Dreizehnte Station: Jesus wird vom Kreuz genommen: Fotoserie "Kreuzweg" von Pater Christoph Merth.
Dreizehnte Station: Jesus wird vom Kreuz genommen: Fotoserie "Kreuzweg" von Pater Christoph Merth.
„Du kannst einen Menschen erst verstehen, wenn du in seinen Schuhen gegangen bist.“ So lautet ein Sprichwort. Es war der Auslöser für eine ungewöhnliche Fotoserie, die der Wiener Benediktinermönch Pater Christoph Merth gestaltet hat. Der Schuh-Kreuzweg ist derzeit im Polyphonen Oikos (Foyer der Kategorialen Seelsorge der Erzdiözese Wien) am Stephansplatz ausgestellt.
Mit schweren braunen Lederschuhen, handgefertigt, und viele, viele Jahre alt, so kommt der Fotograf Christoph Merth zur Ausstellungseröffnung. Die Schuhe, sie sind ihm eine Nummer zu groß, standen 2008 Modell, als - während eines Aufenthaltes in Aussee die Schwarzweiß-Fotoserie "Kreuzweg" entstand. "Ich habe diese Schuhe sehr gern. Ich trage sie seit ungefähr 25 Jahren, sie haben die dritten Sohlen und die fünften Schuhbänder", sagt Christoph Merth, Benediktinermönch im Wiener Schottenstift und Hobbyfotograf. "Die Schuhe begleiten mich also schon eine ganz schöne Zeit durch mein Leben."
Das erste Foto, die erste Station des Schuh-Kreuzweges, hat den Titel: Jesus wird zum Tode verurteilt. Am Bild zu sehen ist sandiger Boden, und - als wäre der Mensch uns gegenüber unsichtbar, so stehen wir seinen Schuhen frontal gegenüber.
"Wenn man überlegt, was symbolisch für einen Menschen steht, dann ist der Schuh gar nicht so fern", erklärt Pater Christoph Merth und verweist auf ein Sprichwort: "Du kannst einen Menschen erst verstehen, wenn du in seinen Schuhen gegangen
bist.“ Auch ein anderer Ausspruch zeige, wie wichtig der Schuh für den Menschen ist: Oft sagen wir: Wo drückt dich der Schuh?
Zweite Station: Jesus nimmt das Kreuz auf sich: Die Schuhe haben sich von uns abgewandt, sie stehen einem Holzbrett gegenüber. Dritte Station: Jesus fällt unter dem Kreuz: Jetzt liegen die Schuhe - als hätte sie jemand verloren. Und so fort… "Schuhe begleiten einen Menschen", sagt der Fotograf. Der Schuh ermögliche manche Wege überhaupt erst. In seiner Fotoserie schließlich deutet der Schuh den letzten Weg an, den der Mensch Jesus ging.
Nach den üblichen vierzehn Stationen, folgt bei Pater Christoph Merth eine fünfzehnte: Jesus wurde auferweckt, das Grab ist leer. Das Foto zeigt den sandigen Boden, aber keine Schuhe mehr. Zu sehen ist "eine Leere". Es ist eine Montage aus den übereinandergelegten Bildern. "Einerseits eine technische Spielerei", so der Fotograf: "Andererseits ist es keine 'leere' Leere, denn es seien Spuren am sandigen Boden zu sehen." Das deutet er auf das "Leben nach dem Tod" oder das "Leben bei Gott": Wie auch immer man es sich vorstellen möge, das Schöne an dieser Botschaft sei, dass es etwas mit dem Leben hier zu tun habe. "Es ist zwar verwandelt und erlöst, aber auch geprägt von unserem Leben jetzt."
Die Fotoausstellung, die noch bis Anfang Mai zu sehen ist, befindet sich im Ausstellungsraum "Polyphoner Oikos", das ist im Foyer der Kategorialen Seelsorge der Erzdiözese Wien. (1010 Wien, Stephansplatz 6 / Stiege III / Dachgeschoß)
Radio zum Nachhören: radio klassik Stephansdom berichtet von der Eröffnung der Ausstellung: