Kleinschürfer holen unter Einsatz von einfachen Techniken und Chemikalien restliche Zinn-Erz aus dem Fluss "San Juan de Sora Sora", das die staatliche Zinnmine in Huanuni stammt.
Kleinschürfer holen unter Einsatz von einfachen Techniken und Chemikalien restliche Zinn-Erz aus dem Fluss "San Juan de Sora Sora", das die staatliche Zinnmine in Huanuni stammt.
"Fairstes Smartphone ist jenes, das man schon besitzt".
Der Bedarf an Handys, Laptops, Tablets und Co steigt, die mit der Produktion verbundenen Ausbeutungen von Mensch und Umwelt werden jedoch versteckt: Mit dieser Kritik haben sich am Freitag, 30. Juni 2017 heimische Nichtregierungsorganisationen zu Wort gemeldet. Menschenrechte würden verletzt und ökologischer Raubbau betrieben, erklärte die "AG Rohstoffe". Deren Mitglieder - u.a. Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, Südwind-Agentur und Global 2000 - fordern ein rasches Umdenken sowohl in der Branche als auch bei den Konsumenten.
"Wer die dunkle Seite seines Smartphones kennen lernen will, muss zu den Minen nach Bolivien und Kolumbien, in den Kongo oder zu den IT-Sweatshops nach China reisen", hieß es in der gemeinsamen Aussendung zur Schwerpunktwoche "Rohstoffe der digitalen Zukunft". Welche sozialen und ökologischen Auswirkungen es gibt, berichteten Gäste aus den Herstellerländern. "Bei uns ist das Trinkwasser massiv mit Schwermetallen belastet. Die hohe Zahl von Missbildungen bei neugeborenen Lamas und Kälbern spricht für sich", sagte etwa Jaime Caichoca aus dem bolivianischen Bezirk Oruro.
Wesentlicher Grund für die Umweltbelastung ist, dass sich kaum eines der über 300 Bergbauunternehmen Boliviens an die Umweltbestimmungen hält, wie Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion (DKA) darlegte. "Den Gewinn mit den Rohstoffen machen internationale Konzerne, die Menschen der Abbauländern können mit ihren niedrigen Löhnen und bei dem geringen Anteil, der über Abgaben und Steuern im Land bleibt, der Armut nicht entfliehen. Was bleibt sind nachhaltig vergiftete Landstriche." Die DKA unterstützt Projekte in bolivianischen Bergbauregionen finanziell.
Auf bedenkliche Vorgangsweisen in chinesischen IT-Firmen verwies Sophia So von der chinesischen Arbeitsrechtsorganisation SACOM. Chinesische Schüler würden dazu verpflichtet, in den Ferien als Praktikanten in umliegenden Smartphone-Fabriken zu arbeiten - "ohne Schulung, mit überlangen Arbeitszeiten, als Bediener von teils gefährlichen Maschinen und für gerade einmal die Hälfte des monatlichen Mindestlohns", so die Gewerkschafterin. Südwind-Experte Konrad Rehling sprach von einer klaren "Ausbeutung von Schülern". IT-Konzerne sollten Verantwortung übernehmen und ihre Produktion ohne die Verletzung von Menschenrechten gewährleisten.
Zwar verpflichtet die UNO die Unternehmen dazu, Menschenrechtsverletzungen in ihrer Lieferkette auszuschließen, doch sind diese Leitsätze nicht rechtlich bindend. Viele der typischen Verletzungen können praktisch nicht verfolgt werden. "Unternehmen verstecken sich hinter ihren komplexen Strukturen, und die Opfer gehen leer aus", kritisierte Marieta Kaufmann vom "Netzwerk Soziale Verantwortung". Nötig sei menschenrechtliche Sorgfaltsprüfungspflicht: Unternehmen sollten die Folgen ihrer Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen kennen, das Risiko von Negativfolgen minimieren und für verursachte Schädigungen an Mensch und Umwelt aufkommen.
Auch das Nutzerverhalten wurde bei der Rohstoff-Schwerpunktwoche thematisiert: Österreicher nutzen ihre Handys laut einer Arbeiterkammer-Studie im Schnitt alle 2,7 Jahre, kürzer als ihre Jeans (3 Jahre). Die Folgen sind 550.000 Tonnen IT-Schrott in der EU pro Jahr, von denen nur der achte Teil - rund 70.000 Tonnen - recycelt wird. Längere Nutzung der Geräte und die flächendeckende Wiederverwertung der Ressourcen in Smartphones und Co. müssten vorangetrieben werden, forderte Lisa Kernegger von der Umweltschutzorganisation Global 2000.
Fair gehandelte Smartphones gibt es bis dato nicht, "wohl aber Unternehmen wie Shiftphone, Nager-IT oder Fairphone, die sich um eine nachhaltige Produktion, Verwendung und Entsorgung ihrer Produkte bemühen", erklärte Konrad Rehling von Südwind. Das niederländische Fairphone etwa setzt auf robustes Design, Haltbarkeit und einfache Reparaturmöglichkeiten und verspricht gute Arbeitsbedingungen sowie die Verarbeitung von konfliktfreien Mineralien und Fairtrade-Gold. Fabian Hühne von Fairphone gab jedoch zu bedenken: "Das fairste Smartphone ist jenes, das man schon besitzt."