Positiv-Bilanz über österreichweites Projekt "Entlastender Dienste". Lernhilfe, Feriencamps, Kinderbetreuung oder Reinigungsdienste sorgten laut Erhebung für psychische, finanzielle und emotionale Entlastung.
Die Österreichische Plattform für Alleinerziehende (ÖPA) hat für ihr vom Sozialministerium gefördertes Projekt "Entlastende Dienste für armutsgefährdete Alleinerziehende und ihre Kinder" nach vier Jahren Laufzeit eine positive Bilanz gezogen. Mit voll finanzierter Lern- und Alltagshilfe, Feriencamps, Kinderbetreuung, Reinigungsdiensten, Familienurlauben oder bewegungspädagogischen Angeboten konnten "wichtige Bausteine zur Bekämpfung von Kinderarmut gesetzt werden", wie ÖPA-Geschäftsführerin und Projektverantwortliche Doris Pettighofer bei einer Pressekonferenz am Dienstag betonte.
Die Stärken der flexiblen Betreuungsangebote und sozialen Dienstleistungen bestünden darin, dass sie in Krisen oder schwierigen Lebensphasen treffsicher wirkten, erklärte Pettighofer. Um das von der Regierung erklärte Ziel, Kinderarmut in Österreich bis 2023 zu halbieren, brauche es den Ausbau solcher flexiblen Angebote. Anders als die ebenso dringend benötigten Geld- oder Sachleistungen würden sie "in dem Moment verbraucht werden, in dem sie notwendig sind" und könnten "ohne Umwege über Gutscheine in Anspruch genommen werden", so Pettighofer. Die Hilfen sollten sich ergänzen, einen "guten Mix" an Leistungen bilden und nicht gegeneinander ausgespielt oder ersetzt werden.
Inwiefern die "Entlastenden Dienste" für Alleinerziehende zur Entlastung armutsgefährdeter Familien beitragen konnten, haben Studierende der Wirtschaftsuniversität Wien erhoben. Parameter waren die finanzielle, zeitliche, emotionale und soziale Ebene sowie die Eltern-Kind-Beziehung. Dabei hat sich gezeigt, dass die gänzlich kostenfreien Angebote (ohne Selbstbehalt) etwa zu Einsparungen dringend benötigter Gelder für Miete, Lebensmittel oder medizinische Versorgung für die Familien führten und kinderfreie Zeiten den Eltern ermöglichten, Freiräume für Selbstfürsorge, Terminerledigungen und berufliche Entwicklungen zu gewinnen.
Die Angebote konnten laut Erhebung der WU auch psychische und emotionale Entlastung für Eltern und Kinder schaffen, Stress und familiäre Konflikte vermindern und zudem die Persönlichkeitsentwicklung sowie soziale Kompetenzen durch Gruppenangebote stärken. "Alleinerziehende berichteten uns, dass die Angebote das Familiensystem spürbar entlastet haben, Druck herausgenommen werden konnte und Kinder plötzlich ohne Bauch- und Kopfschmerzen in die Schule gehen, weil sie sich gut betreut fühlen", berichtete Projektleiterin Julia Neider aus der Praxis. Viele Kinder konnten mit professioneller Lernhilfe ihre Noten deutlich verbessern.
Entstanden ist das Projekt im Zuge der Coronakrise, wo sich nochmals deutlich gezeigt habe, wie groß die Armutsgefährdung Alleinerziehender ist und wie basale Dienste wie Kinderbetreuung Krisen abwenden können, berichtete Pettighofer. Laut den Zahlen der Statistik Austria (EU-SILC 2024) zu Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Österreich wachsen 79.000 Kinder in erheblicher Armut auf. Einelternhaushalte sind überproportional von Armut betroffen, davon sind 86 Prozent alleinerziehende Frauen. Mit einer Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung von 43 Prozent sind Alleinerziehende und ihre Kinder die am höchsten betroffene Familienform in Österreich. Der Durchschnitt liegt aktuell bei 17 Prozent. Selbst nach Hinzurechnung von Sozialleistungen liegt die Armutsgefährdung noch bei 36 Prozent.
Die Projektabwicklung der "Entlastenden Dienste" wurde von der ÖPA in Zusammenarbeit mit 20 Verteilungspartnern, die eine Bedarfsprüfung durchführen und bei der Antragstellung unterstützen, sowie 15 Projektpartnern abgewickelt, die für die Durchführung der Angebote zuständig waren. Verteilungspartner sind etwa Sozialberatungsstellen und Familienzentren der Caritas in den Bundesländern Wien und Niederösterreich, das Katholische Hilfswerk in Kärnten, die Mutter-Kind-Häuser der Caritas sowie der Elisabethstiftung in Wien, der Verein Alleinerziehend Linz oder der Vorarlberger Familienverband.
Auch die Abteilung "begegnung.Leben" der kategorialen Seelsorge der Erzdiözese Wien hat als Verteilungspartner nahezu 500 Anträge abgewickelt, wie Ursula Schuster, Fachreferentin für Familie und Beziehung, am Dienstag berichtete. Bei "Open Office Days" oder einem "Sonntagsfrühstück" konnten Alleinerziehende ohne Anmeldung bei der Anlaufstelle für Beziehung, Ehe und Familie Beratung einholen. Sie berichtete von berührenden Erfahrungen. So hätten etwa Lernhilfen nicht nur einen Lernerfolg, sondern einen entscheidenden Wendepunkt gebracht. "Die Kinder spürten, dass sie gesehen werden und dass sie mit Zuversicht in die Zukunft schauen dürfen." Feriencamps hätten Alleinerziehende als wertvolle Entlastung im Alltag erfahren - für Kinder seien sie ein Ort, "an dem sie soziale Kompetenzen entwickelten und lernten, Konflikte zu lösen."
Insgesamt wurden in zwei Projektläufen, gefördert mit jeweils 990.000 Euro, 1.700 Anträge (98,8 Prozent von Müttern) gestellt. Zu den erbrachten Dienstleistungen für Alleinerziehende und ihre Kinder zählten etwa über 60.000 Nachhilfestunden, 4.750 Stunden ergänzende Kinderbetreuung, eine gemeinsame Urlaubswoche für 55 Mütter und Kinder, 1.300 Reinigungsstunden und rund 3.500 Stunden motopädagogische Bewegung. Das Projekt werde weitergeführt, erklärte Pettighofer - zunächst mit einem verminderten Budget, aber "wir sind guter Dinge, dass wir eine langfristige Finanzierung bekommen".