Wegen der anhaltenden Dürre nach einer viel zu kurzen Regenzeit hatten die Bauern im vergangenen Herbst nur ein Viertel der normalen Ernteerträge, erzählte Schweifer von der Situation in Mali: "Wir haben mit Familien gesprochen, die gesagt haben, normalerweise haben sie drei Essen am Tag, jetzt müssen sie so rationieren, dass sie nur eines am Tag haben." Noch gebe es keine Flüchtlingslager wegen der Hungerkrise, berichtete der Caritas-Auslandshilfechef. Vor allem junge Menschen würden aber von ihren Familien bereits vom Land zur Arbeitssuche in die Städte geschickt, damit die Familien Essen kaufen können.
Den Höhepunkt der Krise, von der Mali, Tschad, Niger, Mauretanien, Burkina Faso und der Senegal am schlimmsten betroffen sind, erwartet der Caritas-Experte im Juli und August, da die nächste Ernte frühestens im September erfolgen kann. Hilfsorganisationen wie die Caritas haben aber bereits jetzt mit Nothilfemaßnahmen begonnen. Am vergangenen Wochenende fand dazu in der malischen Hauptstadt Bamako eine internationale Caritas-Koordinierungs-Konferenz statt. "Je früher wir mit der Hilfe beginnen, desto geringer wird das Ausmaß der Katastrophe ausfallen", erklärte Schweifer.
Zu einem schnellen Handeln hatte zuletzt auch die UN-Nothilfekoordinatorin Catherine Bragg aufgerufen. Laut Vereinten Nationen sind mehr als 550 Millionen Euro Nothilfe notwendig, um die betroffenen Menschen in der Sahelregion in den kommenden Monaten mit Essen, Wasser, sanitären Mitteln und Medikamenten zu versorgen.
Die Caritas konzentriert ihre Hilfe derzeit auf die Versorgung von Kindern, Schwangeren, Stillende und alten Menschen mit Zusatzernährung. Parallel dazu läuft der langfristige Aufbau von Infrastruktur wie Brunnen oder Wasser-und Getreidespeichern weiter, sagte Schweifer: "Wir sind in einer Region, wo Unterernährung auf der Tagesordnung steht und zur chronischen Unterernährung kommt jetzt die akute Hungerkrise."
Die Länder der Sahelzone gehören zu den ärmsten der Welt. In Niger und im Tschad ist rund ein Drittel der Bevölkerung chronisch unterernährt. Immer wieder ist es in Westafrika in den vergangenen Jahren zu akuten Hungersnöten gekommen. Wetterextreme spielten dabei eine wesentliche Rolle. 2006 beispielsweise lagen die Ernteausfälle durch Dürre und Heuschreckenplage in Niger bei 50 bis 100 Prozent. In den Jahren 2007 und 2009 litten viele Menschen in der jetzt erneut von Trockenheit betroffenen Sahel-Region hingegen unter Überschwemmungen. Dürren und Überschwemmungen verstärken dabei gegenseitig ihre Auswirkungen: Ausgedörrte, trockene Böden lassen Regenfälle schnell und oberflächig abfließen. Durch Überflutungen erodierte Regionen sind wiederum anfälliger für Trockenperioden.