Iwona Dullinger mit ihrem ersten Hospizpatienten (†) im Gespräch.
Iwona Dullinger mit ihrem ersten Hospizpatienten (†) im Gespräch.
„Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Ich möchte bloß nicht dabei sein, wenn es passiert‘‘, das hat schon Woody Allen über den Tod gesagt. Meist wird die Auseinandersetzung mit dem Tod gemieden, ein quasi Tabuthema in der Gesellschaft.
Doch nicht für Iwona Dullinger. Sie engagiert sich seit 2014 ehrenamtlich beim interkulturellen Team des Mobilen Caritas Hospizes. Schwer- oder unheilbar Kranke werden auf ihrem letzten Weg begleitet und das Zuhause. Ein Bericht im "SONNTAG".
Ich glaube, der Tod vereinigt all unsere Ängste. Es ist die Angst vor dem Verlust und vor der eigenen Vergänglichkeit“, schildert die 29-jährige Hospizbegleiterin.
Dahinter stecke die Angst entmenschlicht zu werden, oder nicht zu wissen, in welcher Form man weiter existiert.
Sterbebegleitung stelle man sich wahrscheinlich poetischer vor als es ist. Natürlich stehen Fragen wie „Wer bin ich und wohin gehe ich?“ immer wieder im Vordergrund.
„Doch meist reicht es, einfach nur da zu sein“, erklärt Iwona Dullinger.
Sterbende bräuchten zudem ein stabiles Gegenüber und so müsse man mit sich selbst im Einklang sein. Dies bedeute auch, die eigenen Gefühle zuzulassen. „Denn gerade in der Hospizarbeit ist auch das Weinen mit dem Patienten erlaubt“, vertraut uns die ehrenamtliche Sterbebegleiterin an.
So ist das Authentisch-Sein ein wichtiger Aspekt in ihrer Arbeit. Denn ein Sprichwort lautet: „Sterbenden kann man nichts vormachen.“
Iwona Dullinger sieht sich in ihrer Begleitung weniger als Gesprächspartnerin, sondern als einfache Zuhörerin. „Man müsse ihnen den Raum geben, sich auszudrücken“, erklärt Iwona Dullinger mit ernster Stimme. „Oder einfach einmal gemeinsam schweigen.“
Nun stellt sich die Frage, ob man das Sterben eigentlich lernen kann? In der Psychologie wird dieses Thema ausreichend behandelt.
Man spricht von mehreren Phasen, die der Mensch durchlebt:
Doch schematisieren lässt sich für Iwona Dullinger der Prozess der Trauer nicht.
Nicht jeder Mensch erlebe das Abschiednehmen in gleicher Weise und schon gar nicht nach einem Zeitplan.
Die junge Hospizbegleiterin gilt als Bereicherung für ihr Mobiles Hospiz-Team. „Ein Geben und Nehmen“, lacht Iwona Dullinger.
Denn schließlich hat sie durch ihre Arbeit gelernt, intensiver zu leben und die wesentlichen Dinge im Leben zu erkennen. „Die Wertschätzung gegenüber meiner Familie ist stärker geworden“, sagt die 29-Jährige.
Doch gleichzeitig habe sie sich von anderen Menschen distanziert. „Eine Klarheit steht dahinter:
Durch die Erzählungen der Sterbebegleiterin Iwona Dullinger haben der Tod und das Sterben irgendwie ihren Schrecken verloren.
Trotzdem bleibt dieser ungeheuerlich, aber durch die Hospizarbeit wird man auf den Tod vorbereitet und vieles scheint einfacher zu gehen. Iwona Dullinger bemerkt abschließend, dass sie derzeit noch immer viel Dankbarkeit verspürt.
Doch dies sei nur eine Seite der Medaille: „Wenn es jetzt die Dankbarkeit ist, ist es toll. Aber ich glaube, die Trauer ist die Kehrseite. Doch ohne Trauer keine Dankbarkeit oder umgekehrt.“
In der Zwischenzeit ist Iwona Dullingers erster Hospizpatient verstorben. Wie es nun mit der Dankbarkeit und Trauer aussieht, hören Sie in der kommenden „Passionswege“-Sendung auf radio klassik Stephansdom.
Erlaaer Platz 4
1230 Wien
Das Gespräch von Georg Gatnar mit Iwona Dullinger können Sie am Samstag,
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien