Norbert Leser gilt als einer der wesentlichen Impulsgeber für die Versöhnung von Christentum und Sozialismus.
Norbert Leser gilt als einer der wesentlichen Impulsgeber für die Versöhnung von Christentum und Sozialismus.
Der katholische Intellektuelle widmete sich immer wieder dem Verhältnis von Sozialdemokratie und Christentum.
Der österreichische Sozialphilosoph Norbert Leser, eine der prägenden katholische Intellektuellen des Landes, ist 81-jährig am Silvesterabend 2014 in Eisenstadt gestorben.
Der aus Oberwart (Burgenland) stammende Denker lehrte ab 1971 Politikwissenschaft in Salzburg - als erster Ordinarius dieser Wissenschaftsdisziplin in Österreich. Von 1980 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2001 war er Lehrstuhlinhaber für Gesellschaftsphilosophie an der Uni Wien. Ab 1984 leitete Leser zusätzlich das Ludwig Boltzmann-Institut für neuere österreichische Geistesgeschichte. Er gilt als einer der wesentlichen Impulsgeber für die Versöhnung von Christentum und Sozialismus.
Der Träger zahlreicher Auszeichnungen war bis ins hohe Alter als Autor und Kommentator aktiv, zu seinem 80er legte Leser den Sammelband "Gott lässt grüßen - Wider die Anmaßung des Reduktionismus und Evolutionismus" vor. Lesers Hauptarbeitsgebiete waren die Marxismus- und Sozialismusforschung, die österreichische Zeitgeschichte sowie die Gesellschaftsphilosophie und Wissenschaftstheorie.
Immer wieder stand in Lesers Werk die österreichische Sozialdemokratie im Fokus, er selbst gilt - trotz immer wieder geübter Kritik an konkreten Personen und Missständen - als SPÖ-"Urgestein". Zugleich war er Mitglied der katholisch-österreichischen Landsmannschaft Maximiliana, einer dem ehemaligen Kaiserhaus Habsburg verbundenen Studentenverbindung. Die Frage nach einer Annäherung zwischen Sozialdemokratie und christlichem Glauben und die Frage nach Gott beschäftigten Leser immer wieder, zum Beispiel in seinem Werk "Gottes Türen und Fenster", in dem er sich dem Thema Gottesbeweise widmete.
In seinem jüngsten Buch "Gott lässt grüßen" (Verlag Ibera, 2013) widerspricht der Grenzgänger zwischen Sozialdemokratie und Katholizismus all jenen, "die aus dem Scheitern der klassischen Gottes-Beweise als Beweise, nicht als bloße Vernunftüberlegungen" einen seiner Meinung nach falschen Schluss ziehen. Denn Leser ist der Meinung, dass es auch "andere Vernunftwege zu Gott gibt".
Aus mehreren religionsphilosophischen Aufsätzen der jüngeren Vergangenheit zieht Leser das Fazit, "dass Gott als Person, der man begegnen und an die man glauben kann, aber nicht muss, eines Beweises nicht bedürftig ist. Dessen ungeachtet ist es aber nicht nur moralischer und ästhetischer, tröstlicher und erbaulicher, sondern auch vernünftiger, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, an Gott zu glauben, als nicht an ihn zu glauben und sich auf keine Beziehung mit ihm einzulassen".
Ausgezeichnet wurde Norbert Leser u.a. mit dem Theodor-Innitzer-Preis der Erzdiözese Wien und dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse.