Die Kirche müsse dringend wieder mehr missionarisch sein, betonte Kardinal Christoph Schönborn im Mailänder Dom.
Die Kirche müsse dringend wieder mehr missionarisch sein, betonte Kardinal Christoph Schönborn im Mailänder Dom.
Kardinal sprach auf Einladung von Kardinal Scola vor italienischen Priestern und Laienmitarbeitern.
Die Kirche muss sich vom Gedanken einer Rückkehr zur Volkskirche verabschieden und stattdessen dringend wieder mehr missionarisch tätig sein: Das hat Kardinal Christoph Schönborn am Dienstag, 11. Dezember 2013, im Mailänder Dom vor über tausend italienischen Priestern und Laienmitarbeitern der Kirche dargelegt. Sein 45-minütiger Vortrag, den er auf Einladung von Kardinal Angelo Scola hielt, behandelte die Optionen der Kirche angesichts der großen Umbrüche im Glaubensleben besonders in städtischen Ballungsräumen.
Kirche müsse den Mut aufbringen, "jenen Liberalismus zu vermeiden, der alles akzeptiert und dabei das Profil christlichen Lebens verliert, aber auch die Strenge, die nur noch das Gesetz sieht", zitieren italienische Medien den Wiener Erzbischof. Die Kirche solle von der jüdischen Denkweise lernen, die es als Segen sehe, wenn es in einer Stadt zehn Juden gebe: "Genauso sind auch Katholiken ein Segen für die Stadt", so Schönborn mit Verweis auf die Situation in der Erzdiözese Wien, wo Katholiken in der Minderzahl seien.
Auch die "Wiener Diözesanreform", die zuletzt im Oktober 2013 die vierte Diözesanversammlung im Wiener Stephansdom abgehalten hatte, kam in Schönborns Vortrag zur Sprache: Das Treffen, bei dem sich 1.500 Delegierten aus der gesamten Erzdiözese in freier Rede darüber austauschten, wo jeder das Handeln Gottes in der eigenen Gemeinschaft sehe, sei eine "interessante Erfahrung", bei der zudem der Blick auf Gott statt auf die Probleme gerichtet werde.
Die wichtigste Form der Neuevangelisierung sei "Face to Face", betonte der Kardinal. Er ermutigte die Bischöfe, über ihre persönliche Erfahrung in der Evangelisierung zu sprechen, was jedoch auch das Eingestehen von Misserfolgen und Ängsten verlange. Alle Christen sehe er zudem aufgerufen, sich selbst sowohl sozial als auch politisch einzusetzen, zumal sich von der Taufe her der Auftrag zur "Heiligung der Welt" ableite. Als ein Beispiel für die Wahrnehmung dieser Aufgabe nannte der Wiener Erzbischof die jüngst beendete EU-Bürgerinitiative "One of us" zum verbesserten Lebensschutz auf EU-Ebene.
Auf die Rolle von Priestern und Laien in der Kirche ging Schönborn am Dienstag in einem Gastbeitrag der katholischen Tageszeitung "Avvenire" ein. Anders als in der Phase nach dem Zweiten Vaticanum, als das Priestertum teils radikal in Frage gestellt worden sei, beobachte er heute eher das Wiederaufleben eines gewissen Klerikalismus, "der mich betrübt und vor dem ich warne", so Schönborn.
Der Dienst des Priesters sei ein Mittel zum Zweck von Gottes Werk, nicht dessen Ziel, das der Kardinal als "unsere ewige Freude, unser Glück" beschrieb. Wie er hervorhob, seien alle Gläubigen zur Verkündigung des Glaubens durch Wort, Tat, Liturgie und Gebet aufgerufen.