Das Oberhaupt der zweitgrößten katholischen Ostkirche, Mar Raphael Thattil hat am Samstag, den 25. Mai im Stephansdom eine Hl. Qurbana gefeiert.
Am Samstag, den 25. Mai 2024, hat Großerzbischof Raphael Thattil, „Vater und Hauptt“ der syro-malabarischen Kirche, im Wiener Stephansdom eine Heilige Qurbana, eine Eucharistiefeier im ost-syrischen Ritus zelebriert.
Zu Beginn der feierlichen Liturgie im Stephansdom hat Kardinal Schönborn den Großerzbischof und die anwesenden Priester sowie Gläubigen begrüßt und dabei das lebendige Glaubenszeugnis der Gläubigen aus den Gemeinden der syro-malabarischen Kirche gewürdigt. Er betonte, dass ihre Präsenz eine Bereicherung für die Kirche in Wien und ganz Österreich sei und ermutigte die anwesenden Gläubigen, in ihrem Umfeld missionarisch tätig zu sein. Dies könne hauptsächlich durch ein im Glauben verwurzeltes Leben erfolgen und „wenn nötig, auch mit Worten”.
Großerzbischof Thattil, seit Anfang Jänner dieses Jahres Oberhaupt der Syro-Malabarischen Kirche, unterstrich in einem Interview am Freitag die Bedeutung dieser Traditionen und die Herausforderung, sie an die nächste Generation weiterzugeben. Ein beträchtlicher Anteil der jungen Syro-Malabaren spricht Deutsch als Muttersprache und hat Schwierigkeiten mit Malayalam, der Muttersprache ihrer Eltern und Großeltern. Dies wirkt sich auch auf das kirchliche Leben aus. In Österreich leben zwischen 5.000 und 6.000 syro-malabarische Katholikinnen und Katholiken, von denen bis zu 4.000 in Wien ansässig sind. Dort existieren mittlerweile zwei Gemeinden. Auch in Graz und Innsbruck existieren größere Gemeinschaften. Insgesamt sind etwa 50 syro-malabarische Geistliche in Österreich tätig, hauptsächlich in römisch-katholischen Pfarren und Einrichtungen. Großerzbischof Thattil machte deutlich, dass der Bedarf an eigenen Priestern für die Seelsorge in den syro-malabarischen Gemeinden Österreichs zunimmt.
Des Weiteren wies der Großerzbischof darauf hin, dass religiöse Minderheiten in Indien zunehmend unter Druck geraten. Das Land entwickelt sich zu einem hinduistisch geprägten Staat. Er sieht in Österreich eine Möglichkeit, vom spirituellen Reichtum der syro-malabarischen Kirche zu profitieren und ermutigt seine Kirchenmitglieder, diesen Reichtum aktiv einzubringen.
Das Programm der Österreichvisite des Großerzbischofs umfasste auch Besuche im Stift Klosterneuburg und beim Apostolischen Nuntius, Erzbischof Pedro López Quintana, sowie Begegnungen mit Kardinal Christoph Schönborn und dem in Österreich wirkenden syro-malabarischen Klerus.
Die syro-malabarische Kirche ist die zweitgrößte katholische Ostkirche und gbesteht seit der Zeit der frühen Kirche. Sie führt sich auf die Verkündigung des Apostels Thomas zurück. Ihr Kerngebiet liegt im Südwesten Indiens. Spirituell und liturgisch folgt sie der ostsyrischen Tradition. Sie war nie formell von der Kirche Roms getrennt, hatte aber auch keinen Kontakt mit ihr und war der Westkirche völlig unbekannt. Seit ihrer Wiederentdeckung durch die Portugiesen im 16. Jahrhundet ist sie auch formell mit dem Papst in Kirchengemeinschaft. Zuletzt war die Kirche immer wieder in die Schlagzeilen geraten, weil eine im Jahr 2021 beschlossene Liturgiereform, die die alte liturgische Eigenart stärker betont, vor allem auf dem Gebiet ihrer Stammdiözese zu schweren Konflikten geführt hat. Thattil zeigt sich zuversichtlich, dass der Streit schon bald einvernehmlich beigelegt werden kann.