Im Anschluss an den Gottesdienst werden Kerzen im Gedenken an die Opfer angezündet.
Im Anschluss an den Gottesdienst werden Kerzen im Gedenken an die Opfer angezündet.
Ökumenischer Gottesdienst im Wiener Stephansdom für die Millionen Opfer der absichtlich herbeigeführten Hungerkatastrophe in der Ukraine 1932/33.
Mit einem Gottesdienst ist am Wochenende im Wiener Stephansdom der vielen Millionen Opfer des "Holodomor" gedacht. Unter "Holodomor" ("Hungermord") versteht man die Katastrophe der Jahre 1932/33 in der Ukraine, die von den Sowjets absichtlich herbeigeführt wurde, um die wohlhabenden ukrainischen Großbauern ("Kulaken") zu schwächen und zum Eintritt in die Kolchosen und Sowchosen zu zwingen.
Dem Gottesdienst im byzantinischen Ritus stand Ostkirchengeneralvikar Yuriy Kolasa vor. Wie er unter Verweis auf offizielle Quellen sagte, seien allein im Juni 1933 zum "Höhepunkt" des "Holodomor" 840.700 Menschen verhungert. Kolasa: "Jede Minute starben 20 Menschen, 1.168 Menschen starben jede Stunde, 28.023 Menschen starben jeden Tag."
Wörtlich sagte der Generalvikar: "Wir beten und gedenken heute jeder Seele und jeder Familie. Wir strecken unsere Herzen voller Liebe und Schmerz nach den Millionen unserer Brüder und Schwestern aus und sagen: Wir gedenken eurer und wir beten für euch, möget ihr alle in Frieden ruhen!"
An dem Gottesdienst nahmen Priester der Ukrainisch-Griechisch-katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche der Ukraine teil. Die Katholische Kirche war an erster Stelle von Erzbischof Pedro Lopez Quintana, dem Apostolischen Nuntius in Österreich, vertreten. Zahlreiche Botschafterinnen und Botschafter verschiedener Länder und Vertreter der heimischen Politik waren ebenfalls zugegen.
Im Anschluss an den Gottesdienst werden Kerzen im Gedenken an die Opfer angezündet und der ukrainische Botschafter in Österreich, Vasyl Khymynets, ergriff das Wort. "Möge die Wärme von Millionen von Kerzen des Gedenkens die Seelen von Millionen von Opfern wärmen", so Khymynets wörtlich. Er danke allen Staaten, die den "Holodomor" als Völkermord gegen das ukrainische Volk anerkannt haben.
Weiter sagte der Botschafter wörtlich: "Im vorigen Jahrhundert kam der Hunger aus Moskau. Auch heute sehen wir, wie Moskau den Hunger als Waffe weiterhin missbraucht. Jede Tonne Getreide, welche sie aus der Ukraine gestohlen haben. Jeder Raketenangriff auf die ukrainischen Häfen, auf Getreidesilos. Jede Shahed-Drohne, die auf ukrainische Logistik einschlägt. Jede Rakete auf ukrainisches Leben." Khymynets sprach von der "Kontinuität der Verbrechen der totalitären Sowjet-Politik in der Vergangenheit und jenen des heutigen Russlands." Und: "Dieses Übel wurde nicht gestoppt und nicht entsühnt. Heute stoppen wir das Übel."
Nach Schätzungen von Historikern forderten die Repressionen der Sowjets in der Ukraine 1932/33 rund acht Millionen Opfer. Der Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) war 1933 einer der wenigen Vertreter des Westens, der sich für die Hungeropfer einsetzte, erinnerte Generalvikar Kolasa in seiner Ansprache. Am 16. Oktober 1933 habe Innitzer zusammen mit den Repräsentanten der Ökumene und vor allem mit der Israelitischen Kultusgemeinde lautstark und vor der ganzen Welt den Hungermord in der Sowjetukraine und anderen Teilen der UdSSR öffentlich verurteilt und die internationale Hilfsaktion eingeleitet. Der Appell Innitzers und der anderen Kirchen- und Religionsvertreter "hat den Millionen unschuldigen, vom Hungertod bedrohten und sterbenden Menschen eine Stimme gegeben". Kolasa: "Wir beten heute in Dankbarkeit für Kardinal Theodor Innitzer, der hier in der Krypta dieser Kathedrale begraben ist."
Jedes Jahr am letzten Samstag im November wird in der Ukraine und in vielen weiteren Länder der Opfer des "Holodomor" gedacht.