Donnerstag 25. April 2024
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Fairness für alle

(16.03.2014) Menschenrechts-organisation „Vaan Muhil“ versucht mit Unterstützung der Aktion Familienfasttag in Südindien zu helfen.

In Tamil Nadu in Südindien arbeiten junge Frauen und Mädchen unter unvorstellbaren Bedingungen in den Baumwollspinnereien. Die Menschenrechts-organisation „Vaan Muhil“ versucht ihnen mit Unterstützung der Aktion Familienfasttag zu helfen.


 

 

Arockiasamy Britto weiß was er will: Faire und gerechte Arbeitsbedingungen für die Baumwollspinnerinnen in Indien.


Seit vielen Jahren kämpft er mit seiner Menschenrechtsinitiative „Vaan Muhil“ im Bundesstaat Tamil Nadu in Südindien für die Rechte der Frauen, die dort in den Baumwollspinnereien arbeiten. „Die Arbeitsbedingungen entsprechen einer modernen Form der Lohnsklaverei“, erzählt er bei einem Besuch in Wien: „Junge Frauen aus armen Familien werden von Unternehmen in mehrjährige Arbeitsverträge gelockt, die eine Mitgift und damit eine Zukunft als ,Sumangali‘ – als ,glücklich verheiratete‘ Frau – garantieren sollen.“ Sumangali Schema wird diese Art der Rekrutierung genannt.


Die zwischen 13 und 20 Jahre alten Mädchen und Frauen werden in Barackenlagern, die bei den Spinnereien errichtet werden, unter sklavenähnlichen Bedingungen gehalten: 12-Stunden-Schichten und eine 7-Tage-Woche ohne Urlaub sind laut Arockiasamy Britto dabei ebenso an der Tagesordnung wie ständige Überwachung. Die Frauen werden von ihren Familien getrennt und sind Gewalt und Demütigungen ausgesetzt. Die Lohnversprechen werden nicht eingehalten. „Die Verantwortlichen in den Spinnereien erfinden immer wieder Gründe, warum die Frauen und Mädchen weniger ausbezahlt bekommen, als eigentlich vereinbart“, erzählt Arockiasamy Britto: „Sie hätten zu langsam gearbeitet, oder seien zu spät gekommen. Natürlich stimmen diese Vorwürfe nie, aber die Frauen können sich gegen diese Ungerechtigkeit nicht wehren.“


Knapp 200.000 junge Frauen werden laut Arockiasamy Britto derzeit in Baumwollspinnereien nach diesem Schema ausgebeutet. Der Protest der indischen Zivilgesellschaft dagegen sei bisher sehr leise, staatliche Instanzen wie das Arbeitsministerium im südindischen Bundesstaat achteten mehr auf die Interessen der Unternehmen als auf die Rechte der Arbeiterinnen. Die Initiative „Vaan Muhil“ setzt dem Aufklärung in Dörfern und Familien in Armenregionen, Rechtshilfe für Betroffene, Kampagnen und Bildungsarbeit entgegen. Vor kurzem wurde eine Schneiderei für fair produzierte Kleidung eröffnet.


Bewusstseinsbildung

Arockiasamy Brittos Initiative ist nur eines von rund 100 Projekten, die die Katholische Frauenbewegung mit ihrer Aktion Familienfasttag Jahr für Jahr unterstützt.
Die Aktion Familienfasttag hat in Österreich eine lange Tradition. 1958 wurde das erste Mal unter dem Generalmotto „Teilen macht stark“ in der Fastenzeit Spenden für Hilfsprojekte in Asien, Afrika und Lateinamerika gesammelt. In diesem Jahr steht die Aktion auch noch unter dem Motto „Billig ist doch zu teuer : Faire Arbeitsbedingungen für alle“ und will das Bewusstsein der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten schärfen, dass Billigkleidung oft auf Kosten der Fairness gegenüber Arbeiterinnen in der Textilproduktion geht.


Die von der kfbö unterstützte „Clean Clothes Kampagne“ hat im Vorfeld des Familienfasttages eine Befragung unter zehn österreichischen Bekleidungsunternehmen (u.a. Huber, Eisbär, Northland, Palmers, Triumph und Wolfort) zum „Sumangali Schema“ durchgeführt. Das Ergebnis ist laut Christine Esterbauer, der Sprecherin der Clean Clothes Kampagne Österreich „ernüchternd“: Diese „grausame Form der Ausbeutung“ sei für heimische Textilfirmen in der eigenen Zulieferkette kein Thema: „Es gibt weder ein Bewusstsein über die negativen Aspekte der Bekleidungsproduktion, noch ein Interesse daran, solche Formen extremer Ausbeutung zu verhindern.“ Die befragten Unternehmen würden sich – sofern sie überhaupt antworten – auf Verhaltenskodices berufen, die für ihre Endproduktionsstätten gelten; davor tätige Zulieferer sind laut Christine Esterbauer jedoch nicht im Blick. Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich ruft sie deshalb dazu auf, bewusster zu kaufen und von den europäischen Produzenten konkrete Antworten einzuforden. „Fragen Sie bei den Produzenten nach, woher sie ihr Rohmaterial beziehen. Es kann sich langfristig nur etwas ändern, wenn die Produzenten in Europa sehen, dass es ihren Kunden nicht egal ist, unter welchen Bedingungen ihre Kleidung hergestellt wird.“
    Andrea Harringer

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