Dienstag 28. Mai 2024
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Das Herz sucht das Geheimnis Gottes

(02.03.2014) Interview mit Univ.-Prof. Josef Weismayer über P. Karl Rahner SJ.

Am 5. März vor 110 Jahren wurde er geboren, am 30. März vor 30 Jahren starb er: P. Karl Rahner SJ (1904-1984). Univ.-Prof. Josef Weismayer über den großen Jesuiten-Theologen. 


 

Was verbindet den Jesuiten P. Karl Rahner SJ mit Wien?

Weismayer: Seine Verbindung mit Wien „verdankt“ Karl Rahner der Nazi-Zeit. Am 1. Juli 1937 war er an der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck zum Privatdozenten ernannt worden. Diese Lehrtätigkeit erfuhr nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 ein rasches Ende, denn schon im Juni 1938 wurde die Theologische Fakultät aufgehoben. Die Einrichtung einer kirchlichen Fakultät mit päpstlicher Approbation in Gebäuden, die dem Orden gehörten, hatte auch nur eine Lebensdauer; im Oktober 1939 wurden die Gebäude beschlagnahmt. Karl Rahner wurde mit „Gauverbot“ belegt, Ende 1939 kam er nach Wien in die Jesuitenresidenz „Am Hof“, die bis 1952 das Zentrum der Jesuitenpräsenz in Wien darstellte. Hier konnte er im Rahmen einer ordensinternen Theologieausbildung als Dogmatikprofessor wirken. Die jüngeren Mitbrüder waren ja durch den sogenannten Führerbefehl 1941 als „wehrunwürdig“ aus der deutschen Wehrmacht entlassen worden.

 

Das Bedeutendste in Rahners Wiener Zeit war zweifellos seine Mitarbeit in dem von Prälat Karl Rudolf gegründeten und geleiteten „Wiener Seelsorgeamt“. Eine der Hauptaufgaben war die Priesterfortbildung. Auch im Rahmen der 1940 von Dr. Margarete Schmid gegründeten Theologischen Kurse für Laien hat er mitgearbeitet. Diese Aktivitäten mit ihren spezifischen Akzenten und Impulsen waren aber nicht von allen kirchlich Verantwortlichen im Deutschen Reich positiv beurteilt worden. 1943 führte Erzbischof Conrad Gröber von Freiburg in einem Brief an den „großdeutschen“ Episkopat Klage über „Neuerungen auf dem Gebiet der katholischen Glaubenslehre und Liturgie“. Dabei erwähnte er besonders die „Wiener Aktivisten“ als Störenfriede. Ein Arbeitskreis des Seelsorgeamtes verfasste als Antwort einen Text mit dem Titel „Philosophische und theologische Zeitfragen “. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Karl Rahner den Text konzipiert, der schließlich als „Wiener Memorandum“ von Kardinal Innitzer an den gesamten deutschen Episkopat und auch nach Rom versendet wurde.

Was zeichnet den großen Denker Karl Rahner aus?

Weismayer: Es gibt kaum eine theologisch bedeutsame Frage, die Rahner nicht wenigstens in einem Aufsatz behandelt hätte. Obwohl er nie ein Kompendium der Dogmatik verfasst hat, kann man seinen „Grundkurs des Glaubens“ als große Konzeption seines theologischen Denkens betrachten. Ich möchte aber die Frage mit einem Hinweis auf seinen letzten großen Vortrag vor seinem Tod am 30. März 1984 beantworten. Zur Feier seines achtzigsten Geburtstags am 5. März 1984 veranstaltete die Katholische Akademie der Erzdiözese Freiburg am 11./12. Februar 1984 eine Tagung, an der Rahner den Schlussvortrag über die „Erfahrungen eines katholischen Theologen“ hielt. Mich beeindruckt immer von neuem, dass er als ersten wesentlichen Punkt seines „Testaments“ daran erinnert, dass alle unsere Aussagen über Gott analoge Aussagen sind: Gott ist und bleibt der Unbegreifliche, er ist das große Geheimnis. Wir vermögen etwas Zutreffendes über Gott auszusagen auf Grund seiner Offenbarung und Selbstmitteilung, aber die „Unähnlichkeit“ ist größer als die „Ähnlichkeit“, wie Rahner mit dem 4. Laterankonzil (1215) betont.

Rahner schrieb wunderbare Bücher über das Gebet. Welche Bedeutung hatte die Spiritualität für sein Denken und Leben als Jesuit?


Weismayer: Neben Predigten, Exerzitienvorträgen und vor allem Gebetstexten sind da vor allem seine Studien zur ignatianischen Unterscheidung der Geister zu nennen. Unmittelbar nach dem Ende des 2. Vatikanischen Konzils hielt Rahner 1965 in München einen Vortrag, in dem er sich die Frage stellte: Was ist das letzte Ziel, die entscheidende Frucht des großen Bemühens des Konzils? Er antwortete: „Glaube, Hoffnung und Liebe zu Gott und den Menschen … Auch ein Konzil sucht das Herz, das glaubend, hoffend und liebend sich loslässt und sich dem Geheimnis Gottes übergibt.“

Welche Bücher von Rahner empfehlen Sie als Hinführung zu diesem großen Lehrer der Theologie?

Weismayer: Meine Antwort wird nicht alle befriedigen. Es gibt kompetente Einführungen in die Theologie Karl Rahners, vor allem von seinem Schüler Herbert Vorgrimler. Wer die spirituelle Persönlichkeit des Theologen Karl Rahner kennenlernen will, sollte/könnte „Von der Not und dem Segen des Gebetes“ lesen und meditieren oder die Sammlung der „Gebete des Lebens“, die Albert Raffelt herausgegeben hat.

 Interview: Stefan Kronthaler

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