taucht im Zusammenhang mit dem Faschingskrapfen die Wiener Hofratsköchin Cäcilie „Cilly“ Krapf auf. Ihre aus den uralten Krapfenrezepten abgeleiteten „Cillykugeln“, Vorbilder der heutigen Faschingskrapfen, versüßten zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Leben der Menschen, die auf den Hofbällen tanzten. Der Erfolg der Süßspeise war so groß, dass im Fasching 1815, als der Wiener Kongress tagte, in Wien zehn Millionen Krapfen gegessen wurden.
Der letzte Alkohol vor der Fastenzeit
Natürlich wollen wir ebenfalls wissen, welchen Ursprung der Fasching hat. „Ursprünglich bezeichnete das Wort Faschang bzw. Fas(t)nacht nur den Tag vor dem Aschermittwoch, der sich seit der Synode von Benevent (1091) als Beginn der 40-tägigen Fastenzeit vor dem Osterfest durchsetzte“, erklärt uns Johann Weißensteiner, Leiter des Diözesanarchivs. „Im Wort Fasching steckt der mittelhochdeutsche Begriff ‚vast-schanc‘, der in seiner Bedeutung „Ausschank, Trunk vor der Fastenzeit“, ein wesentliches Element des bunten Treibens in dieser Zeit nennt.“
Laut Weißensteiner fanden in Rom schon am Beginn des 13. Jahrhunderts am letzten Sonntag vor der Fastenzeit (bezeichnet als „dominica dimissionis carnium“ – „Sonntag des Abschieds vom Fleischlichen“) Schauspiele statt, denen auch der Papst beiwohnte.
Fastnachtspiele waren seit dem 14. Jahrhundert in vielen Städten üblich, Verkleidungen und die Umkehrung der sozialen Verhältnisse waren dabei charakteristisch. Da konnte plötzlich einmal im Jahr der einfache Bürger Kaiser sein.
Bis heute gilt der Fasching als Sinnbild katholischer Mentalität, da in protestantischen Gegenden Europas das Brauchtum verloren ging. Johann Weißensteiner: „Von den Reformatoren Martin Luther und Huldrych Zwingli wurde das alte Fastengebot abgelehnt. Es galt der Grundsatz: Wo es kein Fasten gibt, gibt es auch keinen Karneval.“
Fastenzeit - die Vorbereitungszeit auf Ostern
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