Letztes Abendmahl aus dem Evangeliar Heinrich II. (ca. 1004).
Autor: DDr. Paul M. Zulehner,
Professor für Pastoraltheologie (Institut für Praktische Theologie) an der Uni Wien.
Letztes Abendmahl aus dem Evangeliar Heinrich II. (ca. 1004).
Autor: DDr. Paul M. Zulehner,
Professor für Pastoraltheologie (Institut für Praktische Theologie) an der Uni Wien.
Ist die Sonntagsmesse nicht viel mehr als ein religiös verschönter Konditoreibesuch? Warum durch die Feier der Eucharistie das Leben verwandelt werden kann.
Junge Menschen fragen manchmal, ob sie denn am Sonntag in die Messe gehen müssen. Ich frage dann dagegen: Bist Du denn bereit, Dich in ”Gottesgefahr“ zu begeben?
Besteht nicht die Gefahr, dass unserer sonntäglichen Eucharistiefeiern zu ”religiös verschönten Konditoreibesuchen“ verkommen. Der damalige Caritaspräsident Helmut Schüller hatte nach Besuchen in Wiener Pfarrgemeinden diese Frage öffentlich gestellt. Da ”droht keine Veränderung“. Vielmehr gibt es Züge einer Wellnessspiritualität, die von Kritikern oft den spirituellen Gruppen außerhalb der Kirche ohne nähere Kenntnis unterstellt wird. Was insgeheim gesucht wird, ist spirituelles Wohlbehagen. ”Go to church and you’ll feel better“ – ”Geh in die Kirche und du fühlst dich dann besser“, so werben in Amerika manche Kirchen.
Ist solches spirituell gefärbtes Wohlbehagen wirklich das Ziel unserer Gottesdienste? Ist das nicht letztlich eine Art opiate Übertünchung unseres bürgerlichen Alltags ohne weitere Veränderung? Ich übersehe nicht, dass das für viele Gottesdienste in unserem Land nicht zutrifft.
Aber warum dichtete Lothar Zenetti schon vor Jahrzehnten:
”Frag hundert Katholiken,
was das wichtigste ist in der
Kirche.
Sie werden antworten: Die
Messe.
Frag hundert Katholiken,
was das wichtigste ist in der
Messe.
Sie werden antworten: Die
Wandlung.
Sag hundert Katholiken, dass
das wichtigste in der Kirche
die Wandlung ist.
Sie werden empört sein:
Nein, alles soll bleiben wie es
ist.“
Die Mitte einer Eucharistiefeier ist die Herabrufung des Heiligen Geistes. ”Epiklese“ sagen die Theologinnen dazu. Zuvor werden die Gaben auf den Altar gelegt, Brot und Wein. Mutig wie wir sind, fügen wir bei, dass diese Gaben uns vertreten. Der herabgerufene Heilige Geist soll diese Gaben wandeln. Damit kein Zweifel aufkommt, wohin diese Wandlung führen soll, erzählen wir, was Jesus am Abend vor seinem Leiden tat. Das macht klar, dass die Gaben – nein wir selbst – hinein verwandelt werden sollen in den auferstandenen Leib Christi.
Die Gründungsurkunden meinen damit aber nicht das gewandelte Brot allein, sondern die versammelte Gemeinschaft, die Gott selbst zum Gottesdienst zusammen gerufen hat. Markenzeichen dieser gewandelten Gemeinde aber ist wie beim Leib Jesu das ”Hingegeben für das Leben der Welt“
Was also in jeder Eucharistiefeier gewandelt wird, ist eine sozial zerklüftete Gruppe hinein in eine verschworene Gemeinschaft: Es gibt dann nicht mehr Juden und Griechen, Sklaven und Freie, Männer und Frauen, sondern alle sind eins geworden in dem einen Christus (Gal 3,28) und sind mit diesem zusammen auch eine Art ”erweiterter Christus“. Ihr Markenzeichen ist die liebende Hingabe. Und genau das ist dann ”Kirche“ im strengen Sinn dieses biblischen Wortes. Die mittelalterliche Bildkunst stellte daher die Kirche dar mit den beiden Szenen Fußwaschung und Abendmahl.