Gaza-Stadt ist besonders betroffen vom israelisch-palästinensischen Konflikt.
Gaza-Stadt ist besonders betroffen vom israelisch-palästinensischen Konflikt.
Seit Jahrzehnten dauert der Konflikt zwischen Israel und Palästina an. Österreich unterstützt Hilfsprojekte für die Menschen, die unter den Auswirkungen leiden, im Westjordanland und in Gaza. Lokalaugenschein in einem Land, in dem es trotz allem auch noch das Lachen gibt.
Wir konnten aufgrund der Bombenangriffe 40 Tage das Haus nicht verlassen“, schildert Riham Kharroub. Die Palästinenserin aus Bethlehem erinnert sich an 1988, mitten in der Zeit der Ersten Intifada, der gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Palästinensern und der israelischen Armee.
Die Ursachen für den immerwährenden Aufstand der palästinensischen Bevölkerung sind vielfältig: einerseits eine junge Bevölkerung, die Hälfte der Palästinenser ist jünger als 15 Jahre, 70 Prozent davon unter 30. Andererseits die Besetzung des Westjordanlands und des Gazsastreifens durch Israel seit 1967 und der Mauerbau, der Palästina von Israel trennte.
Ganze Generationen wuchsen unter der israelischen Besatzung auf, mit permanenter Verschlechterung ihrer Lebenssituation. „Ich bin froh, dass ich später zum Studieren nach London gehen konnte“, schildert Riham. Danach kehrte sie aber nach Palästina zurück. Für die ADA, die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, ist sie nun als Projektmitarbeiterin im Büro in Ramallah in Palästina tätig.
Es geht darum „die Staatsfähigkeit des palästinensischen Volkes zu erhalten, dass es möglichst gut auf einen eigenen Staat vorbereitet ist“, unterstreicht der Leiter des Österreichischen Vertretungsbüros in Ramallah, Andrea Nasi, zur Hilfe der ADA. 2011 hatte ein Bericht der Vereinten Nationen festgestellt, dass Palästina bereit sei für Eigenstaatlichkeit.
Die bescheinigte „Staatsfähigkeit“ bezieht sich darauf, bis es zu einer mit Israel ausgehandelten Zwei-Staatenlösung kommt. Doch bis dahin ist der Weg noch weit und kaum erkennbar. Zahlreiche Bemühungen über dauerhaften Frieden sind in der Vergangenheit gescheitert. Hilfe und Unterstützung benötigt die palästinensische Bevölkerung aber gegenwärtig und täglich.
Im Sommer 2014 wurde Palästina sieben Wochen lang vom Krieg in Gaza erschüttert. Die Folgen sind knapp zwei Jahre danach unübersehbar: Zerstörte Häuser, kaputte Infrastruktur, Straßen mit Schlaglöchern, Strom nur für wenige Stunden am Tag und erschwerter Zugang zu Trinkwasser machen das Leben der Menschen zum Überleben.
Dazu kommt, dass der Gazastreifen von Israel völlig abgeriegelt wurde. Der Personenübergang „Erez Crossing“ im Norden des Gaza-Streifens verbindet Israel und die Palästinenser-Enklave am Mittelmeer. Aber nur wer die notwendigen Dokumente hat, gelangt auch auf die andere Seite. Für viele Palästinenser bleibt dieser Weg verschlossen, Israelis ist der Durchgang untersagt.
„Wir leben in einem großen Gefängnis“, beschreibt es Imad Okal, stellvertretender Bereichsleiter für Nordgaza der UNRWA. Die Organisation der Vereinten Nationen strukturiert die Wiederaufbauhilfe in Gaza.
Zahlen unterstreichen die prekäre Lage: Die Arbeitslosenquote im Gazastreifen beträgt 50 Prozent, unter Hochschulabsolventen liegt sie bei 75 Prozent, bei Frauen bei 80 Prozent. Für ein UNRWA-Projekt zur Drei-Monate-Kurzzeitarbeit gibt es eine Warteliste von bis zu drei Jahren.
70 Prozent der 1,8 Millionen Einwohner im Gazastreifen sind Flüchtlinge. Die Mehrheit lebt in Flüchtlingslagern, 900.000 Menschen erhalten Lebensmittelhilfe. Die Wassersituation ist prekär, das Grundwasser ist wegen der starken Übernutzung stark versalzen.
Die Austrian Development Agency unterstützt den Gazastreifen vor allem in der Wasserversorgung. Bereits vor rund zehn Jahren war Österreich Pionier bei der Errichtung einer Anlage zur Meerwasserentsalzung, die sich nun, wie Andrea Nasi von der ADA unterstreicht, „als das zentrale Element der Trinkwasserversorgung herausstellt“. 650 Kubikmeter Wasser können in einer Anlage am Stadtrand von Gaza-City täglich verarbeitet werden. Die Palästinensische Wasserbehörde unterstützt in der Koordination und in der Verteilung des Wassers an Krankenhäuser und Schulen in Gaza.
Die Palästinensischen Gebiete sind durch den jahrzehntelangen politischen Konflikt permanentes Krisengebiet. Wie so oft sind Ältere, kranke Menschen und Kinder besonders betroffen. Angstzustände und Traumata begleiten Kinder. Ein wenig Abwechslung und Lachen bringt die „Clowndoctor“-Intervention nach Palästina.
In sechs Spitälern arbeiten zehn Doktoren mit den Roten Nasen. Seit 2010 sind sie im Ramallah Medical Complex tätig. In dem Spital der palästinensischen Verwaltungshauptstadt wurde mit Hilfe der österreichischen ADA ein Hauszentrum eingerichtet, darunter auch eine Kleinkindabteilung.
Miriam Baseer, die medizinische Direktorin, schildert: „Die Kinder leiden unter den Auswirkungen der Kampfhandlungen von vor zwei Jahren. Sie haben psychologische Probleme, schlafen schlecht und sind generell sehr krankheitsanfällig. Da helfen uns die Clown-Doctoren sehr, denn sie lenken die Kinder ab und bringen sie zum Lachen. Das ist eine gute Medizin.“
Generell leidet die palästinensische Bevölkerung auch in Ramallah unter der großen Knappheit an gutem Trinkwasser. Ärztin Baseer: „Sie lagern es in großen schwarzen Behältern am Dach, es wird verschmutzt. Trotzdem verwenden sie es zum Trinken, die Folge ist Gastritits. Zwei von drei Menschen in Ramallah leiden daran.“
Im Jordantal lebt die Gemeinschaft der Maghayer Ad Deir und der Wadi Seiq-Beduinen. Es ist ein sogenanntes Area C-Gebiet unter israelischer Militärverwaltung. Es gibt kein Fließwasser oder Strom. Mit Hilfe der ADA konnten die Beduinen nun Zisternen renovieren und eine Photovoltaikanlage installieren, denn Wasserknappheit plagt die Gemeinschaft, die auf eine ergiebige Regenzeit angewiesen ist. Von den 60 Zisternen funktionieren nur 20.
Dazu kommt das Leben in gespannter Atmosphäre, denn die Gemeinschaft der Beduinen lebt umgeben von israelischen Siedlungen. Die asphaltierten Straßen trauen sie sich wegen Übergriffen der Siedler oder des israelischen Militärs nicht zu nutzen. „Wenn ich weggehe gehe, weiß ich nicht, ob ich zurückkomme“, sagt Abu Bashar, der einer der 33 Beduinenfamlien vorsteht.
Österreich engagiert sich hier beim zum Schutz von palästinensischem Land und Besitz, der wirtschaftlichen Entwicklung, Wasser- und Gesundheitsversorgung und darum, die Abwanderung der Bevölkerung einzudämmen.
Internationale Projekthilfe
Robert Zeiner leitet die Abteilung Programme und Projekte International in der Austrian Development Agency. Er besucht immer wieder die Projekte in Palästina. Die zentrale Herausforderung sieht er darin, „die Chancen und die Hoffnung für eine friedliche Entwicklung in Palästina und in der Region aufrechtzuerhalten – und das wird auch so bleiben.“
Austrian Development Agency
Zelinkagasse 2
1010 Wien
Tel.: +43 (0)1 90399 - 0
Fax: +43 (0)1 90399 - 2290
e-mail: office@ada.gv.at
Internet: Portal der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
Österreich hilft in Palästina
Die gesamten öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen Österreichs an die Palästinensischen Gebiete von 1995 bis 2015 betrugen rund 85 Mio. Euro.
Die Austrian Development Agency (ADA) unterstützte in diesem Zeitraum Programme mit rund 65 Mio. Euro. In den vergangenen Jahren belief sich das Budget der ADA für die Palästinensischen Gebiete auf rund 4 Mio. Euro pro Jahr.
2015 förderte die ADA Projekte in der Höhe von knapp 3,7 Mio. Euro. Aktuell werden rund 20 Projekte unterstützt, besonders im Bereich von Gesundheit und Wasserversorgung.
Weitere Infos: www.entwicklung.at
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien