Landau bei letzter Predigt als Caritas-Österreich-Präsident im Wiener Stephansdom: Appell im Wahlkampf nicht "alles politische Porzellan" zu zerschlagen.
"Der Friede beginnt im eigenen Haus und nicht zuletzt damit, wie wir miteinander und übereinander reden, und wie wir miteinander umgehen": Das hat Caritas-Präsident Michael Landau in seiner Predigt am Sonntag im Stephansdom mit Blick auf die Europawahl im Juni und Nationalratswahl im Herbst betont. Er appellierte, den Wahlkampf so zu führen, "dass sich Politikerinnen und Politiker und die Menschen in diesem Land danach noch mit Respekt in die Augen schauen können". Es war die letzte Predigt von Landau als Caritas-Österreich-Präsident; bis 2027 bleibt er Präsident der Caritas Europa. Die designierte Präsidentin der Caritas Österreich, Nora Tödtling-Musenbichler, wird das Amt an der Spitze der katholischen Hilfsorganisation im Februar übernehmen.
Zwar seien inhaltliche Auseinandersetzungen sowie das Ringen um die besten Lösungen wichtig, es sollte aber nicht "alles politische Porzellan" zerschlagen werden, mahnte Landau. Speziell bei den Themen Kinderarmut, Bildungspolitik und Klimakrise müsste etwa das Gemeinsame vor das Trennende gestellt werden. Bei letzterem gelte so damit umzugehen, "dass wir uns vor kommenden Generationen nicht schämen müssen und ihnen einen lebenswerten Planeten hinterlassen können".
Österreicherinnen und Österreicher hätten zwar "in der Geburtsortslotterie einen Haupttreffer gezogen", trotzdem stünden Menschen vor der Frage, ob sie Essen oder Heizen sollen, "weil es für beides einfach nicht reicht", so Landau, der gemeinsam mit seinem Bruder Daniel Landau von der Wochenzeitung "Der Falter" im Dezember zu "Menschen des Jahres" gekürt wurde. Konkret forderte Landau die tatsächliche Erhöhung der Mindestpensionen.
Auch die "stille Not der Einsamkeit" gelte es zu mindern, meinte Landau. Gemäß einer Eurostat-Studie gaben bereits vor der Pandemie 372.000 Menschen in Österreich an, niemanden für persönliche Gespräche zu haben. Bis heute sei Einsamkeit aber ein Tabuthema, es sei daher an der Zeit, es "auf die Agenda unseres Landes, auf die Agenda jeder kommenden Bundesregierung zu setzen". Der studierte Biochemiker schlug einen "Pakt gegen Einsamkeit" und die Ernennung einer Regierungsbeauftragten oder eines Regierungsbeauftragten für das Thema vor.
Dringend notwendig sei auch "ein leichter, leistbarer, flächendeckender Zugang zur Hospiz- und Palliativversorgung in allen ihren Formen für alle Menschen in unserem Land", mahnte Landau, er wurde 2013 zum Präsident der österreichischen Caritas bestellt. Es dürfe nicht am Geld scheitern, dass Menschen am Ende ihres Lebens die Betreuung und Versorgung erhalten, die sie benötigen. "Lassen wir die Menschen nicht im Stich; lassen wir die Menschen nicht alleine!", lautete der Appell des Caritas-Präsidenten.
"Ich bin überzeugt: Was am Ende unseres Weges zählen wird, sind die Taten, nicht die Theorien", so Landau wörtlich in seiner Predigt. Dazu gehöre auch, dass Glaube und Leben zusammengehören. Und weiter: "Glaube gewinnt Gestalt im Versuch so zu leben, dass auch durch uns etwas von der Schönheit, der Freude, der befreienden Kraft des Evangeliums erfahrbar werden kann." Die Aufmerksamkeit für Menschen an den Rändern der Gesellschaft sei zudem der Maßstab, den das Evangelium mit den Worten und Beispielen Jesu aufzeigt.
Er rekurrierte auch auf die internationale "Gebetswoche für die Einheit der Christen" (18. bis 25. Jänner), die unter dem Motiv "Liebe Gott und deinen Nächsten" stand. Das "Mühen um ein Miteinander der Christen" gehöre zum Kernauftrag des Zweiten Vatikanischen Konzils. Als solche sei sie eine Einladung für "handfeste Zusammenarbeit im konkreten Tun, wo Christen sich gemeinsam mühen etwas von der Botschaft Jesu in die Welt hinein zu buchstabieren". Landau dankte hier u. a. der "evangelischen Schwesternorganisation" Diakonie Österreich. In der Zusammenarbeit der beiden Hilfsorganisationen komme "das besonders gute Miteinander zum Ausdruck, wie es für das Verhältnis der Kirchen und Religionsgemeinschaften insgesamt in unserem Land charakteristisch ist".