1977 wurde Krätzl gemeinsam mit Florian Kuntner über Vorschlag von Kardinal König von Papst Paul VI. zum Weihbischof für Wien ernannt.
1977 wurde Krätzl gemeinsam mit Florian Kuntner über Vorschlag von Kardinal König von Papst Paul VI. zum Weihbischof für Wien ernannt.
Christkönigssonntag im Stephansdom war für Kardinal Schönborn u. a. Anlass für Dankesworte für den 91-jährigen Weihbischof und Konzilszeugen.
"Dankt dem Vater mit Freude!" - dieses biblische Wort aus der Liturgie des Christkönigssonntags hat Kardinal Christoph Schönborn beim Festgottesdienst im Stephansdom auf den Wiener Weihbischof und Konzilszeugen Helmut Krätzl bezogen und für dessen langjähriges Wirken gedankt. Der nunmehr 91-jährige Krätzl wurde vor exakt 45 Jahren, am 20. November 1977 von Kardinal Franz König zum Bischof geweiht - gemeinsam mit dem bereits 1994 verstorbenen Florian Kuntner. Schönborn attestierte dem Jubilar, als guter Hirte im Sinne von Papst Franziskus "den Geruch der Schafe" angenommen zu haben - also den Gläubigen stets nahe gewesen zu sein.
Dechant Josef Grünwidl, ein Mitglied von Krätzls "Priesterkreis", stieß in seiner Festpredigt ins selbe Horn: Helmut Krätzl stehe für einen Seelsorger, der den Menschen nachgeht, "nicht mit erhobenem Finger, sondern mit geöffneten Armen" wie Christus. Die 26.000 Jugendlichen, denen der Weihbischof im Lauf seiner Bischofszeit die Firmung spendete, hätten in Krätzl immer einen glaubwürdigen Vertreter der Kirche erlebt.
Grünwidl hob neben der Kirchenloyalität Krätzls auch dessen Reformfreudigkeit hervor: So habe dieser bereits "in einer Zeit, also noch viele vor diesem heißen Eisen zurückschreckten", mutig hinterfragt, dass wiederverheiratete Geschiedene vom Kommunionempfang bei Eucharistiefeiern ausgeschlossen sind. Und Krätzl habe nie "von der guten alten Kirchenzeit geschwärmt", sondern sich für ein "Aggiornamento" im Sinn des Zweiten Vatikanums eingesetzt - nicht als Anbiederung an den Zeitgeist, sondern als "Ankommen in der Zeit, in die uns Gott gestellt hat". Statt sich kirchlichen Reformen zu verweigern, gelte es "das Feuer des Evangeliums mutig ins Heute zu tragen", betonte der Dechant. Gemäß dem Wahlspruch von Weihbischof Krätzl rief Grünwidl dazu auf, sich "in der Kraft Gottes" den gegenwärtigen Krisen und Umbrüchen zu stellen.
Die Wiener Dommusik unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Landerer gestaltete den Gottesdienst mit jenem Ordinarium, das auch bei der Liturgie der Bischofsweihe vor 45 Jahren gewählt wurde - Mozarts missa brevis in D-Dur. Eine Stipendiatin des Institutes "Janineum" sang für ihren langjährigen Präsidenten Krätzl das "Ave Maria" von Bach/Gounod.
Helmut Krätzl wurde am 23. Oktober 1931 in Wien als Jüngster von vier Geschwistern geboren. Die Matura legte er 1949 am Wasa-Gymnasium ab und studierte an der Universität Wien Theologie. 1954 wurde er zum Priester geweiht. Nach zwei Jahren als Kaplan in Baden wurde Krätzl 1956 dem neuen Wiener Erzbischof Franz König als Zeremoniär zugeteilt. Danach war er mit Unterbrechungen in verschiedenen Funktionen immer an der Seite Königs. 1959 erwarb Krätzl in Wien sein erstes Doktorat in Theologie -1964 erfolgte das Zweite im Fach Kirchenrecht.
1960 war Krätzl gemeinsam mit Kardinal König in Kroatien auf der Fahrt zum Begräbnis von Kardinal Stepinac in einen schweren Autounfall verwickelt. Die Genesung dauerte rund ein Jahr. Danach wurde er von König zum Spezialstudium für Kirchenrecht nach Rom geschickt. In diese Zeit fiel der Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils. Krätzl war bei der ersten Session 1962 als Stenograf mit dabei.
Es folgten von 1964 bis 1969 Jahre als Pfarrer in Laa an der Thaya. An der Wiener Diözesansynode von 1969 bis 1971 war Krätzl zuerst als Pfarrer, später als Kanzleidirektor maßgeblich beteiligt. Unter anderem wurden auch dort die Grundsätze des Konzils über das Verhältnis zum Judentum in sehr deutlicher Weise für die Erzdiözese Wien angewandt.
1977 wurde Krätzl gemeinsam mit Florian Kuntner über Vorschlag von Kardinal König von Papst Paul VI. zum Weihbischof für Wien ernannt. Von 1981 bis 1985 war er zudem Generalvikar. Nach dem Rücktritt von Kardinal König aus Altersgründen im Jahr 1985 wurde er vom Wiener Domkapitel zum Diözesanadministrator gewählt. Diese Funktion erlosch 1986 mit der Weihe von Hans Hermann Groer zum neuen Wiener Erzbischof.
Krätzl blieb daraufhin weiter Weihbischof - zuerst unter Kardinal Groer, dann unter seinem Nachfolger Kardinal Christoph Schönborn. Zu seinem 75. Geburtstag reichte Krätzl 2006 dem Kirchenrecht entsprechend seinen Rücktritt ein. Erst zwei Jahre später, am 6. März 2008, nahm Papst Benedikt XVI. diesen an.
Auch danach blieb der nunmehr emeritierte Weihbischof u.a. als Seelsorger und Buchautor noch viele Jahre sehr aktiv. Inzwischen lebt er altersbedingt zurückgezogen in Wien, nimmt aber am Geschehen in Kirche und Welt nach wie vor regen Anteil.
In der Österreichischen Bischofskonferenz war Krätzl 20 Jahre für Schulfragen, zudem auch für das Referat für das Gespräch mit den Weltreligionen zuständig. Er war Leiter der Kontaktstelle für Weltreligionen und Mitarbeiter im Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die ihm u.a. ein besonderes Anliegen war.
Weiters war er in der Bischofskonferenz zuständig für das Österreichische Katholische Bibelwerk, für die Ökumene (gemeinsam mit Kardinal Schönborn), das Seminar für kirchliche Berufe, den Theologischen Fernkurs und das Institut Janineum.
In der Erzdiözese Wien wurde Krätzl 1986 zum Domkapitular von St. Stephan ernannt, er war zudem von 1987 bis 2004 Bischofsvikar für Katholische Erwachsenenbildung und von 2004 bis zu seiner Emeritierung 2008 Bischofsvikar für die ökumenischen Belange in der Erzdiözese Wien.
Krätzl veröffentlichte insgesamt rund 15 Bücher, von denen etwa der 1998 erschienenen Band "Im Sprung gehemmt. Was mir nach dem Konzil noch alles fehlt" besondere öffentliche Beachtung fand. Sein letztes Buch "Meine Kirche im Licht der Päpste" veröffentlichte er 2016.
Dem Wiener Weihbischof wurden im Laufe der Zeit zahlreiche Auszeichnungen zuteil; so etwa das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (1991), das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (1996) und das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich (2006).