Am 13. November feiert die Kirche von Wien den Hl. Stanislaus Kostka, der als Jugendlicher von hier aufbrach, um seiner Berufung zu folgen.
Wien im Sommer 1567: In den noblen Gassen der Kaiserstadt spielt sich ein stilles, aber dramatisches Ringen ab. Hier, am renommierten Jesuitenkolleg bei der Kirche Am Hof, studiert der junge polnische Adelige Stanislaus Kostka. Er wurde 1550 auf Schloss Rostkowo in Masowien geboren und ist ein Spross der mächtigen Familie Dąbrowa. Doch sein Herz schlägt nicht für die Karriere, die sein Vater für ihn vorgesehen hat. Stanislaus’ ganzes Wesen, seine tiefe Frömmigkeit und Liebenswürdigkeit drängen ihn zu einem Ziel: in die Gesellschaft Jesu einzutreten, also Jesuit zu werden.
In Wien, genauer in seinem Quartier im Haus in der heutigen Kurrentgasse 2 (oder auch Steindlgasse 6), reift dieser Entschluss. Die Zeit ist eine Zerreißprobe. Sein älterer Bruder Paul verspottet ihn wegen seiner Askese und Frömmigkeit. Stanislaus muss Schikanen und möglicherweise sogar körperliche Misshandlungen ertragen. In dieser Zeit der Not soll er in einem Anfall schwerer Krankheit eine mystische Vision erleben: Er ist schwer erkrankt und möchte die Kommunion empfangen. Der protestantische Vermieter verweigert allerdings katholischen Priestern den Zutritt zum Haus. Kurz darauf, so erzählt es die Legende, besucht ihn die Muttergottes mit dem Jesuskind und fordert ihn auf, in die Gesellschaft Jesu einzutreten. Dies ist das göttliche Zeichen, auf das Stanislaus gewartet hatte.Doch das Jesuitenkolleg in Wien verwehrt dem adligen Jüngling die Aufnahme, da man die heftige Intervention seiner Familie fürchtet. Sein Vater Jan Kostka ist tatsächlich strikt gegen diese „Schande“ für das Haus Kostka. Der Satz, der Stanislaus in diesen schweren Jahren in Wien leitet, wird zu seinem Motto und Motor: „Ad maiora natus sum“ – „Ich bin für Höheres geboren.“
Im August 1567 ist die Entscheidung gefallen. Es ist ein Entschluss, der Mut und radikale Konsequenz erfordert. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion flieht Stanislaus Kostka heimlich aus Wien. Zu Fuß macht er sich auf den Weg – eine lebensgefährliche Pilgerreise, die ihn über die Alpen und durch Bayern bis nach Rom führen soll. Er entledigt sich seiner feinen Kleidung und macht sich als namenloser Bettler und Landstreicher auf den Weg. Die erste wichtige Etappe ist Dillingen an der Donau. Hier findet er endlich Gehör. Petrus Canisius, der Leiter des jesuitischen Zentrums und erste deutschsprachige Jesuit, erkennt die aufrichtige Berufung des entschlossenen jungen Mannes. Canisius wird sein wohlwollender Unterstützer und schickt ihn direkt zum Ordensgeneral Franz von Borja nach Rom.
Im Oktober 1567 erreicht Stanislaus die Stadt. Dort wird er, einen Tag vor seinem 17. Geburtstag, endlich ins Noviziat der Jesuiten aufgenommen. Sein Traum ist erfüllt. Trotz der nach wie vor bestehenden Drohungen seiner Familie – sein Vater schickt Briefe und droht mit Entführung – blüht Stanislaus im Ordensleben auf. Er beeindruckt seine Mitnovizen durch seine fröhliche, bescheidene Art, seine Entschlossenheit und seinen sicheren geistlichen Weg. Man sieht in ihm eine große Zukunft. Doch die Strapazen der langen Flucht haben Folgen. Das harte Leben, das er sich zudem auferlegt hat, fordert seinen Tribut. So stirbt Stanislaus Kostka am 15. August 1568, dem Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel, nur zehn Monate nach seinem Eintritt, an einem schweren Fieberanfall in Rom. Sein Tod wird zum Triumph seiner kurzen Lebensgeschichte. Sein Beispiel spornt viele junge Leute an, sich in der Gesellschaft Jesu für das Evangelium zu engagieren.
Er ruht bis heute in der Kirche Sant’Andrea al Quirinale in Rom. Sein Grab in der linken Seitenkapelle ist ein gern besuchter und dennoch besinnnlicher Wallfahrtsort in der Ewigen Stadt.
Heute wird der junge Rebell und gottsuchende Adelige Stanislaus Kostka als Nationalpatron Polens, Patron der Studierenden und der Jesuitennovizen verehrt. Seine ehemalige Wohnung in Wien wurde bereits 1582 in die prunkvolle heutige Stanislaus-Kostka-Kapelle umgewandelt – ein kleines, verstecktes Juwel und bleibendes Zeugnis seines entscheidenden Kampfes im Herzen der Bundeshauptstadt. Ähnlich sein Sterbezimmer oberhalb der Kirche S. Andrea al Quirinale, unweit des politischen Zentrums von Rom.
In der Diözese Wien wird der Gedenktag des heiligen Stanislaus Kostka (1550–1568) jährlich am 13. November gefeiert. An diesem Tag beginnt in der Stanislaus Kostka-Kapelle in der Kurrentgasse– einer der letzten liturgisch aktiven privaten Hauskapellen Wiens – die Oktav. Vom 13. bis zum 20. November ist die Kapelle für Gläubige und Besucher geöffnet. Diese jahrhundertealte Tradition wird mit täglichen Gottesdiensten und Gemeinschaftsgebeten gepflegt. Neben den Messen in deutscher Sprache, die hauptsächlich von Wiener Jesuiten zelebriert werden, findet auch eine Oktav in polnischer Sprache statt, gehalten von polnischen Priestern aus Wiener Pfarren.