Durch dieses positive Thema des gemeinsamen Gartelns und Erntens finden unterschiedliche soziale Schichten zusammen. Die schöne Tätigkeit verbindet.
Durch dieses positive Thema des gemeinsamen Gartelns und Erntens finden unterschiedliche soziale Schichten zusammen. Die schöne Tätigkeit verbindet.
Sie buddeln in der Erde, ziehen Pflanzen groß, jäten Unkraut, schleppen Gießkannen – mitten in der Stadt: die Gartler werden in Wien immer mehr.
In der lauen Luft eines Sommermorgens beackern fünf Menschen ihre kleinen Selbsterntefelder auf dem Roten Berg im 13. Bezirk.
Sie binden Pflanzen in die Höhe, reißen Unkraut aus und gießen. „Ich möchte mir mein eigenes Bio-Gemüse anbauen“, sagt eine Hobbybäuerin. Sie verbringt jeden Tag eine gute Stunde hier. „Es hat etwas Kontemplatives – ein bisschen ein Yoga-Ersatz – und eine schöne neue Erfahrung.“
Schon zum dritten Mal bestellt Eva ein Feld am Roten Berg. „Es macht einfach Freude, in die Natur zu gehen, in der Erde zu buddeln, etwas einzusetzen, zu gießen und zu sehen, wie es wächst.“
Zu erleben, wie aus den kleinsten Dingen etwas wird, erfülle sie mit Ehrfurcht vor dem Leben. „Sich im wahrsten Wortsinn zu „erden“, bevor man in den Alltag geht, sich mit der Schöpfung zu verbinden, das tut mir wirklich gut.“
Auf dem Nachbarfeld rätseln drei junge Leute, was Nutzpflanze und was Unkraut ist. „Wir probieren aus, uns selbst etwas anzubauen“, sagt einer der Studenten, „jedenfalls macht es viel Spaß!“
Selbsterntefelder sind eine Möglichkeit, in der Großstadt Wien gärtnerisch aktiv zu werden.
Die traditionellen Schrebergärten sind eine weitere.
Wer vor seiner Haustüre etwas mit Pflanzen verschönern möchte, kann sich an der Aktion „Garteln ums Eck“beteiligen.
Beim „Guerilla Gardening“ eignen sich Gruppen öffentliche Flächen an und bepflanzen diese. Die Stadt Wien duldet das, sofern alles ordentlich gepflegt wird, meint Eva Hofer-Unger, Gartenbauingeneurin bei der MA 42, den Wiener Stadtgärten.
Besonders unterstützt werden von der Stadt sogenannte Nachbarschaftsgärten. Hier finden sich Gleichgesinnte in ihrem Grätzl zu einem Verein zusammen und schaffen gemeinsam einen Garten. „Der Großteil der Nachbarschaftsgärten befindet sich auf Flächen der MA 42“, erklärt Eva Hofer-Unger, „pro Bezirk fördern wir ein Pilotprojekt finanziell. Und jeder solche Gemeinschaftsgarten erhält von der MA 48 kostenlos Erde aus dem Wiener Kompostwerk.“
Die Stadt Wien weiß vor allem die soziale Komponente dieser Initiativen zu schätzen, betont die Gartenbauingeneurin: „Durch dieses positive Thema des gemeinsamen Gartelns und Erntens finden unterschiedliche soziale Schichten zusammen. Die schöne Tätigkeit verbindet.“
Das erlebt Nora, Mitglied des seit zwei Jahren bestehenden Gemeinschaftsgartens Donaukanal: „Es ist eine gute Mischung zwischen gemeinsam und doch selbständig.
Für mich trägt es wesentlich zur Lebensqualität bei, dass ich im öffentlichen Raum selbst etwas gestalten darf.“ Die Hochbeete aus bunt bemalten Paletten, mit Windrädern, Fahnen und kreativen Schildern erregen Aufsehen. „Viele Passanten bleiben stehen, man kommt leicht ins Gespräch, und das ist immer irrsinnig nett.“
Auch Heilsarmee und Diakonie haben am Donaukanal Beete, berichtet Christine: „So können wir in unsere Gartengemeinschaft auch Leute hereinholen, die sonst vielleicht nicht so schnell Kontakte knüpfen.“
Karl bestellt sein Hochbeet schon die zweite Saison. „Letztes Jahr ist sehr viel weggekommen, da war ich etwas enttäuscht.“ Heuer sieht er es gelassener: „Es ist sinnvoll, an dieses Projekt mit Experimentierfreude und Frustrationstoleranz heranzugehen.
An den Rückschlägen kann man wachsen – so wie die Blumen. Und insgesamt läuft es ganz gut.“
Die Stadt Wien fördert seit 2010 Nachbarschafts- und Gemeinschaftsgärten.
Info: Tel.: 01/4000-8042 oder -42040,
E-Mail: post@ma42.wien.gv.at
Gemeinschaftsgärten in Österreich findet man auf gartenpolylog.org
Gemeinschaftliches Gärtnern im Gemeindebau ermöglicht das Nachbarschaftsservice „Wohnpartner“.
Tel.: 01/24 503-25956,
E-Mail: office@wohnpartner-wien.at,
„Garteln ums Eck“ - Baumpatenschaften und Innenhof-Begrünen.
Gebietsbetreuung Stadterneuerung.
Tel.: s. GB-Teams in Bezirken,
E-Mail: info@gbstern.at,
Was Stadtgärtner wissen sollten, um Gemüse, Obst und Kräuter auf kleiner Fläche anzubauen.
Andrea Heistinger; Arche Noah
Gemüse, Obst und Kräuter auf kleiner Fläche ernten
2012, Verlag Eugen Ulmer
Fester Einband
250 Seiten
ISBN: 978-3-8001-7770-7
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