P. Csaba Böjte mit seinen Schützlingen: Wichtig ist die persönliche Begegnung.
P. Csaba Böjte mit seinen Schützlingen: Wichtig ist die persönliche Begegnung.
„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“: Diese Worte Jesu im Matthäusevangelium (Kapitel 25) prägen die Arbeit des Franziskaners Csaba Böjte in Rumänien. Unterstützt wird er seit Jahrzehnten von Pfarren unserer Erzdiözese.
Csaba Böjte, geboren 1959 und aufgewachsen in Siebenbürgen, Rumänien, wuchs als Halbwaise bei seiner Mutter auf, die, wie auch die Großmutter, seinen tiefen Glauben prägte. Erst spät,1982 begann er sein Theologiestudium, wurde in den Franziskaner-Orden aufgenommen und 1989 zum Priester geweiht. Alles im Geheimen.
1992 wurde er von seinem Provinzial nach Deva geschickt, um das dortige „Kloster wieder in Besitz zu nehmen“. Es entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten ein Hilfsprogramm für tausende arme Kinder.
Warum sind Sie damals Ordensmann geworden?
Csaba Böjte: Im Kommunismus in Rumänien gab es sehr viele Probleme und Sorgen. Ich wollte damals meine Heimat nicht verlassen. Ich habe aber gespürt, dass ich allein ein wenig zu klein bin.
Da habe ich gesagt: Lieber Gott, ich bin da, schick mich zu den Menschen, um ihnen zu helfen. Ich habe mein Leben bewusst in die Hand des Herrn gegeben, damit er durch mich den Menschen helfen kann.
Ihr Traum war es, „die traurigen Kinderaugen zum Lachen zu bringen“. Konnten Sie ihn wahrmachen?
In meiner Kindheit hörte ich ein sehr schönes Lied: „Wir sind geboren, die Wunden der Erde zu heilen, unser ganzes Leben lang.“
Ich glaube wirklich daran, dass wir bestimmt sind, dort, wo wir leben, ein Geschenk Gottes zu sein. Er hat die Apostel darum gebeten und er erwartet heutzutage von uns, dass wir für einander zum Segen werden.
Vor 25 Jahren – 1993 – wurde die „Stiftung Heiliger Franziskus“ gegründet. Auf welche Erfolge können Sie zurückblicken?
Bei der Kindererziehung ist der lebendige Glaube das Wichtigste. Die Kinder sollen entdecken, dass sie keine unbewohnten und einsamen Inseln sind, sondern dass sich im Gewissen der Kinder der Himmel und die Erde berühren.
Also, wenn ein Kind die Hand von Jeus festhält, kann es mutig und selbständig sein Leben meistern. Ich sehe als den größten Erfolg in meiner Arbeit, dass wir Kinder erzogen haben, die nicht mehr betteln. Im Gegenteil, sie bekommen Arbeit, sie gründen eigene Familien und sie erziehen selbst Kinder.
Meine Aufgabe ist, die Jugendlichen hochzuheben, damit sie das Leben genießen und mit Freude erleben. Damit sie eigenständig werden – ich denke, das ist gelungen.
Mehrere tausende Schützlinge sind nunmehr selbständig und ich habe fast „tausend Enkelkinder“. Das Schönste ist, dass diese Menschen sich um ihre eigene Familie kümmern können.
Wie viele Kinder leben in wie vielen Häusern?
In den vergangenen 25 Jahren haben wir rund 6.000 Kinder in unseren Heimen aufgenommen. Derzeit leben 2.130 Kinder und Jugendliche bei uns, etwa 3.800 sind bereits „ausgeflogen“.
In 87 Häusern betreiben wir „Kinderschutz“ im Rahmen der Stiftung. Es gibt einige, die erst seit kurzem in Betrieb sind, aber viel mehr, wie z. B. in Deva, die seit 25 Jahren diesen Kinderschutz betreiben.
Das heißt: Wir gehen hinaus und suchen im Elend lebende Familien auf. Manchmal nehmen sie auch Kontakt mit uns auf. Wir geben Kleider, Medikamente, guten Rat, was sie brauchen. Dies ist oft ausreichend.
Wenn das nicht genügt, nehmen wir die Kinder in Tagesheimen auf. Wo viele solcher Kinder sind, nehmen wir eine Person auf, die nach dem Unterricht mit ihnen lernt und spielt. Diese Kinder gehen am Abend nach Hause.
Wenn die Kinder am Abend kein Zuhause haben, nehmen wir die Kinder in ein Heim auf, wo wir die Eltern hundertprozentig ersetzen müssen.
Was bieten Sie den Kindern sonst noch?
Ein ehemaliger Heimbewohner sagte einmal, er bedanke sich nicht nur für das Essen, für Kleider, für die Ausbildung, sondern für die vielen Geschwister. Wir leben ja in einer großen Gemeinschaft, 7 bis 10 Kinder leben in sozialen Familien. Allein in Deva leben 20 solcher Familien zusammen. Selbst in den kleinsten Heimen gibt es mindestens zwei Familien.
Diese Kinder sind „gute Geschwister“, gehen gemeinsam in die Schule, spielen miteinander, Fußball, Theater, manche lernen sogar reiten, pflegen Tiere und Pflanzen.
Was man braucht, um ein ehrlicher guter Mensch zu werden, versuchen wir ihnen zu geben. Wir halten ständig Kontakt zu jenen Kindern, die uns verlassen haben. Beim Studium unterstützen wir sie weiter. Viele gründen Familien.
Derzeit betreut der „Caritative Verein Kinder von Deva“, der in der Pfarre Wien-Mauer beheimatet ist, mehr als 100 Patenschaften. Haben die Paten und Patinnen Kontakt mit Ihren Schützlingen?
Ich habe in meinem Herzen eine große Dankbarkeit für die Wiener Gemeinde in Mauer. Ich freue mich, dass wir seit 25 Jahren treu miteinander zusammenarbeiten.
Ich bin überzeugt, wenn sie uns damals nicht so beigestanden wären, könnte heute Vieles nicht so funktionieren. Der tägliche eine Euro pro Kind ist sehr wichtig für die Verpflegung der Kinder.
Wir erzählen den Kindern, wer ihre Pateneltern sind. Es gibt Paten, die Kontakt mit den Kindern halten möchten, aber auch welche, die dies nicht pflegen. Die Entscheidung liegt auf Seiten der Paten.
Die Kinder kann man besuchen, es gibt Briefwechsel, man kann sie auch im Sommer einladen. Adoption ist nicht möglich, aber das Patenschaftsprogramm funktioniert sehr gut.
Vor kurzem haben wir eine Hochzeit gefeiert und ein junger Mann, der bei uns aufgewachsen war, hat zur Hochzeit die Paten eingeladen, sie waren auch eine „Hauptperson“ für sie.
Warum sind die Begegnungen und der Kontakt zur Pfarre und den Wohltätern, den Sponsoren, so wichtig?
Ich empfinde es als ein großes Geschenk, wenn ich mich mit jenen treffen kann, mit denen ich arbeite. Bei solchen Gelegenheiten kann man neu planen und sich an den Früchten unserer Arbeit gemeinsam erfreuen.
Es ist uns eine große Freude, wenn unsere österreichischen Brüder uns zuhause besuchen, aber gerne besuche ich auch – meist mit einigen Kindern – die Wiener Unterstützer und Freunde alljährlich.
Für mich ist es ganz wichtig, dass diese Zusammenarbeit nicht einfach nur finanziell fundiert ist, sondern eine persönliche, lebendige Begegnung ist.
Was waren die Meilensteine für Sie, Pater Csaba, und die Stiftung?
Die Tatsache, dass eine zivile Organisation ein so großes Netz in Osteuropa verwirklichen konnte und dies seit Jahren funktioniert.
Dass wir nach so vielen Jahren mit dem rumänischen Staat eine partnerschaftliche Zusammenarbeit verwirklichen konnten. Ein Riesenfortschritt. Und dass wir mit Ämtern und Behörden zusammenarbeiten können, das sind alles Siege.
Ein Meilenstein ist für mich auch, wenn ein Kind heiratet, die Matura schafft, ein Diplom erwirbt oder Kinder bekommt. Aber auch jeder Schulanfang und jeder Schulabschluss ist ein solcher Meilenstein.
Franziskaner-Pater Csaba Böjte
Wie es den Menschen heute in Rumänien, nach dem EU-Beitritt 2007, geht?
„Das unsagbare Elend der 1990er Jahre ist nicht verschwunden, aber nicht mehr in diesem Ausmaß vorhanden“, sagt P. Csaba: „Wie überall in der Welt wird es immer arme Leute oder Familien geben, die ihr Leben nicht schaffen.
Ich sehe meine Aufgabe, hier einzuspringen und zur Verfügung zu stehen.“
Er denkt oft an das Wort Jesu: „Denn die Armen habt ihr immer bei euch“ (Markusevangelium 14,7).
Begegnungen mit Csaba Böjte von Erhard Alexitsch
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at