Freitag 19. April 2024
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Aus der Obdachlosigkeit zur Liebe

(16.03.2014) Bericht über das Leben auf der Straße und dem Weg zur eigenen Familie.

Menschen auf dem Weg: Anna weiß, wie es ist, auf der Straße zu leben und auf Parkbänken zu schlafen. Sie war obdachlos, wie Daniel. Dann kam die Liebe, die Heirat und - Leonie.


 

 

„Du musst jederzeit damit rechnen, dass dich wer verjagt,“ erzählt Anna, „du kannst nirgendwo deine paar Dinge lassen. Du bist den Launen der Menschen ausgesetzt. Wenn dich einer anspuckt, hast du das hinzunehmen. Du hast keine Rechte als Obdachloser. Weil es den Leuten egal ist. Die denken, du hast es verdient.“


Was Anna leben läßt, ist ihr Hund, ein kleiner Dackel namens Lukas. 13 Jahre lang war er die einzige Konstante in ihrem Leben. „Wenn ich meinen Hund nicht gehabt hätte, wäre ich schon 20 mal gestorben“, sagt die junge Frau. „Manchmal ist der Gedanke sehr verführerisch, alles hinzuhauen.“


Eines Tages lernt Anna Daniel kennen. Auch er hat keinen festen Wohnsitz, auch er hat nur sein Leben und seinen Hund. Von nun an leben sie gemeinsam. Sie finden Unterschlupf in einem unbenutzten Baucontainer, dann schlafen sie im Zelt. Im eiskalten Winter wird Daniel schwer krank. Lungenentzündung. Sie kommen in einer Notschlafstelle unter. Dort bemerkt Anna, dass sie schwanger ist. „Daniel war schwerstens schockiert,“ erinnert sich Anna, „dann sind ihm die Tränen gekommen und er hat gesagt: ,Schatzi, ich liebe dich!’“ Das erste Ultraschallbild von ihrem Kind treibt Daniel wieder Tränen in die Augen. Er ruft seine Mutter an und verkündet: „Du wirst Oma!“


Daniel setzt alle Hebel in Bewegung, um für seine Familie eine Unterkunft zu finden. Mit Hilfe von sozialen Verbänden gelingt es. Anna und Daniel heiraten. „So geschwitzt hab ich in meinem Leben noch nicht“, berichtet Anna von ihrer Aufregung. Dann kommt Leonie zur Welt - und Anna und Daniel sind voll Freude. In ihre Rolle als Eltern finden sie sich sofort hinein. „Wir wussten, wie es ist, wenn man Verantwortung für was Kleines, Planloses hat“, erklärt Anna und meint damit ihre Verantwortung für die beiden Hunde, die sie seit deren Welpenzeit betreuen.


Während Anna mit Leonie noch im Krankenhaus ist, baut Daniel das Babybett, putzt mit Feuereifer alles blitzeblank und heizt ordentlich ein. Seit Leonies Geburt trinkt Daniel nur noch hin und wieder ein Bier, Anna hat aufgehört zu rauchen. Sie sparen schon jetzt für Leonie, für Zahnspange, Brille, für dies und das.


Leonie ist mittlerweile fünf Monate alt, ein ausgeglichenes, fröhliches Kind. „Am liebsten sitzt sie auf der Mama herum und blödelt mit dem Papa“, sagt Anna. Ihrer Tochter wünschen die beiden  Gesundheit. Und eine größere Wohnung. Sie selbst hoffen, bald Arbeit zu finden. Ansonsten könnte es so weitergehen. „Wir sind alle glücklich“, erklärt Anna. Dann lacht sie, weil es so unglaublich klingt. Wer hätte das für möglich gehalten, noch vor zwei Jahren, auf der Straße...  

fis /gw

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