Josephine Lubyayi lebt in der Diözese Masaka, in der Nähe des Viktoriasees auf einem kleinen Bauernhof. Andrew Ogwal ist als Sozialarbeiter der Organisation YES (Youth Environment Service) in der Grenzstadt Busia im Osten Ugandas tätig.
Josephine Lubyayi lebt in der Diözese Masaka, in der Nähe des Viktoriasees auf einem kleinen Bauernhof. Andrew Ogwal ist als Sozialarbeiter der Organisation YES (Youth Environment Service) in der Grenzstadt Busia im Osten Ugandas tätig.
In Uganda beschäftigt der zunehmende Müll die Menschen. Abfall in den städtischen und ländlichen Regionen kann auch nützlich sein, wenn er sinnvoll verwertet wird. Josephine Lubyayi und Andrew Ogwal zeigen im SONNTAG-Interview kreative Lösungen für das Problem auf.
Vor welchen großen Umweltproblemen steht Ihr Heimatland?
Andrew Ogwal: Eine große ökologische Herausforderung ist die Abholzung der Wälder. Die Menschen fällen Bäume, um Holzkohle herstellen zu können, die neben Brennholz fürs Kochen verwendet wird. In den städtischen Zentren mit den hohen Bevölkerungszahlen ist der Umgang mit Abfall das große Problem. Dort kommen Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Gewohnheiten zusammen. Unsere Mitbürger zeigen oft ein unzulängliches Wissen in Bezug auf Müllbeseitigung auf. Es fehlt an genügender Infrastruktur für die Abfallwirtschaft und es gibt keine klaren gesetzlichen Regelungen für die Entsorgung. Große Sorgen bereiten uns die illegalen Abfalldeponien, die nicht nur schlechten Geruch verbreiten, sondern als Brutstätte für krankheitsübertragende Fliegen dienen. Die dort abgelagerten Abfälle gefährden auch die Wasserquellen.
Welchen Beitrag leisten Sie als Landwirtin, um Abfall sinnvoll zu nutzen?
Josephine Lubyayi: Wir besitzen eine kleine Biogasanlage. Für die Herstellung des Gases verwenden wir Kuhmist. Mit Biogas betreiben wir die Kochstelle und unsere Lampen. Der Vorteil: Wir benötigen kein Brennholz. Außerdem hat sich unsere gesundheitliche Situation verbessert. Wir müssen nicht mehr den schwarzen Rauch vom Holzfeuer einatmen. Und es erleichtert uns das Kochen: Das Feuer ist konstant und wir können jederzeit auf- und abdrehen. Das Material, das bei der Biogasproduktion übrigbleibt, können wir als Dünger verwenden.
Wird der ganze Kuhmist zu Biogas umgewandelt?
Josephine Lubyayi: Nein, der ist eindeutig zu viel. Der Rest wird gemeinsam mit dem Schweinemist und den Garten- und Küchenabfällen kompostiert. Der fertige Kompost kommt dann in unsere Gärten. Wir haben Kaffeegärten, eine Bananenplantage, und wir pflanzen Gemüse wie Tomaten und Kohl an. Natürlichen Dünger, den wir nicht selbst verbrauchen, verkaufen wir an andere Landwirte, die keine Tiere besitzen. Das bringt uns zusätzliches Einkommen. Aber mancher Küchenabfall kann anders verwendet werden. Bananenschalen werden an die Kühe und Schweine verfüttert.
Wie viele Kühe besitzen Sie?
Josephine Lubyayi: Drei erwachsene Kühe und ein Kalb. Wir bekommen zwischen 15 und 20 Liter pro Kuh. Von den 45 Litern Milch pro Tag benötigen wir selbst nur zwei Liter. Den Rest verkaufen wir an Nachbarn oder liefern wir an die Molkerei, einem Projekt der Caritas Maddo der Diözese Masaka.
Wie können Sie die Menschen motivieren, mit Abfall sorgsamer umzugehen?
Andrew Ogwal: Wir von der Organisation YES – Youth Environment Service – versuchen, Bewusstsein für die richtige Müllbeseitigung zu schaffen. Wir haben verschiedene Strukturen in den Dörfern. Jedes Dorf lässt eine Gruppe von Freiwilligen von den Gemeinschaftsmitgliedern wählen: Diese haben die Aufgabe, die Dorfgemeinschaft für die besten Praktiken der Abfallwirtschaft zu sensibilisieren. Ganz wichtig ist uns, dass die Verrichtung der Notdurft nicht unter freiem Himmel stattfindet, sondern die Menschen sanitäre Anlagen bauen und nutzen. Unser Slogan lautet: „Every poo deserves the loo.“ Überzeugungsarbeit für Hygienemaßnahmen zu leisten, ist nicht immer leicht. Einige der 50 Stämme in Uganda trauen der Nutzung von Latrinen nicht. Sie glauben beispielsweise, wenn eine schwangere Frau zur Grubenlatrine geht, dass das Baby automatisch dort hineinfällt.
Wir sehen es als unsere Aufgabe, alten und jungen Menschen zu vermitteln, dass jeder verantwortlich dafür ist, dass seine Stadt oder sein Dorf ein sauberer Ort wird und bleibt. Wir rufen die Menschen auf, Müll zu sortieren, Bioabfälle für den Kompost zu verwenden. In den städtischen Gebieten wird das Interesse an Urban Gardening zunehmend größer. Die Menschen säubern Flächen in der Stadt und verwandeln sie in Gemüsegärten. Sie sparen Geld, weil Gemüse in den Städten manchmal sehr teuer ist. Den Überschuss können sie verkaufen, denn viele Menschen lieben Gemüse.
Können aus Abfall neue Produkte entstehen?
Andrew Ogwal: Es gibt bereits einige Recycling-Projekte: Eine Gruppe von Frauen erhitzt Aluminiumreste wie etwa Ersatzteile von Fahrzeugen mit einer Temperatur von 600 Grad Celsius und gießt daraus neue Pfannen und Töpfe. Oder Frauen sammeln auf den Märkten von Busia organische Abfälle wie Maiskolben oder Kaffee- und Bohnenschalen. Diese verwenden sie, um Kohlebrikettes herzustellen. Jugendliche erlernen, wie sie aus alten Autoreifen Schuhe anfertigen können.
Josephine Lubyayi: Aus Bananen bereiten wir unser Nationalgericht Matoke oder machen Bier daraus. Die Bananenstauden werden nach der Ernte der Früchte zurückgeschnitten. Aus dem Stamm lassen sich Fasern gewinnen. Diese können beispielsweise zu Taschen oder Untersetzern weiterverarbeitet werden. Bananenfasern eignen sich auch für Seile und Schnüre.
Wie hat die alternative Landwirtschaft das Leben Ihrer Familie verändert?
Josephine Lubyayi: Wir haben genug gute Nahrungsmittel, wir müssen nicht hungern. Durch die Umstellung waren wir in der Lage, zusätzliches Einkommen zu generieren. Wir konnten unseren sechs Kindern, vier Söhnen und zwei Mädchen, eine gute Ausbildung bis zum Universitätsniveau bezahlen. Sie haben nun alle gute Berufe. Ein Sohn ist zurzeit Diakon und wird im August zum Priester geweiht. Es war uns möglich, unser Haus zu renovieren. Unser Bauernhof ist im Laufe der Zeit zum Lernzentrum geworden. Langjährige und zukünftige Landwirte wollen von unseren Projekten lernen und wir führen einen regen Erfahrungsaustausch.
Wie werden junge Fußballspieler zu Umweltschützern?
Andrew Ogwal: Fußball ist eine sehr beliebte Sportart in Uganda. Deshalb haben wir ein besonderes Programm entwickelt, um Jugendliche – Buben und Mädchen – für den Umweltschutz zu begeistern. Wir sprechen vor und nach den Fußballspielen, wie wir Probleme der Abfallentsorgung lösen können oder welche hygienischen Maßnahmen getroffen werden müssen. Im Fußballmatch haben wir eine besondere Regel: Jeder Treffer muss speziell gefeiert werden. Der Torschütze überlegt sich, welche Aktion er oder sie als Dank durchführen möchte. Manche wollen z.B. in der Gruppe Bäume pflanzen. Die jungen Menschen sind ganz stolz auf ihre Taten und verkünden es in den sozialen Medien. So sehen Familienmitglieder und Freunde, was sie für die Umwelt und die Gemeinschaft tun.