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08.03.2018 · Weltkirche · Spiritualität

Mit Papst Franziskus in der Lernschule des Evangeliums

Papst Franziskus: Wie der Evangelist Lukas stellt er die Barmherzigkeit Gottes und Christus als Arzt in den Mittelpunkt.

Vor fünf Jahren, am 13. März 2013, wurde der argentinische Kardinal und Jesuit Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt. Als Papst Franziskus leitet er die Kirche auf aufsehenerregende Weise.

 

Der Innsbrucker Dogmatik-Professor Roman Siebenrock zeigt die theologischen Hintergründe, um unseren Papst noch besser verstehen zu können.

 

Als Theologe habe ich zwei Papstwahlen bewusst erlebt: die von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Ich habe diese zur Kenntnis genommen und dann in kritischer Loyalität versucht, mich einzubringen“, sagt der Innsbrucker Dogmatik-Professor Roman Siebenrock zum SONNTAG.

 

„Mit dem ersten Auftritt von Papst Franziskus auf der Loggia am 13. März 2013 war die berufsgewohnte Selbstdistanzierung weg: Ich spürte, dass ich in dieses Projekt hineingerufen werde, weil seine Sendung ohne unsere Zustimmung mittels Gebet, Mut und Einsatz schon zu Beginn scheitern muss. Noch bevor er irgendeine Handlung setzte, bat er uns, für ihn zu beten.“

 

Franziskus hat Siebenrock ermutigt, „die mystische Dimension des Glaubens in den Mittelpunkt meines Tuns zu stellen“. „Dabei stellen sich mir immer wieder neu zwei Fragen: Wie ist das Gott-Finden in allen Dingen mit der christlichen Mystik zu vereinbaren: Christus lebt in mir, in uns, mitten unter uns und wie auch dort, wo ich es noch nie vermutete?“, fragt Siebenrock.

 

Papst Franziskus spricht in seinen Morgenpredigten unbekümmert vom Teufel, er hat keine Angst vor der konkreten Sprache und kühnen Sprachbildern (Kirche als „Feldlazarett“ …). Was können wir Katholiken des deutschen Sprachraums von dieser päpstlichen Sprechkultur lernen?


Roman Siebenrock: Die Sprache eines Menschen misst sich immer an seiner primären Glaubwürdigkeit. Ob alle Beispiele von ihm gelungen sind, bezweifle ich. Im Gegensatz zu vielen betrachte ich seine öffentliche Kritik an der römischen Kurie (die Gesamtheit der Leitungs- und Verwaltungsorgane unserer römisch-katholischen Kirche) mit Zurückhaltung.

 

Aber sein Beispiel könnte uns dazu ermutigen, auch in Glaubensangelegenheiten so zu „schwätzen, wie das Maul gewachsen ist“, natürlich nicht ohne eine bestimmte Sprachkultur zu unterbieten.

 

Aber Vorsicht: Das Wichtigste scheint mir die Einheit von Person und Zeugnis zu sein. Nachahmungen gehen immer schief.


Was ist das Programm dieses Papstes vom „anderen Ende der Welt“, aus Argentinien? Wie lebt er  die Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965)?


In seiner jüngsten Verlautbarung „Veritatis gaudium“ („Die Freude der Wahrheit“) schreibt Papst Franziskus von einer Revolution des Verhältnisses von Lehre und Leben.

 

Und er führt aus: „Das Volk Gottes ist auf den Pfaden der Zeit pilgernd unterwegs, in ehrlichem und solidarischem Umgang mit den Männern und Frauen aller Völker und aller Kulturen, um mit dem Licht des Evangeliums den Weg der Menschheit auf eine neue Kultur der Liebe hin zu erhellen.“

 

In dieser programmatischen Aussage wird die Kirche als Lernschule des Evangeliums verstanden, die das Evangelium heute nur weitergeben kann, wenn sie es mit den Menschen auf dem Weg neu lernt.

 

Was unterscheidet Papst Franziskus von seinen Vorgängern?


Während Johannes Paul II. einen atemberaubenden Dialog nach außen geführt hat, vor allem im Dialog der Religionen und Wissenschaften, sieht Papst Franziskus die absolute Notwendigkeit eines innerkirchlichen Dialogs, der nicht durch lehramtliche Kurzschlüsse abgebrochen werden kann.

 

„Man muss gemeinsam gehen: Volk, Bischöfe, Papst“, sagte Franziskus in einem Interview. Er will den Ortskirchen, den Bischöfen und uns selbst die eigene Verantwortung nicht abnehmen, sondern diese stärken. Er warnt sogar davor, alles vom Papst zu erwarten. Damit unterbricht er ein beliebtes Spiel: Bei Entscheidungen automatisch auf Rom zu verweisen, auch hier in Österreich.

 

Mit dieser innerkirchlichen Erneuerung nimmt er das Herzensanliegen von Benedikt XVI. auf. Auch Papst Franziskus spricht oft von „Entweltlichung“. Aber er geht dafür konkrete Schritte: Er wohnt nicht im Palast, baut das spätabsolutistische Zeremoniell ab und öffnet Castel Gandolfo. Auch teilt er offensichtlich nicht jene Sorgen und Ängste von Papst Benedikt XVI., der Glaube und Überlieferung der Kirche durch die moderne Welt als radikal bedroht ansieht.

 

Inwiefern ist der Weg von Papst Franziskus von der Spiritualität des Jesuiten-ordens geprägt?


Er ist durch und durch davon geprägt. Die programmatische Schrift „Evangelii gaudium“ („Die Freude des Evangeliums“) wird durch die Jesus-Beziehung strukturiert. Und der Weg der Kirche in die Zukunft wird durch eine sorgfältige Unterscheidung der Geister gefunden. Sie meint die kritische Unterscheidung von Gedanken, Gefühlsregungen und Prophetien im Hinblick auf die Frage, inwieweit sie von Gott stammen oder nicht.

 

Diese Unterscheidung der Geister, die der Suche nach Gott in der Gegenwart jedes Menschen dienen möchte, ist z. B. das Herzstück jener Abschnitte, die im päpstlichen Schreiben „Amoris laetitia“ („Die Freude der Liebe“) so umstritten sind.

 

Franziskus ermutigt zur geistlichen Begleitung, die integriert und segnet, nicht ausschließt und aburteilt. Wir sollten uns auch daran erinnern, dass der Jesuitenorden zutiefst eine missionarische Ausrichtung hatte und dass der hl. Ignatius, der Gründer der Jesuiten, von der Gestalt des hl. Franz von Assisi fasziniert war. Franziskus lebte das Evangelium „sine glossa“ („ohne Hinzufügungen“) in radikaler Armut.

 

Für Papst Franziskus kommt hinzu, dass er die Grundentscheidungen des Ordens seit der Generalkongregation von 1972 selbstverständlich mitträgt. Damals, in der Ära von Pater Pedro Arrupe, fasste der Orden seine Sendung unter dem Leitwort zusammen: „Glaube und Gerechtigkeit“.


Warum bilden die drei großen Schreiben „Evangelii gaudium“, „Laudato si“ und „Amoris laetitia“ den roten Faden der ersten fünf Papst-Jahre?


„Evangelii gaudium“(„Die Freude des Evangeliums“) ist der programmatische Text einer missionarischen Erneuerung der Kirche, mit so viel Ermutigung und Zuspruch. Was kann ein Papst noch mehr sagen, um uns zu eigener Verantwortung zu ermutigen?

 

Die Umwelt- und Schöpfungsenzyklika „Laudato sí“ („Gelobt seist du“) integriert die ökologische Frage in die Entwicklung der Christlichen Soziallehre, ohne die Frage nach der Gerechtigkeit und die Armen zu vergessen. Dass Franziskus  darin die Kirche als redliche Anwältin und lernbereite Dialogpartnerin vorstellt, sagt viel über eine lernbereite Kirche, wie er sie möchte.

 

Das Schreiben „Amoris laetitia“ („Die Freude der Liebe“) hingegen vollendet und korrigiert einen Weg, den die Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) begonnen hat, und der tief in das Leben aller Glaubenden über Jahrhunderte eingedrungen war.

 

Ich möchte hier nur sagen: Es ist ein Text, den ich ohne Vorbehalt auch Kirchendistanzierten zum Lesen geben kann. Endlich eine klare Sprache! Endlich wird das Sakrament der Ehe als Ermutigung zur Gottesbegegnung als eine Berufung entfaltet! Endlich auch die offene Debatte dazu! Endlich wurden auch die wirklich gehört, die das Sakrament der Ehe zu leben haben.

erstellt von: Der SONNTAG / Stefan Kronthaler
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Weitere Informationen:

Univ.-Prof. Dr. Roman Siebenrock lehrt Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck.

 


Theologische Kurse/Akademie am Dom

„Theologische Kurse/Akademie am Dom“.

Stephansplatz 3

1010 Wien


Anmeldung, Information: 01/ 51552-3708 oder www.theologischekurse.at

 

 

15. 3. 2018, 18.30-21 Uhr: „Ein Häretiker der Barmherzigkeit auf dem Stuhl Petri? 5 Jahre Papst Franziskus“, mit Univ.-Prof. Dr. Roman Siebenrock, Uni Innsbruck.

 

16. 3. 2018, 9-12 Uhr: „Gottesvergiftung. Mit angststärkenden Gottesbildern umgehen“, mit Univ.-Prof. Dr. Roman Siebenrock.

18-20.30 Uhr: „Mystisch angeschlossen an Gott. Der Mystiker aus Nazareth und andere religiöse Wege“, mit  Univ.-Prof. Dr. Roman Siebenrock und DDr. Monika Renz, Kantonsspital St. Gallen.

 

17. 3. 2018, 9-16.30 Uhr: „Jenseits der Urangst. Ankommen in den Inseln unseres Vertrauens“, mit Univ.-Prof. Dr. Roman Siebenrock und DDr. Monika Renz.

 

21. 3. 2018, 18.30-20 Uhr: „Die leise Hoffnung, die im Dunkeln wächst. Trauer und Angst in der Kunst der Gegenwart“, mit  em. Bischof DDr. Egon Kapellari, Diözese Graz-Seckau.

 

10. 4. 2018, 17. 4. 2018 und 24. 4. 2018 und 8. 5. 2018 und 15. 5. 2018,  15-17 Uhr: „Von der knechtischen Furcht zum Vertrauen in die Gnade Gottes“, Texte des Kirchenvaters Augustinus, mit Univ.-Lekt. Dr. Hubert Philipp Weber, Wien.


11. 4. 2018, 18.30-21 Uhr: „Angst vor dem Anderen? Die biblische Botschaft angesichts gesellschaftlicher Realitäten“, mit Univ.-Prof. DDr. Paul M. Zulehner, Uni Wien und Hans Rauscher, „Der Standard“.


12. 4. 2018, 18.30-21 Uhr: „Furcht und Faszination. Das doppelte Gesicht religiöser Erfahrung“, mit em. Univ.-Prof. DDr. Johann Figl, Universität Wien.


18. 4.2018, 15.30-18 Uhr: „Die Gabe der Tränen. Von der Lebenskunst, sich erschüttern zu lassen“, mit Dr. Gotthard Fuchs, Roncalli-Haus Wiesbaden.

18.30-21 Uhr: „Gottesfurcht. Vom wohltuenden Unterschied zwischen Gott und Welt“, mit Dr. Gotthard Fuchs.

 

siehe auch: Akademie am Dom: 5 Veranstaltungshighlights in 4 Tagen


Mehr über Papst Franziskus

 

 

weitere Informationen zu

Der SONNTAG

die Zeitung der Erzdiözese Wien

Stephansplatz 4/VI/DG

1010 Wien
T +43 (1) 512 60 63
F +43 (1) 512 60 63-3970

E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at

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Ein Heiliger, der die Hand reicht – auch anderen Konfessionen und Religionen, wird er doch in der Ostkirche ebenso verehrt wie im Westen.

Papst mahnt: Synodaler Weg braucht mehr innerdeutschen Dialog

Papst Leo XIV. sieht den Reformprozess der deutschen Kirche noch nicht am Ziel. Beim Rückflug aus dem Libanon mahnte er mehr innerdeutschen Dialog an – und warnte vor Machtgefällen, die Stimmen vieler Gläubiger zum Verstummen bringen könnten. Vielfalt in der Synodalität sei kein Bruch, sondern Stärke.

Grünwidl: Kirche und Medien teilen Verantwortung für Wahrheit

Kirche und Medien tragen gemeinsam Verantwortung für Wahrheit, betonte der designierte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl bei der Adventbegegnung mit ORF-Mitarbeitern.

Bürgermeister Ludwig: Bibelerzählung von Sturm am See „Anleitung für Politiker“

Herausforderungen mit kühlem Kopf zu meistern und die Nerven nicht wegzuschmeißen, könne man von der Bibel lernen, so der Wiener Bürgermeister bei der „Nacht der Stille“ im Stephansdom.

Votivkirche: Palästina-Banner entfernt

Spezialkletterer entfernten palästinensische Fahnen von den Türmen der Votivkirche in Wien. Die Erzdiözese prüft rechtliche Schritte.

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Das Requiem für verstorbenen Papst mit Spitzen von Kirche und Politik. Erzbischof Lackner in seiner Predigt: "Die Leuchttürme von Papst Franziskus werden uns noch lange den Weg leuchten".

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Schönborn: Franziskus war politischer Papst im besten Sinne

Kardinal in Interviews anlässlich des Papst-Begräbnisses: Päpste haben ohnmächtige Stimme, können jedoch Herzen berühren. Erbe von Franziskus noch nicht entschieden.

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Zum Papst-Begräbnis läuten alle Kirchenglocken in Österreich

Pummerin am Stephansdom und Glocken in katholischen Pfarren läuten am Samstag um 10 Uhr. Am Montag in Wien "Requiem für seine Heiligkeit Papst Franziskus" u.a. mit Bundespräsident Van der Bellen.

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Bischofskonferenz-Vorsitzender Franz Lackner leitet am kommenden Montag um 18 Uhr Trauergottesdienst im Wiener Stephansdom, zu dem die Gläubigen und die Spitzen von Staat, Kirchen und Religionen eingeladen sind.

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Begräbnisliturgie auf dem Petersplatz beginnt um 10 Uhr. Anschließend wird Franziskus in Santa Maria Maggiore beigesetzt. Leichnam des Papstes wird am Mittwoch in den Petersdom überführt.

Schönborn: "Das letzte Wort ist die Auferstehung"

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Was im Vatikan passiert, wenn der Papst gestorben ist

Nur wenige Verantwortungsträger bleiben im Amt. Camerlengo (Kämmerer) der katholischen Kirche und Dekan des Kardinalskollegiums zunächst die wichtigsten Personen. Kardinalskollegium übernimmt bis zur Wahl eines neuen Papstes die Verwaltung des Staates Vatikanstadt.

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Kirchenoberhaupt im Alter von 88 Jahren gestorben. Aus Argentinien stammender früherer Erzbischof von Buenos Aires war seit 2013 der erste Lateinamerikaner im Papstamt.

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Vor zwei Wochen schreckte der Vatikan mit der Mitteilung auf, der Papst sei in der Gemelli-Klinik. Inzwischen scheint die Lage unter Kontrolle und Franziskus arbeitet weiter. Von Sabine Kleyboldt (KNA).

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"Papst hat geschlafen und sich ausgeruht". Sonntagabend hatte vatikanisches Presseamt mitgeteilt, dass Bluttests ein beginnendes, leichtes Nierenversagen zeigten, das aber unter Kontrolle sei.

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Die Stationsgottesdienste der Fastenzeit – Eine alte römische Tradition lebt weiter

 

Der Petersplatz zu Weihnachten

Papst beginnt Weihnachtsfeiern mit Aufstoßen der Heiligen Pforte

Die Christmette am 24. Dezember ab 19 Uhr findet mit der Eröffnung des Heiligen Jahres und dem Aufstoßen der Heiligen Pforte durch den Papst statt. Traditioneller Segen "Urbi et orbi" am 25. Dezember um 12 Uhr.

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