Montag 13. Mai 2024
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Platz für die „Warum“-Frage

(25.9.2011) Zum „Raphaelfest“(29.9.): Barbara Neugebauer, blinde Seelsorgerin in Klosterneuburg.

Ihr eigenes Leben verlief anders als geplant: Barbara Neugebauer hatte im Oktober 1996, im fünften Semester ihres Theologiestudiums, einen Status Asthmaticus, einen Herz-Kreislauf-Stillstand infolge eines Asthmaanfalles. Sie war 26 Minuten ohne Sauerstoff und fünf Wochen im Koma. Es folgte ein jahrelanger Weg der Rehabilitation, bei dem sie – auch im „Weißen Hof“ – wieder gehen und sprechen lernte.

 

Geblieben sind die Blindheit, eine ataktische Gangstörung und teilweise Spastik in den Händen. Trotzdem gab sie nicht auf. Im Wintersemester 2000 begann sie wieder zu studieren und schloss 2008 mit dem Magisterium ab. Ihre Diplomarbeit schrieb sie über „Seelsorge in der Rehabilitation – der Umgang mit Krankheit und Sterben heute am Beispiel der Seelsorge in der Rehabilitation“ bei Univ.-Prof. Paul M. Zulehner.


Neugebauer arbeitet seit September 2008 als Seelsorgerin im Rehabilitationszentrum „Weißer Hof“ in Klosterneuburg. „Es ist wichtig, beim Erstkontakt gleich zu sagen, dass ich blind bin, damit die Patientinnen und Patienten durch mein Verhalten, wenn ich etwa  frage, wo ein Sessel ist, nicht irritiert sind. Nicht alle können mit einem Blindenstock etwas anfangen“, erzählt die Seelsorgerin. Im „Weißen Hof“ sind bis zu 200 Patienten aufgenommen, die mit einer Behinderung oder zumindest Einschränkung leben müssen.


„In den Begleitungen und Seelsorgegesprächen biete ich einen Raum, wo Platz ist für das Artikulieren von Schmerzen und Klagen, auch Anklagen und Aushalten der quälenden Warum-Frage.

 

Ich bin auch da für jene, die nicht glauben können“, sagt die Seelsorgerin. Aktives und empathisches Zuhören sind zentrale Inhalte ihrer Arbeit am Krankenbett und im Seelsorgebüro.

 

Immer montags wird Gottesdienst in der Kapelle gefeiert, mittwochs lädt Neugebauer zu einer Wort Gottes-Feier, zum Abendgebet oder Taize-Gebet ein.


Eine besondere Herausforderung ist die Begleitung von Menschen, „die sich nicht verbal äußern können“. Da Neugebauer der Sehsinn fehlt, muss sie sich ganz besonders „auf mein Gespür und meine Fähigkeit, sensibler und anders als Sehende wahrzunehmen“, verlassen.

 

Am Ende eines Arbeitstages geht sie „reich beschenkt“ nach Hause. Besonders dann, „wenn ich gespürt habe, dass meine Arbeit Sinn macht, dass ich mit dem Patienten gemeinsam gelacht oder geweint habe, dass ich Freude über kleine Therapieschritte und -erfolge teilen oder Trost spenden konnte, wo Leid auszuhalten ist.“

 

Neugebauers Resümee: „Ich könnte mir keinen schöneren und geeigneteren Arbeitsplatz vorstellen.“     

Stefan Kronthaler

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