Zahlreiche Katholiken mit Kardinal Christoph Schönborn an der Spitze setzten am Mittwoch, 8. Dezember 2010, in der Wiener Innenstadt ein deutliches Zeichen für die Bedeutung des Marienfeiertags "Maria Empfängnis".
Wesentlich mehr Gläubige als in den Vorjahren beteiligten sich an der Lichterprozession von der Mariensäule am Platz Am Hof zum Stephansdom. Auch der neue Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics und Dompfarrer Anton Faber nahmen an der Lichterprozession teil, ebenso wie zahlreiche Ministrantinnen und Ministranten aus allen Teilen der Erzdiözese Wien.
Mit Bischof Zsifkovics war auch ein kroatischer Chor aus seiner früheren Pfarre Wulkaprodersdorf gekommen, der typische burgenland-kroatische Marienlieder sang. Die Mariensäule auf dem Platz Am Hof hat eine besondere historische Bedeutung: 1647 wurde die Vorgängerin der heutigen Säule aufgestellt, Anlass war die Weihe Österreichs an die Gottesmutter durch Kaiser Ferdinand III.
In seiner Predigt bei der an die Lichterprozession anschließenden Pontifikalvesper im Stephansdom erinnerte Kardinal Schönborn an die Bedeutung der Maria-Pocs-Ikone im Stephansdom, vor der jeden Tag "tausende Menschen beten und Kerzen anzünden". Die einfache Ikone aus dem östlichen Ungarn bringe den zentralen Inhalt des Festes am 8. Dezember zum Ausdruck: Maria war im Hinblick auf ihre Aufgabe als Mutter Jesu vom ersten Augenblick ihrer Existenz an ohne Erbschuld.
Auf der Maria-Pocs-Ikone weise Maria mit einer großen Hand auf Jesus - in der byzantinischen Tradition des Typus der "Wegweiserin" (Hodigitria). Im späten 17. Jahrhundert habe die Menschen das 1697 bezeugte "Tränenwunder" der Ikone fasziniert. Man könne sich die Frage stellen, warum die Gottesmutter weint: "Vielleicht deshalb, weil Maria Mitleid hat mit allem Leid der Menschen".
Die Idee einer Befreiung Mariens von der Schuldverwobenheit der Menschen war bereits den Christen der ersten Jahrhunderte ein vertrauter Gedanke, wurde in den Gebetszetteln für Lichterprozession und Marienvesper festgehalten. Nach dem Konzil von Ephesus im Jahr 431 habe die Idee fortschreitend an Klarheit und Vertiefung gewonnen, vor allem durch Theologen des Ostens. Ab dem 13. Jahrhundert sei die Konzeption einer Bewahrung Mariens vor der Verstrickung in das Böse vom ersten Augenblick ihrer Existenz an von den meisten Theologen im Westen vertreten worden, mehrere Päpste und Konzile verbreiteten diese Überzeugung, bis es am 8. Dezember 1854 durch Pius IX. - nach einer Rundfrage im katholischen Weltepiskopat - zur Verkündigung des Dogmas von der "ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria" kam. In den Gebetszetteln wurde daran erinnert, dass auch die Muslime gemäß Sure 3 des Koran Maria als "bereits im Mutterleib von Gott auserwählt" verehren.