"Ich habe mich immer gewundert, warum es Menschen gibt, die den Teufel leugnen. Gerade nach dem 20. Jahrhundert ist das erstaunlich. [...] Also gibt es ihn doch, den Teufel? Wer ist er? Was macht er? Wie wirkt er?", fragt Kardinal Schönborn.
"Ich habe mich immer gewundert, warum es Menschen gibt, die den Teufel leugnen. Gerade nach dem 20. Jahrhundert ist das erstaunlich. [...] Also gibt es ihn doch, den Teufel? Wer ist er? Was macht er? Wie wirkt er?", fragt Kardinal Schönborn.
Gedanken zum Evangelium von Kardinal Christoph Schönborn, am 1. Februar 2015. (Markus 1,21-28)
Dieser Spruch ist wohlbekannt. Wir sagen ihn so leichthin. Was aber meinen wir wirklich, wenn wir sagen: Der Teufel schläft nicht? Eines ist sicher: Dahinter steht viel Erfahrung und nicht nur ein lockerer Spruch. Es gibt die bittere Erfahrung des Bösen. Es kann unvermittelt in unser Leben einbrechen. Ganz wörtlich: Wie viele Menschen müssen schmerzlich erleben, wie bei ihnen eingebrochen wird? Wie oft gibt es Situationen, in denen Menschen Böses widerfährt, Gemeinheiten, Verleumdung, Übervorteilung, Benachteiligung, Ungerechtigkeit, Verletzungen an Seele und Leib. Wer entkommt jemals völlig den Angriffen des Bösen?
Ich habe mich immer gewundert, warum es Menschen gibt, die den Teufel leugnen. Gerade nach dem 20. Jahrhundert ist das erstaunlich. Denn es gab wohl in der Menschheitsgeschichte kein Jahrhundert, in dem so viel Schreckliches geschah, so massives Böses wie im vergangenen Jahrhundert. Nein, da hat er Teufel wirklich nicht geschlafen…
Also gibt es ihn doch, den Teufel? Wer ist er? Was macht er? Wie wirkt er? Wer sich auf die Evangelien einlässt, wird dieser Wirklichkeit auf Schritt und Tritt begegnen. Im heutigen Evangelium ist es offensichtlich. Wo Jesus auftritt, rührt sich auch er Teufel. Oft wurde die Frage gestellt, warum Jesus so viel mit Dämonen zu tun hatte. Sind das nicht Vorstellungen einer früheren Zeit? Haben Medizin, Psychiatrie, moderne Wissenschaft nicht längst gezeigt, dass es hier um seelische Krankheiten geht, die man damals aus Unwissenheit dem Teufel zugeschrieben hat?
Ein bekannter englischer Schriftsteller, Gilbert Keith Chesterton (1874 bis 1936) hat gesagt, es sei heute die List des Teufels, dass er uns glauben macht, es gebe ihn gar nicht. Jesus macht eines von Anfang an klar: Dass er uns von dem Bösen befreien will. In dem Gebet, das er uns gelehrt hat, im „Vater unser“, lautet die letzte, die siebente Bitte: „… befreie uns von dem Bösen“. Damit ist nicht nur das Böse gemeint, das wir erleiden oder leider auch selber anderen zufügen. Jesus lehrt uns auch, Gott zu bitten, dass er den Bösen von uns fernhalte, dass der Böse uns nicht schaden möge.
Ich kann aus eigener Erfahrung, aus inzwischen doch langen Jahren der Seelsorge sagen: Der Teufel schläft nicht! Es gibt das Böse und es gibt den Bösen. Vor allem aber: Es gibt den, der uns vor dem Bösen schützt und von dem Bösen befreit. Was damals, ganz am Anfang des öffentlichen Wirkens Jesu geschah, ist heute noch aktuell. Auch heute brauchen wir die Hilfe gegen so manche Not des Bösen. Jesus hat damals Menschen durch sein Wort, seine Kraft und seine Liebe aus Fesseln des Bösen befreit. Wie viele Fesseln gibt es heute, die Menschen binden und gefangen halten: Sucht und Gier, Streit und Unfrieden, Stolz und Eifersucht. Jesus kann daraus befreien. Und er tut es, auch heute. Dazu ist er gekommen.
In Kafarnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. In ihrer Synagoge saß ein Mann, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Da erschraken alle, und einer fragte den andern: Was hat das zu bedeuten? Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet. Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.
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