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01.11.2018 · Glaube · Weltkirche

Seele, Tod und Jenseits

Überall auf der Erde machen sich Menschen Gedanken über das Sterben des Körpers, die unsterbliche Seele und das Jenseits.

Wenn wir zu Allerheiligen und Allerseelen die Gräber unserer Verstorbenen besuchen, rückt der Tod in unser Bewusstsein. Überall auf der Erde machen sich Menschen Gedanken über das Sterben des Körpers, die unsterbliche Seele und das Jenseits. Der Wiener Kulturanthropologe Karl Wernhart hat jahrezehntelang über religiöse Vorstellungen rund um den Globus geforscht und festgestellt:
Es gibt viele Gemeinsamkeiten.

 

 

Jeder Mensch jeder Kultur, jeder Gesellschaft muss sich mit diesen lebenswichtigen Fragen auseinandersetzen: Wo kommt meine Seele her und wo geht sie hin?“, sagt Karl Wernhart.

 

In Religionen auf allen Kontinenten hat er immer wieder ähnliche Strukturen entdeckt. Darüber schreibt er in seinem neuen Buch „Seele, Tod und Jenseits. Universale religiöse Phänomene  im Lebenskonzept und Weltbild der Menschen.“


Der Vorstellung einer unsterblichen Seele sind Sie auf allen Erdteilen begegnet. Welche Konzepte gibt es da?


Die Seele stellt einen Begriff dar, der sehr schwer zu erfassen ist. Sie kann der Atem, ein Hauch sein, aber auch eine klebrige Masse, die am Körper haftet.

 

Die Seele wird von den Kulturen unterschiedlich aufgefasst, aber der Leitgedanke ist, dass sie mit dem Menschen, der zur Welt kommt, beginnt und am Ende seines Daseins den Körper wieder verlässt.

 

In Totenzimmern wird zum Beispiel das Fenster geöffnet oder es gibt ein kleines Fensterchen, das sogenannte „Seelenloch“. Oder die Seele steigt über eine Himmelsleiter zur Transzendenz hinauf. Bei den Samen in Nordnorwegen habe ich etwas Schönes gesehen: In einer Kirche führte eine Himmelsleiter in den Glockenturm. Auch in der orthodoxen Kirche gibt es Darstellungen von Himmelsleitern.


Gibt es Gemeinsamkeiten darin, wie wir Menschen dem Tod begegnen?

 

Der Tod ist prinzipiell ein Durchgangsstadium. Die Menschen wollen den Tod oft nicht wahrhaben, das ist nicht nur in unserer sehr modernen, eurozen­trischen oder weltweiten Situation zu sehen. Die Leute reflektieren den Tod zu wenig. Er muss reflektiert werden: Wenn ich sterbe, was geschieht mit mir? Wo komme ich hin?


Welche Ähnlichkeiten sind Ihnen in den unterschiedlichen Gesellschaften im Bezug auf ein Jenseits aufgefallen?


Das Jenseits muss interpretiert werden und ist daher eine Widerspiegelung des Diesseits.

 

Gehen wir einige Wirtschaftsstufen durch: Jäger und Sammler sehen im Jenseits überall leicht zu fangende Tiere, eine Art Schlaraffenland. Die Bodenbauern denken, dass das Jenseits von den Ahnen bestimmt wird, denn die Ahnen sind auch im Diesseits die Grundinhaber, und dass die Arbeit dort leichter ist. Viehzüchter und Oasenbauern stellen sich einen wunderschönen Garten Eden mit Palmen, Springbrunnen etc. vor. Im Arabischen heißt der Garten „el bustan“ und ist dem Paradies gleichgesetzt.  

 

In Mythen rund um den Globus tauchen immer wieder gleiche Motive auf, zum Beispiel eine Sintflut. Welche Erklärung haben Sie dafür?


Es gibt Impakte aus dem Weltall, Meteoriten, die einschlagen, die Verfinsterung des Himmels, Sandstürme, Tsunamis usw. Ob es jetzt die Arche Noah ist – oder ein anderes Beispiel, diese Sintflutmythen gehen rund um den Globus, weil sich ja Stürme auch zyklisch um die Erde gezogen haben. Oder es gab Vulkanausbrüche, nach denen sich der Himmel verfinsterte. So etwas beschäftigt die Menschen und muss in Geschichten und Mythen verarbeitet werden.


Welche Schlüsse kann man aus der Tatsache ziehen, dass Seele, Tod und Jenseits universale Phänomene sind?


Wichtig ist, dass der Mensch selbst eine Universalie darstellt. Er hat die Erbfaktoren seiner leiblichen Eltern zu berücksichtigen, er hat Schwächen und Stärken, mit denen er sich in der Gesellschaft arrangieren muss.

 

Als junger Wissenschaftler habe ich das Konzept der „universalia humana et cultura“ geprägt. Es beinhaltet das Biologische und die Kultur, den Erziehungsprozess, den man auch berücksichtigen muss. Kultur ist immer Erziehung, es gibt keine Kultur, die man vererben kann. Das wäre total falsch. Kultur muss erlernt werden.


In welcher Religion fühlen Sie sich zuhause?


Ich bin überzeugter Christ und Katholik und Mitglied eines katholischen Ordens, aber ich schaue über den Tellerrand.

 

Würde ich Religion aus dem Fundamentalismus heraus sehen, wären wir bald wieder bei Religionskriegen. Ich rede nicht allein vom 30-jährigen Krieg, man braucht nur nach Saudi-Arabien und den Schiiten in Persien zu schauen, was es da für Spannungen gibt. Das geht auch auf die Politik über.

 

Glaubenskrieg ist das Ende, das Falsche. Ich muss die Religion als Konzept der Nächstenliebe verstehen.


Sie haben in Polynesien, in der Karibik und in Afrika geforscht. Wie haben Sie die Beschäftigung mit anderen Kulturen und Religionen erlebt?


Total bereichernd. Es bereichert immer, wenn man eine andere Kultur sieht, man bekommt einen anderen Hintergrund und die Verständigung der Kulturen wird besser.

 

Der Dialog der Kulturen untereinander muss gefördert werden und das ist das Problem, das wir in der ganzen Welt haben. Da fehlt es an der Basisarbeit des Verständnisses des Anderen. Wir und die Anderen: Setze ich mich für den Anderen ein – oder hacke ich auf ihn hin und sage, der ist böse und gefährlich.

 

Nach einem Herzinfarkt hatten Sie ein Nahtoderlebnis. Können Sie das beschreiben?


Ich bin mit einem Heißluftballon durch eine wunderschöne Blumenlandschaft geflogen. Es war so schön kühl und angenehm – und eigentlich nicht aufregend. Der Ballon ist immer höher und höher gestiegen und kam der Sonne schon sehr nah. Dann war es plötzlich aus. Das war wohl, als ich reanimiert wurde.


Was ich daraus lerne, ist: Wenn der Tod so kommt, wie ich ihn da erlebt habe, ist er eigentlich angenehm und schön. Ich hab’ leider keinen Gott gesehen – wahrscheinlich wäre ich dann nicht mehr hier.

 

Nach diesem Erlebnis habe ich keine Angst vor dem Abtreten aus dieser Welt, zumindest glaube ich das.  

erstellt von: Der SONNTAG / Monika Fischer
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Weitere Informationen:

zur Person:

Karl Rudolf Wernhart


Geboren 1941 in Wien


Studierte Völkerkunde und Neuere Geschichte, Ur- und Frühgeschichte, Anthropologie und Volkskunde


Prägte als Professor und als Vorstand (1996-2002) das Institut für Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien und war Dekan und Rektor der Uni Wien.
Forschte  u.a. in Polynesien, der Karibik und in Afrika

 

privat

Leben ist…
für mich ein Geschenk Gottes, mit den genetischen Grundlagen der Eltern und der Erziehung durch die Gesellschaft. Die Eltern haben genetisch die Basis gelegt, das darf man nie vergessen. Aber auch die Erziehung ist wichtig, die mir die Chance gibt, mich inkulturieren, einpassen zu können, inklusive der Religion und der Kirche.

 

Sonntag ist…
für mich der Tag des Herrn, also auch des Transzendenten, aber ebenso der Familie. Ein Sonntag ist nur dann schön, wenn ich ihn mit meiner Frau, meinen Kindern und Enkelkindern verbringen kann.

 

Glaube ist…
für mich persönlich der Weg, in Harmonie mit mir selbst, der gesellschaftlichen, religiösen, auch der natürlichen und ökologischen Umwelt unter Einbezug der Transzendenz – dem Jenseits – und Immanenz – der Ewigkeit – ins Reine zu kommen.

 

Buchtipp:

Karl R. Wernhart

Seele, Tod und Jenseits.

Universale religiöse Phänomene im Lebenskonzept und Weltbild der Menschen.
Plattform
Johannes Martinek Verlag.

ISBN: 978-3950450019

 


 

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In Folge #11 von „Orden on air“ spricht Sr. Karin Weiler CS über die Themen Sterben, Tod und Trauer. Sie gibt hilfreiche Tipps, wie man mit Trauernden umgehen soll, was Menschen am Lebensende brauchen, und wie man den Tod beGREIFEN kann. Ein Gespräch über Trauer, Liebe und Verbundenheit.

26. Oktober - 2. November: Trauerraum im Schottenstift

Vom 26. Oktober bis 2. November 2022 öffnet zum achten Mal der „Trauerraum“ im Schottenstift.

Welttag Suizidprävention: Angebote für Hinterbliebene

Welttag Suizidprävention: Angebote für Hinterbliebene

Die Kontaktstelle Trauer der Caritas Wien bietet Einzel- und Gruppenbegleitung für Hinterbliebene an. Sie lädt auch zu einer Gedenkfeier am 8. September in die Wiener Ruprechtskirche ein. Anlass ist der Welttag der Suizidprävention am 10. September.

Nach COVID wird gemeinsames Trauern einfacher

Trauerwanderungen und Gesprächsgruppen der "Kontaktstelle Trauer" auch wieder offline möglich.

+ P. Dr. Heribert Bastel CO

Mitbegründer des Wiener Oratoriums des Hl. Philipp Neri verstarb am Karfreitag im 97. Lebensjahr.

5.127 Kerzen zum stillen Gedenken an Corona-Tote am Stephansplatz

Stilles Gedenken am Freitagabend auf dem Wiener Stephansplatz. Brennende Kerzen am Fenster oder postings in Sozialen Medien unter den Hashtag #fuereinand erinnern daran, dass hinter jeder Zahl ein konkreter Mensch steht.

Friedhof

Fragen und Antworten rund um Allerheiligen und Allerseelen

Fest der unbekannten Heiligen und Gebetstag für die Verstorbenen: Was es mit den beiden kirchlichen Festen zu Novemberbeginn auf sich hat und warum sich manche Katholiken einen Allerheiligenstriezel schenken.

Kirche verstärkt um Allerheiligen Angebote für trauernde Menschen

Seelsorgsinitiativen rund um den Novemberbeginn reichen von Trauerräumen und Trauercafes über offene Gesprächsgruppen bis hin zu Lichterprozessionen.

Der Trauer Raum geben – Trauer-Raum in der Romanischen Kapelle

Vom 26. Oktober bis 2. November 2020 ist der Trauer-Raum in der Romanischen Kapelle im Schottenstift auf der Freyung geöffnet.

Welttag Suizidprävention: Gedenkfeier für Verstorbene in der Wiener Votivkirche

Die vom Team der Telefonseelsorge Wien und der Kontaktstelle Trauer der Caritas der Erzdiözese Wien organisierte Gedenkfeier findet am 10. September um 18.00 Uhr in der Votivkirche, 1010 Wien, Rooseveltplatz, statt.

Gebündelte Hilfe für Trauer und Abschied in Coronazeiten

"Bundesarbeitsgemeinschaft Trauerbegleitung" veröffentlicht gesammelte Tipps und Materialien ihrer Mitgliedsorganisationen, darunter Caritas und Dachverband Hospiz.

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