Am 11. Oktober 1962 findet die Eröffnung des Konzils statt. 2540 Bischöfe ziehen in den Petersdom ein. Johannes XXIII. ist bereits von seiner tödlichen Krankheit gezeichnet. Ebenfalls anwesend sind Beobachter anderer christlicher Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften. Beeindruckend, aufschlussreich und klar ist die Eröffnungsansprache des Papstes (siehe„Konzils-Ton“).
dauert bis zum 8. Dezember 1962. Sie umfasst vor allem die Wahl in die Kommissionen. Die Interventionen der Kardinäle Leo Suenens (Brüssel-Mecheln) und Giovanni Battista Montini (Mailand) profilieren die Absicht und das Programm des Konzils. Am 3. Juni 1963 stirbt Johannes XXIII. Damit ist auch das Konzil unterbrochen – es liegt am neugewählten Papst, ob das Konzil fortgeführt wird oder nicht. Schon am 21. Juni wird der Wunschkandidat des Verstorbenen, Giovanni Battista Kardinal Montini, zum Nachfolger von Johannes XXIII. gewählt – er nimmt den Namen Paul VI. an und lässt keinen Zweifel daran, dass er das Konzil fortführen will und wird.
So findet vom 29. September bis zum 4. Dezember 1963 die zweite Session statt. Als erstes Dokument des Konzils wird die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium verabschiedet. In dieser Session kommt es zu einer massiven Kritik von Kardinal Frings (Köln), dessen theologischer Berater Joseph Ratzinger ist, am „Heiligen Offizium“ (der heutigen Glaubenskongregation) und seiner Verfahrensweise.
Am 6. August 1964 veröffentlicht Paul VI. seine Antrittsenzyklika Ecclesiam suam – ein wesentlicher Themenschwerpunkt ist der Dialog; bis heute findet sich in diesem
Dokument die theologisch fundierteste Grundlegung des Dialogs.
Es folgt vom 14. September bis zum 21. November 1964 die dritte Session. In ihr werden das Ökumenismusdekret Unitatis Redintegratio und die Kirchenkonstitution Lumen Gentium verabschiedet. Die dritte Session des Konzils ist am meisten von allen von Krisen geschüttelt worden: Der Minderheit gelingt es, den Papst für die „nota praevia“ zu gewinnen, die der Kirchenkonstitution beigefügt wird und den Primat des Papstes gegenüber dem Gedanken der Kollegialität hervorhebt – ein deutlicher Akzent.
Am „schwarzen Donnerstag“ des Konzils (19. November 1964) kommt es zuerst zu einer Abschwächung des Textes des Ökumenismusdekretes. Auf Grund der Intervention einer Minderheit von etwa 200 Bischöfen wird die Verabschiedung des Dekrets über die Religionsfreiheit (später ein wesentlicher Stein des Anstoßes, der nach dem Konzil zur Abspaltung der Gruppe um Erzbischof Marcel Lefebvre führt) verschoben.
Obwohl der Papst die Bedenken der Minderheit und der Kurie nicht teilt, möchte er offensichtlich die kurialen Mitarbeiter nicht bloßstellen. Das Konzil schließt seine Arbeit 1965 mit der vierten Session (14. September bis 8. Dezember), in der die Offenbarungskonstitution Dei Verbum und die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes verabschiedet werden. Am 7. Dezember kommt es zur feierlichen Rücknahme der Exkommunikationen zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen, am 8. Dezember zum Abschluss des Konzils.
Das Konzil versteht sich selbst als ökumenisches Konzil – eine Bezeichnung, die leicht in die Irre führen kann. Die Bezeichnung „ökumenisch“ bedeutet, dass es sich um eine Kirchenversammlung handelt, die für die Kirche auf der ganzen Erde verbindlich ist.
Die für das Plenum des Konzils vorbereiteten Texte werden Schemata genannt, sie wurden im Plenum vorgestellt, diskutiert und mussten durch das Plenum angenommen werden. Zahlreiche vorbereitete Schemata konnten bereits diese Hürde nicht nehmen.
Die Abstimmungen wurden in der Regel mit drei Möglichkeiten vorgenommen: placet (Zustimmung), non placet (Ablehnung) und placet iuxta modum (Zustimmung mit Änderungsvorschlägen).
In diesem Prozess hat sich auch der Papst des Öfteren zu Wort gemeldet (nicht selten aufgrund von Interventionen von Seiten der eher „konservativen“ Konzilsminderheit). Es ist dabei aber zu beachten, dass das Plenum sich diese vom Papst vorgelegten Korrekturen durchwegs zu eigen gemacht hat, sodass die entsprechenden Texte in der heute vorliegenden Form als Konzilstexte gelten müssen, auch wenn sich in ihnen auch Spannungen und Widersprüche zeigen. War ein Dokument schließlich spruchreif, kam es zur Schlussabstimmung.
Das heutige Leben der Kirche ist ohne das II. Vatikanische Konzil kaum vorstellbar. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?
Ein wichtiger Impuls zur Abhaltung des II. Vatikanums war der Abbruch des I. Vatikanischen Konzils (1869/1870). Der Grund für den Abbruch war die militärische Besetzung Roms. So konnte das Dokument zum Thema „Kirche“ nicht fertig gestellt werden, mit Ausnahme jenes Teiles, der sich mit dem Papst, seinem Primat und seinen unfehlbaren Entscheidungen „Ex cathedra“ befasste. Das führte in der Folge zu einer starken Betonung des Papsttums. Unter Theologen wurde sogar die Frage erörtert, ob es in Zukunft überhaupt noch ein Konzil braucht. Auf der anderen Seite dachte man immer wieder an eine Fortsetzung des Konzils.
Die unerwartete Ankündigung eines Konzils durch Johannes XXIII., dessen Wahl zum Papst verbreitet als eine Übergangslösung eingestuft wurde, war schließlich aber eine echte Sensation. Dabei war Johannes alles andere als ein progressiver Reformer – in Theologie und Frömmigkeit grundsätzlich traditionell ausgerichtet, war er vor allem sehr menschlich. Die Ankündigung des Konzils erfolgte am 25. Jänner 1959 im Kloster San Paolo fuori le mura vor einer Anzahl in Rom anwesender (Kurien-)Kardinäle.
Dass das Konzil begonnen und durchgeführt werden konnte, verdankt die Kirche einerseits der Tatsache, dass der Papst seine durch das Erste Vatikanum definierte Entscheidungsbefugnis einsetzte, andererseits der von Johannes vorgenommenen Internationalisierung des Kardinalskollegiums.
In der Enzyklika Ad Petri Cathedram (29. Juni 1959) charakterisiert Papst Johannes das Konzil: „Hauptzweck wird es sein, das Wachstum des katholischen Glaubens zu fördern, die Sitten des christlichen Volkes zu erneuern und die kirchlichen Rechtsnormen den Bedürfnissen und dem Denken unserer Zeit anzupassen. Ein wunderbares Schauspiel der Wahrheit, der Einheit und der Liebe. Ein Schauspiel, dessen Anblick, wie wir hoffen, auch für die vom Apostolischen Stuhl Getrennten eine sanfte Einladung darstellen wird, jene Einheit, um die Jesus Christus seinen himmlischen Vater so inständig gebeten hat, zu suchen und zu erlangen.“ So beginnt 1959 eine erste Phase der Vorbereitung:
1960 erfolgt die Einsetzung der Zentralkommission und zehn weiterer Kommissionen wie: Lehrfragen, Bischöfe und Diözesanverwaltung, Disziplin, Sakramente und Liturgie, Studien und Schulen.
Diese Kommissionen erarbeiten die Schemata, die Entwürfe für die Dokumente, die vom Konzil verabschiedet werden sollen. Des Weiteren kommt es zur Gründung zweier Sekretariate – für die Einheit der Christen, zu dessen Leitung Johannes XXIII. den Jesuiten Augustin Bea beruft, und für die Nichtglaubenden, das Kardinal Franz König übernimmt.
1961 beginnt die dritte Phase der Vorbereitung: Die Zentralkommission nimmt ihre
Arbeit auf – 59 Schemata sind vorbereitet. Die Texte sind, auch wenn sie aus heutiger Sicht ganz der damaligen Schultheologie verhaftet waren, hervorragend ausgearbeitet – die tatsächliche Arbeitszeit des Konzils wird daher mit wenigen Wochen veranschlagt. Umso
erstaunlicher: Keines der Schemata hat die Diskussion des Konzils „überlebt“; schließlich wurden 16 Dokumente vom Konzil verabschiedet: 4 Konstitutionen, 9 Dekrete und 3 Erklärungen.
Ganz spontan blicken wir zu Beginn dieses Allgemeinen Konzils auf die Vergangenheit zurück: Wie Stimmen, deren Echo uns ermutigt, wollen wir die Erinnerung an die verdienstvollen Taten unserer Vorgänger, der Päpste aus ferner und naher Vergangenheit, wieder wachrufen. Es sind beeindruckende und verehrungswürdige Stimmen, die das Zeugnis der Konzilien des Ostens und des Westens, vom vierten Jahrhundert über das Mittelalter bis in die Neuzeit übermitteln. So verkünden sie ständig den Ruhm dieser göttlichen und menschlichen Institution, d. h. der Kirche, die von Jesus ihren Namen, ihre Gnadengaben und ihre Wesensbestimmung erhält. Obwohl wir so Grund zur Freude haben, bleibt es dennoch wahr, dass diese Geschichte der letzten neunzehn Jahrhunderte auch von bitteren Schmerzen und von Prüfungen überschattet ist.
(Johannes XXIII., Eröffnungsrede)
Darum ist es der dringende Wunsch dieser im Heiligen Geist versammelten Heiligen Synode, alle Menschen durch seine Herrlichkeit, die auf dem Antlitz der Kirche widerscheint, zu erleuchten, indem sie das Evangelium allen Geschöpfen verkündet (vgl. Mk 16,15). Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit. Deshalb möchte sie das Thema der vorausgehenden Konzilien fortführen, ihr Wesen und ihre universale
Sendung ihren Gläubigen und aller Welt eingehender erklären. Die gegenwärtigen Zeitverhältnisse geben dieser Aufgabe der Kirche eine besondere Dringlichkeit, dass nämlich alle Menschen, die heute durch vielfältige soziale, technische und kulturelle Bande enger miteinander verbunden sind, auch die volle Einheit in Christus erlangen. (LG 1)
Gottes Wort voll Ehrfurcht hörend und voll Zuversicht verkündigend, folgt die Heilige Synode den Worten des heiligen Johannes: „Wir künden euch das ewige Leben, das beim Vater war und uns erschien. Was wir gesehen und gehört haben, künden wir euch, damit auch ihr Gemeinschaft habt mit uns und unsere Gemeinschaft. Gemeinschaft sei mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus“ (1 Joh 1,2–3). Darum will die Synode in Nachfolge des Trienter und des Ersten Vatikanischen Konzils die echte Lehre über die göttliche Offenbarung und deren Weitergabe vorlegen, damit die ganze Welt im Hören auf die Botschaft des Heiles glaubt, im Glauben hofft und in der Hoffnung liebt. (DV 1)
mit Msgr. Eugen Giselbrecht, ehemaliger Pastoralamtsleiter der Diözese Feldkirch, heute Pfarrer im Ruhestand.
➣ Wo waren Sie, als in Rom die Konzilsväter tagten?
Damals war ich Kaplan in Thüringen und Jugendseelsorger für das Dekanat Bludenz.
➣ Was bedeutete das „Ereignis Konzil"?
Nach der ersten Enttäuschung über die Wahl eines alten Papstes waren wir über den Mut von Johannes XXIII. überrascht, als er das Konzil ankündigte. Seine Absicht war: Die Kirche sollte die „Zeichen der Zeit“ erkennen und so neu auf Gottes Weisung hören und sich danach ausrichten. Die Weltkirche hat weithin gegen den Widerstand der römischen Kurie neue Wege aufzeigt. Dies bewirkte auch bei uns eine hoffnungsvolle Aufbruchsstimmung.
➣ Was sollten wir heute im Umgang mit dem Konzil besonders beachten?
Auch heute sind die „Zeichen der Zeit“ zu beachten. Auch heute gilt es, mit Mut, Zuversicht und Gottvertrauen Neues zu wagen. Nur so bleiben wir Gottes Auftrag heute und morgen treu.