Eine Lösung des Syrien-Konflikts ist nicht in Sicht.
Eine Lösung des Syrien-Konflikts ist nicht in Sicht.
Katholischer Bischof Georges Abou Khazen: "Krieg legt doch nur den Grundstein für weitere Kriege".
Mit scharfen Worten hat der katholische Bischof von Aleppo, Georges Abou Khazen, auf die türkische Militäroffensive im Nordosten Syriens reagiert. "Wir sind sehr besorgt", sagte er im Interview mit "Radio Vatikan" (Montag, 14. Oktober 2019). "Krieg legt doch nur den Grundstein für weitere Kriege" und sei gerade in der nun betroffenen Region mit all den dort lebenden ethnischen und religiösen Gruppen "keine Lösung", so der 72-jährige Apostolische Vikar von Aleppo: "Das ist ein menschliches Drama, das wir da erleben, und auch ein Verbrechen."
In dem Gebiet, aus dem nun viele Menschen auf der Flucht sind, seien alle christlichen Minderheiten wie Assyrer, syrische Chaldäer und Armenier vertreten, so der Bischof: "Viele ihrer Vorfahren sind vom Ende des 19. Jahrhunderts an bis zum Ende des Ersten Weltkriegs in der Türkei abgeschlachtet worden; hier leben die Nachkommen derer, die sich vor den Massakern retten konnten. Die erleben jetzt, wie die Türken in ihr Land einfallen."
Viele Orte in der Djazira, dem Gebiet zwischen Euphrat und Tigris, auch die Städte wie Qamishli und Hasake, waren in der französischen Mandatszeit in Syrien und Libanon Zufluchtsorte der Christen, die den vom damaligen jungtürkischen Regime ab 1915 inszenierten Völkermord in den weiter nördlich gelegenen Gebieten überlebt hatten. Die Erinnerung an den "Sayfo" (Völkermord) prägt das Bewusstsein auch der heutigen christlichen Bewohner des Gebietes.
Unter dem Schutz kurdischer Truppen seien die Christen im Nordosten Syriens zuletzt trotz Einschränkungen relativ sicher gewesen, schilderte auch der emeritierte syrisch-katholische Erzbischof von Hassake-Nisibi, Jacques Behnan Hindo, dem Hilfswerk "Kirche in Not". Nun, da die Kurden um ihr eigenes Überleben kämpften, stünden die Christen wie die anderen Minderheiten, zum Beispiel die Jesiden, ohne Schutz da. Ein neuer Exodus sei vorprogrammiert, so Hindo: "Wie immer hat jede Kriegspartei ihre eigenen Interessen, aber wir Christen werden die Konsequenzen tragen."
Im Irak bereite man sich bereits auf eine neue Flüchtlingswelle aus Nordsyrien vor, schilderte der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, der Hauptstadt der Region Kurdistan, Bashar Warda, in einer schriftlichen Erklärung: "Wir hoffen und beten, dass sich die Regierung und die internationale Gemeinschaft sich nicht abwenden, sondern uns unterstützen, den Christen und den anderen unschuldigen Menschen zu beizustehen, welche Religion sie auch haben."
Warda befürchtet: "Sollten Christen keine ausreichende Versorgung im Nordirak finden, werden sie den Nahen Osten ganz verlassen." Damit könnte die erneute Eskalation letztlich sogar einem der Hauptziele der Terrormiliz IS doch noch zum Erfolg verhelfen, machte der Bischof deutlich: "Der Ausrottung des Christentums in der Region."
"Die Menschen in Syrien leiden nach wie vor unter den unübersichtlichen Kriegswirren", erklärte "Kirche in Not - Österreich"-Nationaldirektor Herbert Rechberger. Das Hilfswerk habe in den vergangenen Kriegsjahren immer an der Seite der syrischen Christen gestanden: "Wir werden sie auch jetzt nicht verlassen, während die Politik noch diskutiert, was jetzt zu tun ist."
Rechberger betonte, dass die Kirchen oft die einzigen Anlaufstellen für die kriegsgeplagte Bevölkerung seien. Lebensmittel- und Medikamentenhilfen, Beiträge für Lebenshaltungskosten und Unterbringung von Flüchtlingen seien daher derzeit eine Priorität von "Kirche in Not".
Spendenmöglichkeit online unter www.kircheinnot.at
Spendenkonto
IBAN: AT71 2011 1827 6701 0600
Verwendungszweck: Syrien