Leo XIV. in Predigt zum Amtsantritt: "Lasst uns an einer Kirche bauen, die auf der Liebe Gottes gegründet und ein Zeichen der Einheit ist, an einer missionarischen Kirche, die ihre Arme der Welt gegenüber öffnet, die das Wort verkündet, die sich von der Geschichte herausfordern lässt und die zum Sauerteig der Eintracht für die Menschheit wird."
Papst Leo XIV. ist am Sonntag offiziell ins Amt eingeführt worden. Hunderttausende Menschen jubelten dem ersten US-amerikanischen Papst zu, als er zunächst mit dem offenen Papamobil über den Petersplatz und die Via della Conciliazione Richtung Engelsburg und wieder zurück fuhr. Bei der anschließenden feierlichen "Messe zum Beginn des Petrusdienstes des Bischofs von Rom" auf dem Petersplatz wurden dem 69-Jährigen die päpstlichen Insignien überreicht: das Pallium und der Fischerring.
"Ich wurde ohne jeglichen Verdienst ausgewählt und komme mit Furcht und Zittern zu euch als ein Bruder, der sich zum Diener eures Glaubens und eurer Freude machen und mit euch auf dem Weg der Liebe Gottes wandeln möchte, der möchte, dass wir alle eine einzige Familie sind", sagte Leo XIV. in seiner auf Italienisch gehaltenen Predigt, die mehrfach von Applaus unterbrochen wurde.
Das Papstamt sei gekennzeichnet durch "aufopfernde Liebe", wie Jesus es einst Petrus aufgetragen hatte. Die Kirche von Rom habe den Vorsitz in der Liebe, und ihre wahre Autorität ist die Liebe Christi. "Es geht niemals darum, andere durch Zwang, religiöse Propaganda oder Machtmittel zu vereinnahmen, sondern immer und ausschließlich darum, so zu lieben, wie Jesus es getan hat."
Ein Nachfolger Petri müsse "die Herde weiden, ohne je der Versuchung zu erliegen, ein einsamer Anführer oder ein über den anderen stehender Chef zu sein, der sich zum Beherrscher der ihm anvertrauten Menschen macht", sagte Leo XIV. "Im Gegenteil, von ihm wird verlangt, dem Glauben der Brüder und Schwestern zu dienen, indem er mit ihnen gemeinsam auf dem Weg ist: Denn wir alle sind durch unsere Taufe dazu berufen, das Haus Gottes in geschwisterlicher Gemeinschaft, im Einklang des Heiligen Geistes und in einem Zusammenleben in Verschiedenheit aufzubauen."
"Die Kirche besteht aus all denen, die mit ihren Brüdern in Eintracht leben und den Nächsten lieben", zitierte der erste Augustinermönch auf dem Stuhl Petri den heiligen Augustinus und fügte hinzu: "Ich würde mir wünschen, dass dies unser erstes großes Verlangen ist: eine geeinte Kirche, als Zeichen der Einheit und der Gemeinschaft, die zum Ferment einer versöhnten Welt wird."
Der neue Papst sprach von "zu viel Zwietracht, zu viele Wunden, die durch Hass, Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem Anderen und durch ein Wirtschaftsmodell verursacht werden, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt". Leo XIV. rief dazu auf, Einheit, Gemeinschaft und Geschwisterlichkeit zu fördern. "Wir möchten der Welt mit Demut und Freude sagen: Schaut auf Christus! Kommt zu ihm! Kommt zu ihm! Nehmt sein Wort an, das erleuchtet und tröstet! Hört auf sein Angebot der Liebe, damit ihr zu seiner einen Familie werdet: In dem einen Christus sind wir eins."
An alle Menschen, ganz gleich welchen Glaubens oder noch auf der Suche, appellierte er, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, um eine neue friedliche Welt aufzubauen. "Brüder und Schwestern, dies ist die Stunde der Liebe! Die Liebe Gottes, die uns zu Brüdern und Schwestern macht, ist der Kern des Evangeliums", sagte Leo.
"Lasst uns im Licht und mit der Kraft des Heiligen Geistes an einer Kirche bauen, die auf der Liebe Gottes gegründet und ein Zeichen der Einheit ist, an einer missionarischen Kirche, die ihre Arme der Welt gegenüber öffnet, die das Wort verkündet, die sich von der Geschichte herausfordern lässt und die zum Sauerteig der Eintracht für die Menschheit wird", schloss Leo XIV.
Vor Beginn der Messe stieg Leo XIV. gemeinsam mit den zehn Oberhäuptern der katholischen Ostkirchen zum Petrusgrab unter dem Zentralaltar des Petersdoms hinab. Dort nahmen Diakone das dort zuvor aufbewahrte Pallium - die weiße Wollstola des Papstes mit Kreuzen -, den Fischerring und das Evangeliar für den Papst und trugen es in Prozession durch die Basilika zum Altar auf den mit Blumen geschmückten Petersplatz. Während der Prozession wurde die "Laudes Regiae" - Lobpreis zu Christus, dem König - gesungen.
Das Pallium ist eine Stola aus Schafswolle mit schwarzen Kreuzen, die an die Wundmale Jesu erinnern sollen, und symbolisiert das Hirtenamt des Papstes. Der Fischerring erinnert an den Apostel Petrus. Er war laut der biblischen Erzählung Fischer und erhielt von Jesus den Auftrag, "Menschen zu fischen" - sie für den christlichen Glauben zu begeistern.
Nach dem Evangelium legte der französische Kardinal Dominique Mamberti aus der Klasse der Kardinaldiakone dem neuen Papst das Pallium auf die Schultern. Der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo Besungu aus der Ordnung der Kardinalpriester sprach anschließend ein Gebet, bevor der philippinische Kardinal Luis Antonio Tagle Leo XIV. den Fischerring ansteckte. Bewusst wurden damit Kardinäle aus drei verschiedenen Kontinenten ausgewählt.
Zwölf repräsentativ für Stand und Herkunft ausgewählte Angehörige des Volkes Gottes versprachen danach in einem eigenen Ritus dem neuen Papst Treue. Unter ihnen waren ein Ehepaar, zwei Jugendliche, die drei Kardinäle Frank Leo aus Kanada, Jaime Spengler aus Brasilien und John Ribat aus Papua-Neuguinea, der Bischof der peruanischen Diözese Callao, ein Priester, ein Diakon sowie Generaloberin Oonah O'Shea von den Schwestern von Notre Dame de Sion und Jesuitengeneral Arturo Sosa als Präsidenten der Weltverbände der Ordensoberen.
Am zentralen Tor des Petersdoms hing während der Feier ein Wandteppich mit der Darstellung des wundersamen Fischfangs und des Dialogs Jesu mit Petrus, auf den das Evangelium des Gottesdienstes Bezug nahm. Die Lesungen der Messe wurden auf Spanisch und Englisch vorgetragen. Das Evangelium sangen Diakone auf Latein und, als Zeichen der Verbundenheit mit den Ostkirchen, auch auf Griechisch. Fürbitten wurden auf Arabisch, Französisch, Mandarin, Portugiesisch und Polnisch gesprochen.
Aus der Welt-Ökumene waren unter anderem der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios, der griechisch-orthodoxe Jerusalemer Patriarch Theophilos, der armenisch-apostolische Patriarch Sahag II. Mashalian, der Patriarch der Assyrischen Kirche des Ostens Mar Awa III., Metropolit Nestor vom russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchat, der anglikanische Erzbischof von York Stephen Cottrell und Heinrich Bedford-Strohm als Vorsitzender des Zentralausschusses des Weltkirchenrats (ÖRK) sowie die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbunds, Anne Burghardt, präsent.
Insgesamt nahmen mehr als 80 Vertreter aus anderen christlichen Kirchen an der Feier zur Amtseinführung des Papstes teil. Auf dem Petersplatz waren auch der Oberrabbiner der Jüdischen Gemeinde Roms, Riccardo Di Segni, und mit ihm zwölf weitere Vertreter des Judentums sowie Vertreter des Islam und anderer Glaubensgemeinschaften anwesend.
Auch staatliche Delegationen aus aller Welt waren nach Rom gekommen, darunter der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, Vizepräsident James David Vance und Außenminister Marco Rubio aus den USA, die peruanische Staatspräsidentin Dina Boluarte sowie Präsident Sergio Mattarella und Regierungschefin Giorgia Meloni aus Italien.
Die Delegation aus Österreich führte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) an, der auch bei der Beerdigung von Papst Franziskus am 26. April anwesend war. Auch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS), Nationalrats-Präsident Walter Rosenkranz (FPÖ) sowie der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) als derzeitiger Vorsitzender der Landeshauptleute-Konferenz reisten nach Rom.
Die Österreichische Bischofskonferenz wurde durch ihren Vorsitzenden Erzbischof Franz Lackner (Salzburg) und den Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl vertreten. Zeitgleich zum Beginn der Amtseinführung in Rom läuteten die Pummerin am Wiener Stephansdom und Kirchenglocken in ganz Österreich.
| Papst im Wortlaut: "Gehen wir gemeinsam auf Gott zu und lieben wir einander" |
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Liebe Brüder Kardinäle, Brüder im Bischofs- und Priesteramt, verehrte Autoritäten und Mitglieder des Diplomatischen Korps, Brüder und Schwestern,
ich grüße euch alle am Beginn des mir anvertrauten Dienstes mit großer Dankbarkeit im Herzen. Der heilige Augustinus schrieb: "Geschaffen hast du uns im Hinblick auf dich, [Herr], und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir" (Bekenntnisse, 1,1).
In den letzten Tagen haben wir eine besonders intensive Zeit erlebt. Der Tod von Papst Franziskus hat unsere Herzen mit Trauer erfüllt und in diesen schwierigen Stunden haben wir uns gefühlt wie diese vielen Menschen, von denen das Evangelium sagt, sie seien gewesen "wie Schafe, die keinen Hirten haben" (Mt 9,36). Gerade am Ostersonntag jedoch haben wir seinen letzten Segen empfangen, und so haben wir diesen Moment im Licht der Auferstehung in der Gewissheit erlebt, dass der Herr sein Volk niemals verlässt, dass er es sammeln wird, wenn es zerstreut ist, und es "hüten [wird] wie ein Hirt seine Herde" (Jer 31,10).
In dieser gläubigen Gesinnung hat sich das Kardinalskollegium zum Konklave versammelt. Von unterschiedlicher Herkunft, haben wir unseren Wunsch, den neuen Nachfolger Petri zu wählen, den Bischof von Rom, einen Hirten, der das reiche Erbe des christlichen Glaubens bewahren und zugleich den Blick weit in die Zukunft richten kann, um den Fragen, Sorgen und Herausforderungen der heutigen Zeit zu begegnen, in Gottes Hände gelegt. Begleitet von euren Gebeten haben wir das Wirken des Heiligen Geistes gespürt, der die verschiedenen Musikinstrumente aufeinander abgestimmt und die Saiten unserer Herzen in einer einzigen Melodie zum Schwingen gebracht hat.
Ich wurde ohne jegliches Verdienst ausgewählt und komme mit Furcht und Zittern zu euch als ein Bruder, der sich zum Diener eures Glaubens und eurer Freude machen und mit euch auf dem Weg der Liebe Gottes wandeln möchte, der möchte, dass wir alle eine einzige Familie sind.
Liebe und Einheit: Dies sind die beiden Dimensionen der Sendung, die Jesus Petrus anvertraut hat.
Das berichtet uns der Abschnitt aus dem Evangelium, der uns an den See von Tiberias führt, an denselben Ort, an dem Jesus die ihm vom Vater anvertraute Sendung begonnen hatte: die Menschheit aus den Wassern des Bösen und des Todes zu "fischen" und sie zu retten. Als er am Ufer jenes Sees entlangging, hatte er Petrus und die anderen ersten Jünger berufen, wie er "Menschenfischer" zu sein; und nun, nach der Auferstehung, ist es an ihnen, diese Sendung fortzuführen, immer wieder neu das Netz auszuwerfen, um die Hoffnung des Evangeliums in die Wasser der Welt einzutauchen und das Meer des Lebens zu befahren, damit alle in die Umarmung Gottes finden.
Wie kann Petrus diese Aufgabe erfüllen? Das Evangelium sagt uns, dass dies nur möglich ist, weil er in seinem Leben die unendliche und bedingungslose Liebe Gottes erfahren hat, auch in der Stunde des Versagens und der Verleugnung. Deshalb verwendet das Evangelium, als Jesus sich an Petrus wendet, das griechische Verb agapao, das die Liebe Gottes zu uns bezeichnet, seine vorbehaltlose und selbstlose Hingabe, im Gegensatz zu dem Verb, das für die Antwort des Petrus verwendet wird, welches die Freundesliebe meint, die wir einander entgegenbringen.
Als Jesus Petrus fragt: "Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?" (Joh 21,16), bezieht er sich also auf die Liebe des Vaters. Es ist, als würde Jesus ihm sagen: Nur wenn du diese Liebe Gottes, die niemals versiegt, erkannt und erfahren hast, kannst du meine Lämmer weiden; nur in der Liebe Gottes, des Vaters, kannst du deine Brüder mit jenem "Mehr" lieben, das darin besteht, dein Leben für deine Brüder und Schwestern hinzugeben.
Petrus wird also die Aufgabe übertragen, "mehr zu lieben" und sein Leben für die Herde hinzugeben. Das Petrusamt ist gerade durch diese aufopfernde Liebe gekennzeichnet, denn die Kirche von Rom hat den Vorsitz in der Liebe, und ihre wahre Autorität ist die Liebe Christi. Es geht niemals darum, andere durch Zwang, religiöse Propaganda oder Machtmittel zu vereinnahmen, sondern immer und ausschließlich darum, so zu lieben, wie Jesus es getan hat.
Er - so sagt ebendieser Apostel Petrus - "ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist" (Apg 4,11). Und wenn der Stein Christus ist, muss Petrus die Herde weiden, ohne je der Versuchung zu erliegen, ein einsamer Anführer oder ein über den anderen stehender Chef zu sein, der sich zum Beherrscher der ihm anvertrauten Menschen macht (vgl. 1 Petr 5,3); im Gegenteil, von ihm wird verlangt, dem Glauben der Brüder und Schwestern zu dienen, indem er mit ihnen gemeinsam auf dem Weg ist: Denn wir alle sind "lebendige Steine" (1 Petr 2,5) und durch unsere Taufe dazu berufen, das Haus Gottes in geschwisterlicher Gemeinschaft, im Einklang des Heiligen Geistes und in einem Zusammenleben in Verschiedenheit aufzubauen. Der heilige Augustinus sagt: "Die Kirche besteht aus all denen, die mit ihren Brüdern in Eintracht leben und den Nächsten lieben" (Sermo 359,9). Liebe Brüder und Schwestern, ich würde mir wünschen, dass dies unser erstes großes Verlangen ist: eine geeinte Kirche, als Zeichen der Einheit und der Gemeinschaft, die zum Ferment einer versöhnten Welt wird.
In unserer Zeit erleben wir noch immer zu viel Zwietracht, zu viele Wunden, die durch Hass, Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem Anderen und durch ein Wirtschaftsmodell verursacht werden, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt. Und wir möchten in diesem Teig ein kleines Stückchen Sauerteig sein, das Einheit, Gemeinschaft und Geschwisterlichkeit fördert. Wir möchten der Welt mit Demut und Freude sagen: Schaut auf Christus! Kommt zu ihm! Nehmt sein Wort an, das erleuchtet und tröstet! Hört auf sein Angebot der Liebe, damit ihr zu seiner einen Familie werdet: In dem einen Christus sind wir eins. Und das ist der Weg, der gemeinsam zu gehen ist, innerhalb der Kirche, aber auch mit den christlichen Schwesterkirchen, mit denen, die andere religiöse Wege gehen, mit denen, die die Unruhe der Suche nach Gott in sich tragen, mit allen Frauen und Männern guten Willens, um eine neue Welt aufzubauen, in der der Friede herrscht.
Dies ist der missionarische Geist, der uns beseelen muss, ohne dass wir uns in unserer kleinen Gruppe verschließen oder uns der Welt überlegen fühlen. Wir sind gerufen, allen Menschen die Liebe Gottes zu bringen, damit jene Einheit Wirklichkeit wird, die die Unterschiede nicht aufhebt, sondern die persönliche Geschichte jedes Einzelnen und die soziale und religiöse Kultur jedes Volkes zur Geltung bringt.
Brüder und Schwestern, dies ist die Stunde der Liebe! Die Liebe Gottes, die uns zu Brüdern und Schwestern macht, ist der Kern des Evangeliums, und mit meinem Vorgänger Leo XIII. können wir uns heute fragen: Wenn dieses Kriterium "in der Welt die Oberhand gewinnen würde, würde dann nicht jeder Zwist sofort aufhören und wieder Friede einkehren?" (Enzyklika Rerum novarum, 21) Lasst uns im Licht und mit der Kraft des Heiligen Geistes an einer Kirche bauen, die auf der Liebe Gottes gegründet und ein Zeichen der Einheit ist, an einer missionarischen Kirche, die ihre Arme der Welt gegenüber öffnet, die das Wort verkündet, die sich von der Geschichte herausfordern lässt und die zum Sauerteig der Eintracht für die Menschheit wird.
Gehen wir gemeinsam, als ein Volk, alle Brüder und Schwestern, auf Gott zu und lieben wir einander. |