Wie aus der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen bekannt wurde, bestätigt das Kardinalskollegium das für die Seligsprechung von Hildegard Burjan nötige Wunder. Nun wird Papst Benedikt XVI. ein Dekret zur Unterschrift vorgelegt - der letzte noch notwendige Schritt zur Seligsprechung der österreichischen Sozialpionierin und Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis.
Das anerkannte Wunder betrifft die Heilung einer Frau, die sich in ihrem Anliegen an Hildegard Burjan gewandt hat. Infolge mehrerer Operationen konnte sie kein Kind zur Welt bringen. Dass sie später drei gesunden Kindern das Leben schenkte, ist für die den Fall begutachtenden Ärzte von medizinischem Standpunkt aus unerklärlich. Die Frau fühlte sich Hildegard Burjan verbunden, die in ähnlicher Lage einer Tochter das Leben schenkte.
Von einer "großen Freude" sprach Kardinal Christoph Schönborn, der Bischof der Erzdiözese Wien, die die Seligsprechung initiiert hat: "Das ist ein lange ersehntes und erwartetes Ereignis - ein starkes Zeichen für die Caritas Socialis und für das, wofür sie steht." Der Wiener Erzbischof betonte die "außergewöhnliche Biografie" Burjans - die die erste Frau im österreichischen Parlament war und als Ehefrau und Mutter den Orden der Caritas Socialis gegründet hat: "Eine große Helferin in sozialer Not." Besonders hob Kardinal Schönborn "die große Wachheit Hildegard Burjans für die Nöte und Anforderungen einer Umbruchszeit" hervor.
"Eine selige Hildegard Burjan, wäre ein Gewinn für die Kirche in Österreich", sagt Schwester Maria Judith Tappeiner, die Generalleiterin der Caritas Socialis. Die Gründerin der Schwesterngemeinschaft habe mit ihrem Weitblick soziale Maßstäbe für Frauenrechte gesetzt: "Verwurzelt in Gott hat sie sich weit hinausgewagt, um Menschen in Not zu helfen. So gründete sie gegen den Widerstand vieler zum Beispiel das erste Wohnheim für Mutter und Kind. Hildegard Burjan ermutigt besonders heute zum Engagement in Kirche, Gesellschaft und Politik."
Ingeborg Schödl - sie ist die Vizepostulatorin und Vorsitzende des Hildegard Burjan Komitees - meint, Hildegard Burjan gäbe "ein Beispiel dafür, dass Christen die Verpflichtung haben gegen ungerechte Strukturen aufzutreten und sich daher auch in das politische Geschehen einbringen sollen". Politisches Engagement gehöre zum praktischen Christentum, so Schödl: "Die Verantwortung für den Mitmenschen war auch das Motiv für ihre soziale und politische Tätigkeit. Wie viele Frauen heute lebte auch Hildegard Burjan im Spannungsfeld von Familie und außerhäuslichem Engagement. Die Kraft zur Bewältigung ihrer vielfältigen Aufgaben schöpfte sie aus ihrem tief verwurzelten Glauben. Hildegard Burjan kann den Frauen des 21. Jahrhunderts, die ebenfalls mit einer Fülle von Anforderungen in und außerhalb der Familie konfrontiert sind, durchaus ein Vorbild sein."
Hildegard Burjan wurde 1883 in Görlitz an der Neiße geboren. Sie engagierte sich vor allem auf sozialpolitischer Ebene, insbesondere für die Rechte der Frauen und für die Randgruppen der Gesellschaft. Als erste christlichsoziale Abgeordnete zog sie in das Parlament der Ersten Republik. Im Oktober 1919 gründete sie die Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, deren Vorsteherin sie als verheiratete Frau und Mutter bis zu ihrem Tod, am 11. Juni 1933 war. Heute bieten die drei Pflege- und Sozialzentren der Caritas Socialis in Wien professionelle Pflege und Betreuung für alte und chronisch kranke Menschen an. "Sozial arbeiten heißt auch vorbeugen", so Hildegard Burjan im Jahr 1913, "heißt Kluften, die innerhalb der Gesellschaft entstehen, mit christlicher Liebe und mitfühlendem Herzen zu überbrücken suchen."