Vatikanstadt. Erzdioezese-Wien.at veröffentlicht ein Interview mit dem Sondersekretär der Nahost-Bischofssynode, Youssef Soueif, maronitischer Erzbischof von Zypern. Seine zentrale Botschaft: Die Christen im Nahen Osten treten für Frieden und Versöhnung ein.
Bei der Nahost-Bischofssynode, die am Samstag, 23. Oktober 2010, in Rom zu Ende ging, wurden 44 Vorschläge zur Stärkung der katholischen Kirche in Nahost von den Synodenvätern erarbeitet und an Papst Benedikt XVI. überreicht. Das Papier dient dem Papst als Grundlage für das Verfassen des offiziellen Schlussdokuments der Nahost-Bischofssynode, das in mehreren Monaten erscheinen wird.
Bischof Soueif wurde 1962 im Libanon geboren; am 3. September 1987 wurde er im nordlibanesischen Tripoli (Tarabulus) zum Priester geweiht. Die maronitische Synode wählte ihn 2008 zum maronitischen Erzbischof von Zypern. Am 6. Dezember 2008 weihte ihn der maronitische Patriarch, Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir, in der Basilika Notre-Dame-de-Harissa zum Bischof. Im Oktober 2009 wurde Erzbischof Soueif für die katholische Kirche im EU-Land Zypern Mitglied des "Rates der europäischen Bischofskonferenzen" (CCEE). Als geistlicher Führer der größten katholischen Gemeinschaft auf Zypern hielt er beim Besuch des Papstes auf Zypern die Begrüßungsansprachen bei den geistlichen Höhepunkten.
Was bedeutete der Papstbesuch auf Zypern?
Erzbischof Soueif: Im heurigen Juni haben wir eine wunderbare Erfahrung gemacht, als Papst Benedikt XVI. an drei historischen und sehr gnadenreichen Tagen auf die Insel kam. Wir Zyprioten haben den Papst gemeinsam sehr herzlich empfangen - die orthodoxe Kirche von Zypern unter Führung von Erzbischof Chrysostomos II., die aus Maroniten und Lateinern geformte katholische Kirche auf Zypern und auch die Regierung Zyperns unter Führung des Präsidenten Dimitris Christofias.
Der Besuch war auf nationaler, sozialer, kirchlicher und geistlicher Ebene ein Erfolg. Zypern ist - als Mitgliedsstaat der Europäischen Union - seinem Wesen und seiner Art nach eine Brücke zwischen dem Nahen Osten und Europa. Sein Platz und seine geostrategische Rolle helfen sehr, eine Brücke zu sein. Das bedeutet: ein Raum zu sein für Zusammenkünfte, für die Einheit, für die Zusammenführung der kulturellen Dimensionen zwischen Ost und West.
An dieser Stelle ist eine sehr symbolreiche Tatsache zu erwähnen: Der Papst hat während seines Besuches im Juni auf Zypern den anwesenden Patriarchen und Vertretern der Bischofskonferenzen des Nahen Ostens das "Instrumentum Laboris" für die jetzt zu Ende gegangene Sondersynode in Rom präsentiert.
Sie sind Erzbischof der maronitischen Kirche. Welche Bedeutung hat die maronitische Kirche auf Zypern?
Erzbischof Soueif: Im Hinblick auf die Existenz der Maroniten auf Zypern ist zu sagen, dass wir nicht erst seit kurzem hier sind. Wir leben bereits seit ungefähr 1.200 Jahren auf dieser Insel und sind Teil der Gesellschaft. Seit 1357 ist die ununterbrochene Liste der maronitischen Erzbischöfe von Zypern schriftlich bezeugt. So leisten wir unseren Einsatz im Sinne des multikulturellen Bildes der Gesellschaft auf der Insel Zypern, indem wir unsere liturgisch-kulturellen Schätze, unsere Tradition sowie unsere geistlichen und menschliche Erfahrungen für das Wohl des ganzen Landes einsetzen.
Was war Ihre Aufgabe bei der Nahost-Synode?
Erzbischof Soueif: Ich wurde vom Papst im April 2010 zum Sondersekretär dieser Synodenversammlung für den Nahen Osten bestimmt. Daher gehörte ich dem Präsidium der Synode an. Die Aufgabe des Sondersekretärs bestand darin, den Generalberichterstatter dieser Bischofssynode, den koptisch-katholischen Patriarchen, Kardinal Antonios Naguib, direkt zu unterstützen.
Es war wichtig, allem, was gesagt wird, zu folgen und sehr aufmerksam zuzuhören, was die Synodenväter formulierten und was sie auf Grund ihrer Erfahrung als Hirten der ihnen anvertrauten Teilkirchen beitrugen. Die vorbereitenden Dokumente der Synode haben die nötige Atmosphäre geschaffen. Das Allerwichtigste war jedoch, was der Heilige Geist durch die Bischöfe sagte. Zugleich reflektierte jeder Synodenvater die Erfahrung des Volkes Gottes an einem konkreten Ort.
Als Sondersekretär hatte ich die Arbeit der Synodenväter zu begleiten und dabei zu helfen, diese Eingaben am Ende der Sitzungen zu formulieren. Diese ganze Arbeit wurde von Experten und von einem großen Mitarbeiterstab, der im Generalsekretariat der Synode tätig ist, unterstützt. Am Ende wurde das Resultat dem Generalsekretär der Bischofssynode, Erzbischof Nikola Eterović, präsentiert.
Wirft man einen Blick in das "Instrumentum Laboris": was ist davon für die Kirche auf Zypern wesentlich?
Erzbischof Soueif: Die Maroniten leben seit dem 8./9. Jahrhundert auf der Insel. Unsere geistliche Erfahrung zeigt, dass wir uns als religiöse Menschen verstehen, die sehr stark mit der Kirche verbunden sind. Gott sei Dank leben die Leute ihren Glauben, aber wir müssen besonders auf die Jugend schauen, was das Glaubensleben und die Spiritualität betrifft.
Wir formen in Zypern - zusammen mit unseren Brüdern und Schwestern aller Gemeinschaften, mit lateinischen Katholiken, mit griechisch-orthodoxen Christen, mit Muslimen - die Gesellschaft der Insel. Wir Maroniten tragen dazu bei, diese unsere konkrete multikulturelle Gesellschaft als authentische Botschaft des friedlichen Zusammenlebens zu stärken. Natürlich möchten wir eine Lösung des Zypernproblems, die auf Frieden, Versöhnung, Freiheit und Gerechtigkeit basiert. Wir als Maroniten wünschen uns, in unsere traditionell maronitisch besiedelten Dörfer zurückkehren zu können (sie befinden sich im Norden der Insel, Anm. d. Red.).
Wir glauben, dass alle Gotteshäuser auf dieser Insel - egal welcher Religionsgemeinschaft - für alle Menschen offen sein sollten. Dies wäre ein Segen für die Versöhnung, für die Vergebung und für die Liebe unter den Menschen. Die Christen sind besonders dazu berufen, Zeugnis von den Werten der Frohbotschaft und der Realität der Auferstehung zu geben, was nämlich Friede, Vergebung, Brüderlichkeit, Liebe und Respekt für jeden Menschen in der Welt angeht!
Wir ermutigen zudem alle Initiativen, um unter den Christen sowie zwischen den Christen und Nichtchristen bei verschiedenen Projekten - etwa im Bildungs- und im sozialen Sektor - zusammenzuarbeiten. Zusammenarbeiten hilft, das Vertrauen zu stärken und die Freundschaft unter den Menschen und Familien zu erneuern.
(Das Interview führte Gabriela Maria Mihlig, Rom-Korrespondentin für den lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Fouad Twal; E-Mail: gmtm@gmx.at).