Viele Lehrkräfte und auch Schüler empfänden diesen als eine Art "Sonderfach" im Stundenplan, in dem eher als in anderen Fächern zum Tragen komme, dass in erster Linie die Person und nicht die Leistung zählt.
Viele Lehrkräfte und auch Schüler empfänden diesen als eine Art "Sonderfach" im Stundenplan, in dem eher als in anderen Fächern zum Tragen komme, dass in erster Linie die Person und nicht die Leistung zählt.
In Wien lehrende Theologin Viera Pirker über neues Buch "Religion - (k)ein Fach wie jedes andere": Kompetenzorientierung in neuen Lehrplänen kommt sozialen und persönlichkeitsbildenden Aspekten des konfessionellen Religionsunterrichts entgegen.
Das Fach Religion könnte als "freier Lernraum" in der Schule künftig an Bedeutung gewinnen. Wie die an der Uni Wien lehrende deutsche Religionspädagogin Viera Pirker, Co-Autorin des soeben erschienenen Buches "Religion - (k)ein Fach wie jedes andere", im Gespräch mit "Kathpress" hinwies, kommt die in den neuen Lehrplänen der Sekundarstufen I und II vorgesehene "Kompetenzorientierung" den sozialen und persönlichkeitsbildenden Aspekten des konfessionellen Religionsunterrichts entgegen. Viele Lehrkräfte und auch Schüler empfänden diesen als eine Art "Sonderfach" im Stundenplan, in dem eher als in anderen Fächern zum Tragen komme, dass in erster Linie die Person und nicht die Leistung zählt.
Abseits von Notendruck könnte dort Kommunikation auf Augenhöhe mit den Schülern nachhaltige Reifungsprozesse begünstigen, meinte Pirker, die jüngst bei einer interreligiösen Fortbildung für steirische Religionslehrer über "religiöse Identität" referierte. Für ihren gemeinsam mit der Religionspädagogin Maria Juen (Uni Innsbruck) vorgelegten Band aus der Reihe "Religionspädagogik innovativ" des deutschen Kohlhammer-Verlags kooperierte Pirker mit der österreichischen Schulamtsleiterkonferenz; diese beauftragte die beiden Theologinnen mit der empirischen Begleitung eines österreichischen Pilotversuchs: In zwölf Oberstufenklassen in ganz Österreich erprobten Religionslehrende im Schuljahr 2016/17 eine "kompetenzbasierte Leistungsbeurteilung", Pirker und Juen evaluierten die dabei gemachten Erfahrungen.
Es zeigte sich, dass - wenn mehr Kompetenzen als lexikalisches Wissen im Vordergrund stehen - die Mitverantwortung der 16- bis 17-jährigen Schüler in Lernprozesse leichter gelingt und beide Seiten dieses "neue Denken" schätzen, wie Pirker berichtete. Grundgelegt sind bei diesem bildungspolitisch noch in Erprobung befindlichen Modell "Kompetenzraster" mit verschiedenen Niveaustufen, bei denen die Interessenschwerpunkte der Schüler stärker als im bisherigen Schulbetrieb berücksichtigt werden.
Gefragt ist z.B. die Kompetenz "... kann den Einsatz der katholischen Kirche für soziale Gerechtigkeit beschreiben", untergliedert in "... kann beschreiben, worin aus Sicht der Kirche soziale Gerechtigkeit besteht", "... kann wichtige Einsatzgebiete der Caritas darstellen" und "... kann das soziale Wirken einer ausgewählten kirchlichen Persönlichkeit beschreiben". Die Schüler sind dann in die Leistungsbeurteilung eingebunden, ob "Grundanforderungen" dabei "überwiegend" oder "voll" erfüllt wurden bzw. sogar über die Grundanforderungen hinausgehend. Religionslehrer sind generell skeptisch, was die Aussagekraft einer einzelnen Ziffernnote betrifft, berichtete Pirker über ihre qualitative Untersuchung. Nicht zuletzt deshalb werde das Notenspektrum von "sehr gut" bis "nicht genügend" kaum je genutzt.
Insgesamt plädieren Religionslehrer für einen weiten Bildungsbegriff, wies die in Tübingen geborene Theologin hin: Gegen "Objektivierbarkeit" und "Prüfbarkeit" setzten sie auf Haltung, Entwicklung und Persönlichkeit". Im Ausblick am Ende ihre Buches hielten Pirker und Juen über den Religionsunterricht fest: "Statt die geringere Hierarchie, das geringer ausgeprägte und vielleicht sogar umgekehrte Machtverhältnis als Defizit des Faches zu sehen, liegt genau darin das Potenzial". In der Schule sei Mitbestimmung der Schüler oft wenig ausgeprägt und die Notengebung häufig mit Demütigung, Versagen und Selektion verbunden; Religionsunterricht könne demgegenüber als Ort einer breiteren Sicht von Leistungsbeurteilung konzipiert werden. Die beiden Autorinnen rieten, dem "Mehr" im Religionsunterricht Raum zu geben und beurteilungsfreie Zeiten zu kultivieren.
Vom oft eingeforderten Anspruch auf religiöse Bildung müsse dabei kein Abstrich gemacht werden, stellte Pirker klar: "Es gibt viel zu wissen und zu können", und Leistung fordern und Sinn anbieten sei kein Widerspruch. Gerade heute zeige sich, dass mangelndes Grundwissen über Religion gesellschaftlich fehlt und Konflikte schürt. Dass Wertevermittlung in der Schule bei Gegenständen wie Religion und Ethik verortet wird, von denen sich Schüler abmelden können bzw. mangels an Schulversuch gar nicht besuchen können, hält die Theologin, wie sie sagte, für ein bildungspolitisches Manko.
Das Buch "Religion - (k)ein Fach wie jedes andere" von Viera Pirker und Maria Juen umfasst 216 Seiten und kostet 29 Euro.