Freitag 29. März 2024
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"Fremdenangst hat in Österreich historische Wurzeln"

(07.01.2013) Pastoraltheologin Polak spricht auf der Pastoraltagung in Salzburg von 10. bis 12. Jänner. Das Thema ist heuer "Migration und Integration".

Bereits die Protestanten unter Josef II. seien "geduldet" gewesen, "solange man ihre Kirchen nicht öffentlich sah". Und die 100.000 Tschechen, die um 1900 nach Wien kamen, mussten laut Polak "ihre Sprache aufgeben, um hier leben zu dürfen". Diese "Erinnerungen an Repression" würden im kulturellen Gedächtnis Österreichs schlummern - "und in Krisenzeiten können sie von einem fahrlässigen politischen Diskurs sehr rasch aktiviert und in Fremdenfeindlichkeit verwandelt werden". Das sagte die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak in einem Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag".

 

Solange die "Ausländer" brav, angepasst und unsichtbar seien und "dienen" - wie slowakische Pflegerinnen, philippinische Krankenschwestern und polnische Reinigungskräfte - seien sie willkommen und gelten als "nützlich". Sobald sie aber den ihnen zustehenden öffentlichen Raum einforderten, würden viele Einheimische abweisend reagieren. "Es geht also um Angst vor Machtverlust", so Polak.

 

"In der Kirche gibt es keine Fremden"

Dem hielt Polak die von Papst Johannes Paul II. formulierte christliche Überzeugung entgegen: "In der Kirche gibt es keine Fremden." Die ganze Bibel sei ein "Migrations-Buch". Nahezu alle Texte des Alten Testamentes seien im Kontext von Migrationserfahrung entstanden, auch aus dem Neuen Testament gehe hervor, dass sich die ersten Christen als "Anhänger des Weges" verstanden - in Nachfolge Christi, der sich selbst als "Weg, Wahrheit und Leben" bezeichnete.

 

"Convivenz" statt Assimilation

Statt "Integration" bevorzuge sie allerdings den Begriff "Convivenz" - das Zusammenleben in Vielfalt und Verschiedenheit. "Das ist Europas große Lernaufgabe", sagte Polak.

 

Wenn es gelinge, eine Minorität in einer Mehrheitsgesellschaft teilhaben zu lassen, habe sich Migration historisch immer wieder als "Innovationspotenzial" erwiesen, so Polak. Faktisch bedeute Integration aber sehr oft Assimilation, "also einseitige Anpassung an eine Gesellschaft, die man als 'homogen' phantasiert". Auch für die Kirche berge Migration enorme Lernchancen. Sie könne Gerechtigkeit neu erkennen, bekomme Anstöße zu sozialem Engagement, lerne miteinander zu leben in Vielfalt und Diversität - etwas, das Polak als "gut katholisch" bezeichnete. "Aber dies kann nur mit den Menschen mit Migrationsgeschichte gemeinsam erfolgen!"

 

Pastoraltagung "Migration und Integration"

Regina Polak ist eine der Vortragenden bei der Österreichischen Pastoraltagung, die von 10. bis 12. Jänner 2013, im Salzburger Bildungshaus St. Virgil dem Thema "Migration und Integration: Pastorale Herausforderungen und Chancen" gewidmet ist. Getragen von der christlichen Überzeugung, dass "letztlich alle Menschen geschwisterlich verbunden" seien, will das Österreichischen Pastoralinstitut (ÖPI) mit seiner traditionsreichen Großtagung Anregungen geben, wie das Zusammenleben von Vertretern unterschiedlicher Kulturen und Religionen gelingen kann.

Aus der Reihe hochkarätiger Vortragender ragt Kurienerzbischof Agostino Marchetto heraus, jahrelang "Einwanderungsminister" des Vatikan. Der kongolesische Autor und Philosoph Espérance Francois Bulayumi - er ist Bildungsbeauftragter des Afro-Asiatischen Instituts in Wien - bringt seine Erfahrungen unter dem Titel "Mein langer Weg nach Österreich" in die Pastoraltagung ein. Ein weiterer Höhepunkt ist ein Podiumsgespräch mit dem Wiener Caritasdirektor Michael Landau, Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz und der Dresdener Religionspädagogin Monika Scheidler.

Zum Thema Ökumene sprechen der Wiener Weihbischof Franz Scharl, der lutherische Bischof Michael Bünker, der serbisch-orthodoxe Erzpriester Pater Drago Vujic und Laszlo Venczer, langjähriger Nationaldirektor der Fremdsprachigen Seelsorge Österreichs.

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