Jägerstätter: Es ist nicht vereinbar, für den Sieg Christi und seiner Kirche und zur selben Zeit auch für die nationalsozialistische Idee und für deren Endsieg zu kämpfen.
Jägerstätter: Es ist nicht vereinbar, für den Sieg Christi und seiner Kirche und zur selben Zeit auch für die nationalsozialistische Idee und für deren Endsieg zu kämpfen.
Franz Jägerstätter, der am 26. Oktober seliggesprochen wird, verleiblichte das „Ich widersage“ des Taufbekenntnisses, schreibt Bischof Manfred Scheuer.
Im Jänner 1938 hat Franz Jägerstätter einen Traum, bei dem er viele junge und alte Leute auf einen Eisenbahnzug zuströmen sah. Dabei vernahm er eine Stimme: Dieser Zug fährt in die Hölle. „Ich möchte eben jedem zurufen, der sich in diesem Zuge befindet: ‚Springet aus, ehe dieser Zug in deine Endstation einfährt, wenn es dabei auch das Leben kostet!‘ Somit glaub ich, hat mir Gott es durch diesen Traum oder Erscheinung klar genug gezeigt und ins Herz gelegt, mich zu entscheiden, ob Nationalsozialist – oder Katholik!“ (Gefängnisbriefe und Aufzeichnungen [GBA] 127)
Franz Jägerstätter hält es für unvereinbar, Nationalsozialist und Katholik, unvereinbar, Soldat Christi und zu gleicher Zeit Soldat für den Nationalsozialismus zu sein, unvereinbar, für den Sieg Christi und seiner Kirche und zur selben Zeit auch für die nationalsozialistische Idee und für deren Endsieg zu kämpfen. Jägerstätter weiß sich vor die Alternative gestellt: Gott oder Götze, Christus oder Führer bzw. Christus oder Satan. Er steht in der Christkönigsfrömmigkeit seiner Zeit. „Der im Himmel thronende Christkönig lebt und wirkt auf Erden weiter in seiner Kirche. Die Taufe gliedert uns in die Lebensgemeinschaft mit ihm.“ (GBA 190) Jesus als Herr, Führer und König verlangt eine eindeutige Entscheidung für ihn: „Christus verlangt aber auch von uns ein öffentliches Bekenntnis unseres Glaubens, genauso wie auch der Führer Adolf Hitler selber von seinen Volksgenossen.“
Franz Jägerstätter bezeugt den biblischen Gott gegen die Götzen Hitlers. So war er ein Dolmetscher Gottes in einer Zeit der gott- und menschenverachtenden Barbarei und verleiblichte das „Ich widersage“ des Taufbekenntnisses gegenüber den Verlockungen und Verführungen des Bösen, gegen Vergötzungen von Nation und Rasse.
Franz Jägerstätter bezeugt den personalen Gott als Herrn und Freund des Lebens. Er bringt den Gott der Bibel existentiell zur Sprache. Er weiß sich vom Unbedingten in einer Welt des Beliebigen in Anspruch genommen.
Die voll entwickelte Fähigkeit zum Widerstand und zum Neinsagen ist der einzig gültige Hintergrund des Ja, und beide geben realer Freiheit erst ihr Profil. Im Glauben nimmt der Christ teil an der Vorliebe Gottes für Mensch und Welt (Weish 11,23-26; Dtn 30,15-20; Joh 10,10; 2 Kor 1,20; 2 Kor 8,9). Glauben ist Hören und Annehmen des endgültigen Ja-Wortes, der irreversiblen Zusage. Die christliche Botschaft ist biophil, sie ist eine Chiffre für schöpferische Lebensfreundlichkeit. Glaube als freies Antwortgeschehen auf die Selbstmitteilung Gottes ist der Mitvollzug dieser Option Gottes für Mensch und Welt. Er schließt eine Option und eine Lebenswahl ein.
Es bedeutet – um des Ja willen – auch Abschied und Absage. Man kann nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon (Mt 6,24). Die Kraft der Entscheidung für das Reich Gottes zeigt sich im Mut zum Nein gegenüber Götzen, dem Mammon (Mt 6,19-21), gegenüber kollektiven Egoismen, zerstörenden Mächten, Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Ein Gebot der Stunde ist die Unterscheidung der Geister (1 Thess 5,21; 1 Joh 4,1) zwischen fanatischen und zerstörerischen bzw. erlösenden und befreienden Gottesbildern, zwischen Jesus Christus und Verführern, zwischen dem Geist und dem Ungeist.
„Welcher Katholik getraut sich, diese Raubzüge, die Deutschland schon in mehreren Ländern unternommen hat und noch immer weiterführt, für einen gerechten und heiligen Krieg zu erklären?“
„Wer traut sich zu behaupten, dass vom deutschen Volk in
diesem Kriege nur einer die Verantwortung trägt, weshalb mussten dann noch so viele Millionen Deutscher ihr ,Ja‘ oder ,Nein‘ hergeben?“
„Wer bringt es fertig, zu gleicher Zeit Soldat Christi und Soldat für den Nationalsozialismus zu sein, für den Sieg Christi und seiner Kirche und zugleich auch für den Nationalsozialistischen Sieg zu kämpfen?“
Franz Jägerstätter